Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_721.001 p2c_721.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0245" n="721"/><lb n="p2c_721.001"/> höheres Lehrgedicht werden, da die Poesie, und wenn man <lb n="p2c_721.002"/> sie auch als eine Verirrung des Geistes ansähe, doch auf die <lb n="p2c_721.003"/> Bestimmung des ganzen Daseyns eine unmittelbare Beziehung <lb n="p2c_721.004"/> hat. Schillers Künstler geben in dieser Art das <lb n="p2c_721.005"/> beste Muster. ─ Uebrigens sind <hi rendition="#g">artistische</hi> Gegenstände, <lb n="p2c_721.006"/> sogar die Kriegskunst (Friedrich des Zweyten <hi rendition="#aq">l'art de <lb n="p2c_721.007"/> la guerre</hi>) Gegenstände der schönen Kunst, oder psychologische <lb n="p2c_721.008"/> Untersuchungen über die damit verwandten Seelenkräfte <lb n="p2c_721.009"/> (<hi rendition="#aq">Akenside's Pleasures of imagination</hi>) der beste <lb n="p2c_721.010"/> Stoff zu einem didaktischen Gedicht zweyter Ordnung. <lb n="p2c_721.011"/> Hierauf folgen Gegenstände der <hi rendition="#g">Natur,</hi> die an sich ästhetisch <lb n="p2c_721.012"/> sind. Daher haben so viele Lehrdichter die Sternkunde, <lb n="p2c_721.013"/> die Botanik (<hi rendition="#aq">Savastani, Botanicorum, de la Croix <lb n="p2c_721.014"/> connubia florum</hi>, welche letztere Jdee poetischer, und <lb n="p2c_721.015"/> von mehrern Dichtern gebraucht ist, z. B. <hi rendition="#aq">Darwin the <lb n="p2c_721.016"/> loves of the plants, the oeconomy of Vegetation</hi>) die <lb n="p2c_721.017"/> Chemie u. s. w. poetisch dargestellt. ─ Allein hier ist auch <lb n="p2c_721.018"/> vielleicht die Gränze. Denn die mechanischen Wissenschaften <lb n="p2c_721.019"/> sind zu trocken. Man hat z. B. über den Schwerpunkt <lb n="p2c_721.020"/> ein Gedicht <hi rendition="#aq">Philocentria</hi>. Der Gegenstand kann mit poetischen <lb n="p2c_721.021"/> Jdeen von Anziehung und Liebe in Zusammenhang <lb n="p2c_721.022"/> gebracht werden. Aber ein langes didaktisches Gedicht wird <lb n="p2c_721.023"/> er nicht füllen, ohne Langeweile zu machen. Am wenigsten <lb n="p2c_721.024"/> scheint die eigentliche Medizin Stoff zum Lehrgedicht zu geben, <lb n="p2c_721.025"/> weil die Jdee der Krankheit für die Einbildungskraft <lb n="p2c_721.026"/> etwas niederdrückendes Widerliches hat. Gleichwohl hat <lb n="p2c_721.027"/> man über die Anatomie, über Krankheit, Digestion, Chilisication <lb n="p2c_721.028"/> u. s. w. Gedichte. Die Anatomie des Auges, des </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [721/0245]
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höheres Lehrgedicht werden, da die Poesie, und wenn man p2c_721.002
sie auch als eine Verirrung des Geistes ansähe, doch auf die p2c_721.003
Bestimmung des ganzen Daseyns eine unmittelbare Beziehung p2c_721.004
hat. Schillers Künstler geben in dieser Art das p2c_721.005
beste Muster. ─ Uebrigens sind artistische Gegenstände, p2c_721.006
sogar die Kriegskunst (Friedrich des Zweyten l'art de p2c_721.007
la guerre) Gegenstände der schönen Kunst, oder psychologische p2c_721.008
Untersuchungen über die damit verwandten Seelenkräfte p2c_721.009
(Akenside's Pleasures of imagination) der beste p2c_721.010
Stoff zu einem didaktischen Gedicht zweyter Ordnung. p2c_721.011
Hierauf folgen Gegenstände der Natur, die an sich ästhetisch p2c_721.012
sind. Daher haben so viele Lehrdichter die Sternkunde, p2c_721.013
die Botanik (Savastani, Botanicorum, de la Croix p2c_721.014
connubia florum, welche letztere Jdee poetischer, und p2c_721.015
von mehrern Dichtern gebraucht ist, z. B. Darwin the p2c_721.016
loves of the plants, the oeconomy of Vegetation) die p2c_721.017
Chemie u. s. w. poetisch dargestellt. ─ Allein hier ist auch p2c_721.018
vielleicht die Gränze. Denn die mechanischen Wissenschaften p2c_721.019
sind zu trocken. Man hat z. B. über den Schwerpunkt p2c_721.020
ein Gedicht Philocentria. Der Gegenstand kann mit poetischen p2c_721.021
Jdeen von Anziehung und Liebe in Zusammenhang p2c_721.022
gebracht werden. Aber ein langes didaktisches Gedicht wird p2c_721.023
er nicht füllen, ohne Langeweile zu machen. Am wenigsten p2c_721.024
scheint die eigentliche Medizin Stoff zum Lehrgedicht zu geben, p2c_721.025
weil die Jdee der Krankheit für die Einbildungskraft p2c_721.026
etwas niederdrückendes Widerliches hat. Gleichwohl hat p2c_721.027
man über die Anatomie, über Krankheit, Digestion, Chilisication p2c_721.028
u. s. w. Gedichte. Die Anatomie des Auges, des
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