p1c_335.001 Sie schmeichelt nicht blos den Sinnen, sondern sie erweckt p1c_335.002 auch die Jdee des Schönen. Die Sprache, logisch genommen, p1c_335.003 theilt den schönen Gedanken durch Begriffe mit, p1c_335.004 die mittelst bestimmter Zeichen (der Worte) objectivisirt p1c_335.005 sind. Es läßt sich behaupten, daß man gar nicht einmal p1c_335.006 in Begriffen denken könne, ohne gewisse Zeichen für p1c_335.007 diese Begriffe wenigstens im Gedächtniß zu haben und p1c_335.008 bey sich zu wecken. Jndem ich diese Zeichen andern mittheile, p1c_335.009 bestimme ich sie, eine gewisse Reihe von Begriffen p1c_335.010 nach der Ordnung der Zeichen zu denken. Die bildenden p1c_335.011 Künste, welche sichtbare Objekte nachahmen und darstellen, p1c_335.012 nöthigen auch durch diese natürlichen Zeichen p1c_335.013 ihr Publikum, sich an bestimmte Begriffe zu erinnern. p1c_335.014 Allein der schöne Gedanke ist an sich von Begriffen unabhängig, p1c_335.015 und kann auch erweckt werden, ohne daß man eine p1c_335.016 bestimmte Begriffreihe mittheilt. Wollte man auch das p1c_335.017 Farbenspiel hier nicht anführen, so beweißt dieß wenigstens p1c_335.018 die Musik. 1) Die Jdee einer zweckmäßigen Bewegung p1c_335.019 und Wirksamkeit überhaupt giebt der Rhythmus,p1c_335.020 2) die Jdee eines gesetzlichen Werdens giebt das Steigen p1c_335.021 und Sinken, Höhe und Tiefe der Töne, 3) die Jdee p1c_335.022 einer gesetzlichen Totalität wird vorzüglich dargestellt p1c_335.023 durch den herrschenden Takt, wiewohl auch das Rückkehren p1c_335.024 in den Hauptton, in ein Hauptthema, und die Auflösung p1c_335.025 der Dissonanzen zur Darstellung dieser Jdee beytragen p1c_335.026 kann. 4) Die Jdee eines absolut nothwendigen Selbstbewußtseyns p1c_335.027 durch die Objekte wird dargestellt durch die p1c_335.028 Harmonie als das Gefühl der Einheit in der Ton=
p1c_335.001 Sie schmeichelt nicht blos den Sinnen, sondern sie erweckt p1c_335.002 auch die Jdee des Schönen. Die Sprache, logisch genommen, p1c_335.003 theilt den schönen Gedanken durch Begriffe mit, p1c_335.004 die mittelst bestimmter Zeichen (der Worte) objectivisirt p1c_335.005 sind. Es läßt sich behaupten, daß man gar nicht einmal p1c_335.006 in Begriffen denken könne, ohne gewisse Zeichen für p1c_335.007 diese Begriffe wenigstens im Gedächtniß zu haben und p1c_335.008 bey sich zu wecken. Jndem ich diese Zeichen andern mittheile, p1c_335.009 bestimme ich sie, eine gewisse Reihe von Begriffen p1c_335.010 nach der Ordnung der Zeichen zu denken. Die bildenden p1c_335.011 Künste, welche sichtbare Objekte nachahmen und darstellen, p1c_335.012 nöthigen auch durch diese natürlichen Zeichen p1c_335.013 ihr Publikum, sich an bestimmte Begriffe zu erinnern. p1c_335.014 Allein der schöne Gedanke ist an sich von Begriffen unabhängig, p1c_335.015 und kann auch erweckt werden, ohne daß man eine p1c_335.016 bestimmte Begriffreihe mittheilt. Wollte man auch das p1c_335.017 Farbenspiel hier nicht anführen, so beweißt dieß wenigstens p1c_335.018 die Musik. 