p2c_652.001 Jn dem travestirten Gedicht wird der Stoff eines ernsthaften p2c_652.002 Werks auf eine lächerliche Art erzählt.
p2c_652.003 §. 2.
p2c_652.004 B) Die poetische Erzählung im engern Sinn. p2c_652.005 Hierunter rechnen wir jede andre Erzählung einer Handlung, p2c_652.006 welche die Empfindung des niedern Schönen erweckt.
p2c_652.007 Anmerk. Wie das komische Heldengedicht der Epopöe, p2c_652.008 so steht die poetische Erzählung im System dem Romantischenp2c_652.009 Rittergedicht beym höhern Schönen entgegen. p2c_652.010 Es giebt besonders zwey Gattungen, 1) die versifizirte komischep2c_652.011 Erzählung, in welcher Wieland Meister ist, und p2c_652.012 bey welcher auch oft die Modification des Satyrischen statt p2c_652.013 findet, 2) der eigentliche poetische Roman. Der Roman p2c_652.014 steht an den Gränzen zwischen den Werken der Poesie und p2c_652.015 der Beredsamkeit. Es giebt eine Gattung Romane, welche p2c_652.016 mehr den Zweck haben, zu belehren, und Charaktere jeder p2c_652.017 Art lebendig darzustellen, psychologische Biographieen, z. B. p2c_652.018 Sophiens Reisen, und wiederum andere, deren Haupttendenz p2c_652.019 ist, als Kunstwerk der freyen Phantasie zu gefallen. p2c_652.020 Der objektive Jnhalt dieser poetischen Erzählung ist gemeiniglich p2c_652.021 die Entwicklung eines poetischen Charakters, oder p2c_652.022 die Darstellung einer natürlichen Leidenschaft, und ihr Kampf p2c_652.023 mit den Verhältnissen der geselligen Welt, z. B. Werthers p2c_652.024 Leiden. Der ästhetische Jnhalt des Romans ist p2c_652.025 also vorzüglich das romantische, das sich dem rührend p2c_652.026 Schönen nähert, im pathologischen Sinne des Worts, das
p2c_652.001 Jn dem travestirten Gedicht wird der Stoff eines ernsthaften p2c_652.002 Werks auf eine lächerliche Art erzählt.
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p2c_652.004 B) Die poetische Erzählung im engern Sinn. p2c_652.005 Hierunter rechnen wir jede andre Erzählung einer Handlung, p2c_652.006 welche die Empfindung des niedern Schönen erweckt.
p2c_652.007 Anmerk. Wie das komische Heldengedicht der Epopöe, p2c_652.008 so steht die poetische Erzählung im System dem Romantischenp2c_652.009 Rittergedicht beym höhern Schönen entgegen. p2c_652.010 Es giebt besonders zwey Gattungen, 1) die versifizirte komischep2c_652.011 Erzählung, in welcher Wieland Meister ist, und p2c_652.012 bey welcher auch oft die Modification des Satyrischen statt p2c_652.013 findet, 2) der eigentliche poetische Roman. Der Roman p2c_652.014 steht an den Gränzen zwischen den Werken der Poesie und p2c_652.015 der Beredsamkeit. Es giebt eine Gattung Romane, welche p2c_652.016 mehr den Zweck haben, zu belehren, und Charaktere jeder p2c_652.017 Art lebendig darzustellen, psychologische Biographieen, z. B. p2c_652.018 Sophiens Reisen, und wiederum andere, deren Haupttendenz p2c_652.019 ist, als Kunstwerk der freyen Phantasie zu gefallen. p2c_652.020 Der objektive Jnhalt dieser poetischen Erzählung ist gemeiniglich p2c_652.021 die Entwicklung eines poetischen Charakters, oder p2c_652.022 die Darstellung einer natürlichen Leidenschaft, und ihr Kampf p2c_652.023 mit den Verhältnissen der geselligen Welt, z. B. Werthers p2c_652.024 Leiden. Der ästhetische Jnhalt des Romans ist p2c_652.025 also vorzüglich das romantische, das sich dem rührend p2c_652.026 Schönen nähert, im pathologischen Sinne des Worts, das
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Jn dem travestirten Gedicht wird der Stoff eines ernsthaften p2c_652.002
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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