Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_694.001 p2c_694.006 p2c_694.007 p2c_694.013 p2c_694.001 p2c_694.006 p2c_694.007 p2c_694.013 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0218" n="694"/><lb n="p2c_694.001"/> größere Jdylle dieser Art lieber zu den <hi rendition="#g">schönen</hi> Erzählungen, <lb n="p2c_694.002"/> als zu den Heldengedichten rechnen. ─ Virgils <lb n="p2c_694.003"/> <hi rendition="#aq">Georgica</hi> haben den Endzweck zu <hi rendition="#g">lehren.</hi> Es ist also <lb n="p2c_694.004"/> hier ursprünglich ein <hi rendition="#g">didaktisches</hi> Gedicht, jedoch in <lb n="p2c_694.005"/> <hi rendition="#g">idyllischer Form</hi> ─ keine <hi rendition="#g">Jdylle</hi> im Engern Sinn.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_694.006"/> §. 4.</hi> </p> <p><lb n="p2c_694.007"/> Die <hi rendition="#g">Satyre</hi> im Engern Sinn ist ein Gedicht <lb n="p2c_694.008"/> der <hi rendition="#g">niedern beschreibenden</hi> Poesie (eine Untergattung <lb n="p2c_694.009"/> des moralisch beschreibenden Gedichts) in welchem <lb n="p2c_694.010"/> die Sitten des Menschen im Zustande der cultivirten <lb n="p2c_694.011"/> Verderbniß von ihrer <hi rendition="#g">lächerlichen</hi> Seite für <lb n="p2c_694.012"/> die Phantasie anschaulich dargestellt werden.</p> <p><lb n="p2c_694.013"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 1. Da man bisher keine <hi rendition="#g">Theorie</hi> hatte, <lb n="p2c_694.014"/> so konnte man auch die Beziehungen der einzelnen Dichtungsarten <lb n="p2c_694.015"/> auf einander nicht gehörig bemerken. Man trug <lb n="p2c_694.016"/> die Theorie der Satyre und der Jdylle einzeln vor, und bedachte <lb n="p2c_694.017"/> nicht, daß beyde eigentlich zu derselben Gattung, dem <lb n="p2c_694.018"/> moralischen beschreibenden Gedicht, gehörten. Gleichwohl <lb n="p2c_694.019"/> wird dadurch die Uebersicht erleichtert. Die Analogie, die <lb n="p2c_694.020"/> zwischen der <hi rendition="#g">Jdylle</hi> im Engern Sinn und der <hi rendition="#g">Satyre</hi> <lb n="p2c_694.021"/> herrscht, ist ganz klar. Der <hi rendition="#g">objektive</hi> Jnhalt der <lb n="p2c_694.022"/> <hi rendition="#g">Satyre</hi> ist also die <hi rendition="#g">Sitte</hi> des Menschen im Zustande der <lb n="p2c_694.023"/> Verfeinerung, welche in der Gesellschaft bis zur lächerlichen <lb n="p2c_694.024"/> Karrikatur steigt, und in der äußern Gestalt viele contrastirende <lb n="p2c_694.025"/> Züge hat, weil die Cultur den Jnstinct umsonst <lb n="p2c_694.026"/> bemänteln will. Bey den Griechen war die </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [694/0218]
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größere Jdylle dieser Art lieber zu den schönen Erzählungen, p2c_694.002
als zu den Heldengedichten rechnen. ─ Virgils p2c_694.003
Georgica haben den Endzweck zu lehren. Es ist also p2c_694.004
hier ursprünglich ein didaktisches Gedicht, jedoch in p2c_694.005
idyllischer Form ─ keine Jdylle im Engern Sinn.
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§. 4.
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Die Satyre im Engern Sinn ist ein Gedicht p2c_694.008
der niedern beschreibenden Poesie (eine Untergattung p2c_694.009
des moralisch beschreibenden Gedichts) in welchem p2c_694.010
die Sitten des Menschen im Zustande der cultivirten p2c_694.011
Verderbniß von ihrer lächerlichen Seite für p2c_694.012
die Phantasie anschaulich dargestellt werden.
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Anmerk. 1. Da man bisher keine Theorie hatte, p2c_694.014
so konnte man auch die Beziehungen der einzelnen Dichtungsarten p2c_694.015
auf einander nicht gehörig bemerken. Man trug p2c_694.016
die Theorie der Satyre und der Jdylle einzeln vor, und bedachte p2c_694.017
nicht, daß beyde eigentlich zu derselben Gattung, dem p2c_694.018
moralischen beschreibenden Gedicht, gehörten. Gleichwohl p2c_694.019
wird dadurch die Uebersicht erleichtert. Die Analogie, die p2c_694.020
zwischen der Jdylle im Engern Sinn und der Satyre p2c_694.021
herrscht, ist ganz klar. Der objektive Jnhalt der p2c_694.022
Satyre ist also die Sitte des Menschen im Zustande der p2c_694.023
Verfeinerung, welche in der Gesellschaft bis zur lächerlichen p2c_694.024
Karrikatur steigt, und in der äußern Gestalt viele contrastirende p2c_694.025
Züge hat, weil die Cultur den Jnstinct umsonst p2c_694.026
bemänteln will. Bey den Griechen war die
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