Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_688.001 p2c_688.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0212" n="688"/><lb n="p2c_688.001"/> Ueberdem giebt es <hi rendition="#g">Fischeridyllen,</hi> schon beym Theokrit <lb n="p2c_688.002"/> (Jdyll. 21.) auch Deutsche von Brouner, Schnittergesänge <lb n="p2c_688.003"/> (<foreign xml:lang="grc">λυτιερσης</foreign>) auch von Voß und Hölty ─ Winzerlieder u. <lb n="p2c_688.004"/> s. w. Vossens Louise hat zum Gegenstand die Familie eines <lb n="p2c_688.005"/> Landgeistlichen. Die Benennung der Alten war noch eingeschränkter. <lb n="p2c_688.006"/> Sie nannten die <hi rendition="#g">Jdylle</hi> <hi rendition="#aq">carmen bucolicum <lb n="p2c_688.007"/> <foreign xml:lang="grc">απο των βουκολων</foreign></hi>, weil diese Gattung von Hirten <lb n="p2c_688.008"/> die wichtigste und angesehenste war. Der Jdyllenton ist gewiß <lb n="p2c_688.009"/> auch der älteste in der Poesie, weil die Poesie mit Nachahmung <lb n="p2c_688.010"/> begann, und die ländlichen Sitten der erste Gegenstand <lb n="p2c_688.011"/> der Nachahmung waren. Ohne Zweifel waren also <lb n="p2c_688.012"/> die Hirten in Arkadien und Sizilien die Erfinder, da sie am <lb n="p2c_688.013"/> meisten Muße hatten. Die Fabel hat uns sogar Nahmen <lb n="p2c_688.014"/> solcher alten bukolischen Dichter als Helden des bukolischen <lb n="p2c_688.015"/> Gesangs aufbehalten. <hi rendition="#g">Daphnis</hi> (siehe Virgils 5 Eccloge) <lb n="p2c_688.016"/> ist für die Jdyllendichter, was <hi rendition="#g">Orpheus</hi> für die <lb n="p2c_688.017"/> Odendichter war. Dieser Daphnis, einer von denen welche <lb n="p2c_688.018"/> sich <foreign xml:lang="grc">βωκολιαϛαι</foreign> nannten, soll ein Sohn des Merkurs und <lb n="p2c_688.019"/> einer Nymphe gewesen seyn. Sein Tod wurde in den bukolischen <lb n="p2c_688.020"/> Gesängen besonders gefeyert. Hierher gehört auch <lb n="p2c_688.021"/> Silen, der Cyclop und andre fabelhafte Personen. Das <lb n="p2c_688.022"/> <hi rendition="#g">musikalische</hi> Jnstrument, womit diese Art Lieder begleitet <lb n="p2c_688.023"/> wurden, war die <foreign xml:lang="grc">σιριγξ</foreign> oder <hi rendition="#aq">fistula</hi>, der Erfinder <lb n="p2c_688.024"/> Pan. Es waren diese Gesänge zum Theil <foreign xml:lang="grc">πορευτικα</foreign>, welche <lb n="p2c_688.025"/> die Hirten beym Fortziehen der Heerden sangen, z. B. <lb n="p2c_688.026"/> die <foreign xml:lang="grc">ὁδοιποροι</foreign> (<hi rendition="#aq">Theocr. I</hi>. 5.). Späterhin mögen die Hirtengedichte <lb n="p2c_688.027"/> bey den Festen der ländlichen Gottheiten gesungen <lb n="p2c_688.028"/> worden seyn. ─ Stesichorus, Theokrit und andere gaben dem </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [688/0212]
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Ueberdem giebt es Fischeridyllen, schon beym Theokrit p2c_688.002
(Jdyll. 21.) auch Deutsche von Brouner, Schnittergesänge p2c_688.003
(λυτιερσης) auch von Voß und Hölty ─ Winzerlieder u. p2c_688.004
s. w. Vossens Louise hat zum Gegenstand die Familie eines p2c_688.005
Landgeistlichen. Die Benennung der Alten war noch eingeschränkter. p2c_688.006
Sie nannten die Jdylle carmen bucolicum p2c_688.007
απο των βουκολων, weil diese Gattung von Hirten p2c_688.008
die wichtigste und angesehenste war. Der Jdyllenton ist gewiß p2c_688.009
auch der älteste in der Poesie, weil die Poesie mit Nachahmung p2c_688.010
begann, und die ländlichen Sitten der erste Gegenstand p2c_688.011
der Nachahmung waren. Ohne Zweifel waren also p2c_688.012
die Hirten in Arkadien und Sizilien die Erfinder, da sie am p2c_688.013
meisten Muße hatten. Die Fabel hat uns sogar Nahmen p2c_688.014
solcher alten bukolischen Dichter als Helden des bukolischen p2c_688.015
Gesangs aufbehalten. Daphnis (siehe Virgils 5 Eccloge) p2c_688.016
ist für die Jdyllendichter, was Orpheus für die p2c_688.017
Odendichter war. Dieser Daphnis, einer von denen welche p2c_688.018
sich βωκολιαϛαι nannten, soll ein Sohn des Merkurs und p2c_688.019
einer Nymphe gewesen seyn. Sein Tod wurde in den bukolischen p2c_688.020
Gesängen besonders gefeyert. Hierher gehört auch p2c_688.021
Silen, der Cyclop und andre fabelhafte Personen. Das p2c_688.022
musikalische Jnstrument, womit diese Art Lieder begleitet p2c_688.023
wurden, war die σιριγξ oder fistula, der Erfinder p2c_688.024
Pan. Es waren diese Gesänge zum Theil πορευτικα, welche p2c_688.025
die Hirten beym Fortziehen der Heerden sangen, z. B. p2c_688.026
die ὁδοιποροι (Theocr. I. 5.). Späterhin mögen die Hirtengedichte p2c_688.027
bey den Festen der ländlichen Gottheiten gesungen p2c_688.028
worden seyn. ─ Stesichorus, Theokrit und andere gaben dem
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