p1c_412.001 ladet durch den Hain." Dies geht bey lyrischen Gedichten. p1c_412.002 Bey längern erzählenden Versen würde es eben so monoton p1c_412.003 seyn. Einige haben andre Cäsuren vorgeschlagen. Voltaire p1c_412.004 soll seine Alexandriner nach mehrern Ruhepunkten ungefähr p1c_412.005 so scandirt haben: Mais lorsqu' enfin les eaux p1c_412.006 de la Seine captive - Cesserent d'apporter dans p1c_412.007 ce vaste sejour - l'ordinaire tribut des moissons p1c_412.008 d'alentour - ´Alors on entendit des hurlemens affreux p1c_412.009 - ce superbe Paris fut plein de malheureuxp1c_412.010 u. s. w. Man sieht hieraus, daß er den Alexandriner nicht p1c_412.011 als eine jambische Versart, sondern als mehrere freye metrische p1c_412.012 Reihen angesehen und sie rhythmisch getheilt hat. p1c_412.013 Es kommen Anapästen vor, z. B. de la Seine - vaste p1c_412.014 sejour, l'ordinaire. Durch die Stellung des Accents in p1c_412.015 Cesserent d'apporter und Paris wird die Hauptcäsur p1c_412.016 weiblich. Auch ist es für den Sinn natürlicher so zu accentuiren, p1c_412.017 als apporter. Sollte über dem Alexandriner ein p1c_412.018 Endurtheil gefällt werden, so würden wohl folgendes die p1c_412.019 Hauptmomente seyn, auf die man Rücksicht zu nehmen p1c_412.020 hätte. Der Reim, den er bey sich führt, und welcher, p1c_412.021 wie wir bewiesen haben, kleine lyrische Verse ausgenommen, p1c_412.022 sich schlechterdings nicht mit dem genauen Metrum, sondern p1c_412.023 mit einem freyern Rhythmus verträgt, macht es unmöglich, p1c_412.024 daß man diese Versart, wie Ramler im Batteux und andere, p1c_412.025 durchaus als einen Senarius ansehe. Der Alexandriner p1c_412.026 ist nach keiner Quantität zu messen, sondern es ist p1c_412.027 ein Vers von einer gewissen Zahl Sylben ohne alle Quantität
p1c_412.001 ladet durch den Hain.“ Dies geht bey lyrischen Gedichten. p1c_412.002 Bey längern erzählenden Versen würde es eben so monoton p1c_412.003 seyn. Einige haben andre Cäsuren vorgeschlagen. Voltaire p1c_412.004 soll seine Alexandriner nach mehrern Ruhepunkten ungefähr p1c_412.005 so scandirt haben: Maís lorsqu' enfin les eáux p1c_412.006 de la Seíne cáptive ─ Césserent d'appórter dans p1c_412.007 ce váste sejoúr ─ l'ordinaíre tribút des moissóns p1c_412.008 d'alentoúr ─ ´Alors on enténdit des hurleméns affreúx p1c_412.009 ─ ce supérbe Páris fut pleín de malheureuxp1c_412.010 u. s. w. Man sieht hieraus, daß er den Alexandriner nicht p1c_412.011 als eine jambische Versart, sondern als mehrere freye metrische p1c_412.012 Reihen angesehen und sie rhythmisch getheilt hat. p1c_412.013 Es kommen Anapästen vor, z. B. dĕ lă Sēine – vastĕ p1c_412.014 sĕjour, l'ŏrdĭnāire. Durch die Stellung des Accents in p1c_412.015 Cesserent d'appórter und Paris wird die Hauptcäsur p1c_412.016 weiblich. Auch ist es für den Sinn natürlicher so zu accentuiren, p1c_412.017 als apportér. Sollte über dem Alexandriner ein p1c_412.018 Endurtheil gefällt werden, so würden wohl folgendes die p1c_412.019 Hauptmomente seyn, auf die man Rücksicht zu nehmen p1c_412.020 hätte. Der Reim, den er bey sich führt, und welcher, p1c_412.021 wie wir bewiesen haben, kleine lyrische Verse ausgenommen, p1c_412.022 sich schlechterdings nicht mit dem genauen Metrum, sondern p1c_412.023 mit einem freyern Rhythmus verträgt, macht es unmöglich, p1c_412.024 daß man diese Versart, wie Ramler im Batteux und andere, p1c_412.025 durchaus als einen Senarius ansehe. Der Alexandriner p1c_412.026 ist nach keiner Quantität zu messen, sondern es ist p1c_412.027 ein Vers von einer gewissen Zahl Sylben ohne alle Quantität
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0470"n="412"/><lbn="p1c_412.001"/>
ladet durch den Hain.“ Dies geht bey lyrischen Gedichten. <lbn="p1c_412.002"/>
Bey längern erzählenden Versen würde es eben so monoton <lbn="p1c_412.003"/>
seyn. Einige haben andre Cäsuren vorgeschlagen. Voltaire <lbn="p1c_412.004"/>
soll seine Alexandriner nach mehrern Ruhepunkten ungefähr <lbn="p1c_412.005"/>
so scandirt haben: <hirendition="#aq">Maís lorsqu' enfin les eáux <lbn="p1c_412.006"/>
de la Seíne cáptive ─ Césserent <hirendition="#g">d'appórter</hi> dans <lbn="p1c_412.007"/>
ce váste sejoúr ─ l'ordinaíre tribút des moissóns <lbn="p1c_412.008"/>
d'alentoúr ─ ´Alors on enténdit des hurleméns affreúx <lbn="p1c_412.009"/>─ ce supérbe Páris fut pleín de malheureux</hi><lbn="p1c_412.010"/>
u. s. w. Man sieht hieraus, daß er den Alexandriner nicht <lbn="p1c_412.011"/>
als eine jambische Versart, sondern als mehrere freye metrische <lbn="p1c_412.012"/>
Reihen angesehen und sie rhythmisch getheilt hat. <lbn="p1c_412.013"/>
Es kommen Anapästen vor, z. B. <hirendition="#aq">dĕ lă Sēine – vastĕ<lbn="p1c_412.014"/>
sĕjour, l'ŏrdĭnāire</hi>. Durch die Stellung des Accents in <lbn="p1c_412.015"/><hirendition="#aq">Cesserent d'appórter</hi> und <hirendition="#aq">Paris</hi> wird die Hauptcäsur <lbn="p1c_412.016"/>
weiblich. Auch ist es für den Sinn natürlicher so zu accentuiren, <lbn="p1c_412.017"/>
als <hirendition="#aq">apportér</hi>. Sollte über dem Alexandriner ein <lbn="p1c_412.018"/>
Endurtheil gefällt werden, so würden wohl folgendes die <lbn="p1c_412.019"/>
Hauptmomente seyn, auf die man Rücksicht zu nehmen <lbn="p1c_412.020"/>
hätte. Der <hirendition="#g">Reim,</hi> den er bey sich führt, und welcher, <lbn="p1c_412.021"/>
wie wir bewiesen haben, kleine lyrische Verse ausgenommen, <lbn="p1c_412.022"/>
sich schlechterdings nicht mit dem genauen Metrum, sondern <lbn="p1c_412.023"/>
mit einem freyern Rhythmus verträgt, macht es unmöglich, <lbn="p1c_412.024"/>
daß man diese Versart, wie Ramler im Batteux und andere, <lbn="p1c_412.025"/>
durchaus als einen Senarius ansehe. Der Alexandriner <lbn="p1c_412.026"/>
ist nach keiner Quantität zu messen, sondern es ist <lbn="p1c_412.027"/>
ein Vers von einer gewissen Zahl Sylben ohne alle Quantität
</p></div></div></body></text></TEI>
[412/0470]
p1c_412.001
ladet durch den Hain.“ Dies geht bey lyrischen Gedichten. p1c_412.002
Bey längern erzählenden Versen würde es eben so monoton p1c_412.003
seyn. Einige haben andre Cäsuren vorgeschlagen. Voltaire p1c_412.004
soll seine Alexandriner nach mehrern Ruhepunkten ungefähr p1c_412.005
so scandirt haben: Maís lorsqu' enfin les eáux p1c_412.006
de la Seíne cáptive ─ Césserent d'appórter dans p1c_412.007
ce váste sejoúr ─ l'ordinaíre tribút des moissóns p1c_412.008
d'alentoúr ─ ´Alors on enténdit des hurleméns affreúx p1c_412.009
─ ce supérbe Páris fut pleín de malheureux p1c_412.010
u. s. w. Man sieht hieraus, daß er den Alexandriner nicht p1c_412.011
als eine jambische Versart, sondern als mehrere freye metrische p1c_412.012
Reihen angesehen und sie rhythmisch getheilt hat. p1c_412.013
Es kommen Anapästen vor, z. B. dĕ lă Sēine – vastĕ p1c_412.014
sĕjour, l'ŏrdĭnāire. Durch die Stellung des Accents in p1c_412.015
Cesserent d'appórter und Paris wird die Hauptcäsur p1c_412.016
weiblich. Auch ist es für den Sinn natürlicher so zu accentuiren, p1c_412.017
als apportér. Sollte über dem Alexandriner ein p1c_412.018
Endurtheil gefällt werden, so würden wohl folgendes die p1c_412.019
Hauptmomente seyn, auf die man Rücksicht zu nehmen p1c_412.020
hätte. Der Reim, den er bey sich führt, und welcher, p1c_412.021
wie wir bewiesen haben, kleine lyrische Verse ausgenommen, p1c_412.022
sich schlechterdings nicht mit dem genauen Metrum, sondern p1c_412.023
mit einem freyern Rhythmus verträgt, macht es unmöglich, p1c_412.024
daß man diese Versart, wie Ramler im Batteux und andere, p1c_412.025
durchaus als einen Senarius ansehe. Der Alexandriner p1c_412.026
ist nach keiner Quantität zu messen, sondern es ist p1c_412.027
ein Vers von einer gewissen Zahl Sylben ohne alle Quantität
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/470>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.