1) Die Jdee einer zweckmäßigen Bewegung p1c_335.019 und Wirksamkeit überhaupt giebt der Rhythmus,p1c_335.020 2) die Jdee eines gesetzlichen Werdens giebt das Steigen p1c_335.021 und Sinken, Höhe und Tiefe der Töne, 3) die Jdee p1c_335.022 einer gesetzlichen Totalität wird vorzüglich dargestellt p1c_335.023 durch den herrschenden Takt, wiewohl auch das Rückkehren p1c_335.024 in den Hauptton, in ein Hauptthema, und die Auflösung p1c_335.025 der Dissonanzen zur Darstellung dieser Jdee beytragen p1c_335.026 kann. 4) Die Jdee eines absolut nothwendigen Selbstbewußtseyns p1c_335.027 durch die Objekte wird dargestellt durch die p1c_335.028 Harmonie als das Gefühl der Einheit in der Ton=
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0393"n="335"/><lbn="p1c_335.001"/>
Sie schmeichelt nicht blos den Sinnen, sondern sie erweckt <lbn="p1c_335.002"/>
auch die Jdee des Schönen. Die Sprache, logisch genommen, <lbn="p1c_335.003"/>
theilt den <hirendition="#g">schönen Gedanken</hi> durch Begriffe mit, <lbn="p1c_335.004"/>
die mittelst bestimmter Zeichen (der Worte) objectivisirt <lbn="p1c_335.005"/>
sind. Es läßt sich behaupten, daß man gar nicht einmal <lbn="p1c_335.006"/>
in <hirendition="#g">Begriffen</hi> denken könne, ohne gewisse <hirendition="#g">Zeichen</hi> für <lbn="p1c_335.007"/>
diese <hirendition="#g">Begriffe</hi> wenigstens im Gedächtniß zu haben und <lbn="p1c_335.008"/>
bey sich zu wecken. Jndem ich diese Zeichen andern mittheile, <lbn="p1c_335.009"/>
bestimme ich sie, eine gewisse Reihe von Begriffen <lbn="p1c_335.010"/>
nach der Ordnung der Zeichen zu denken. Die bildenden <lbn="p1c_335.011"/>
Künste, welche sichtbare Objekte nachahmen und darstellen, <lbn="p1c_335.012"/>
nöthigen auch durch diese <hirendition="#g">natürlichen</hi> Zeichen <lbn="p1c_335.013"/>
ihr Publikum, sich an bestimmte Begriffe zu erinnern. <lbn="p1c_335.014"/>
Allein der <hirendition="#g">schöne</hi> Gedanke ist an sich von Begriffen unabhängig, <lbn="p1c_335.015"/>
und kann auch erweckt werden, ohne daß man eine <lbn="p1c_335.016"/>
bestimmte Begriffreihe mittheilt. Wollte man auch das <lbn="p1c_335.017"/>
Farbenspiel hier nicht anführen, so beweißt dieß wenigstens <lbn="p1c_335.018"/>
die <hirendition="#g">Musik.</hi> 1) Die Jdee einer zweckmäßigen Bewegung <lbn="p1c_335.019"/>
und <hirendition="#g">Wirksamkeit</hi> überhaupt giebt der <hirendition="#g">Rhythmus,</hi><lbn="p1c_335.020"/>
2) die Jdee eines <hirendition="#g">gesetzlichen Werdens</hi> giebt das Steigen <lbn="p1c_335.021"/>
und Sinken, Höhe und Tiefe der <hirendition="#g">Töne,</hi> 3) die Jdee <lbn="p1c_335.022"/>
einer gesetzlichen <hirendition="#g">Totalität</hi> wird vorzüglich dargestellt <lbn="p1c_335.023"/>
durch den <hirendition="#g">herrschenden Takt,</hi> wiewohl auch das Rückkehren <lbn="p1c_335.024"/>
in den Hauptton, in ein Hauptthema, und die Auflösung <lbn="p1c_335.025"/>
der Dissonanzen zur Darstellung dieser Jdee beytragen <lbn="p1c_335.026"/>
kann. 4) Die Jdee eines absolut nothwendigen Selbstbewußtseyns <lbn="p1c_335.027"/>
durch die Objekte wird dargestellt durch die <lbn="p1c_335.028"/><hirendition="#g">Harmonie</hi> als das Gefühl der <hirendition="#g">Einheit</hi> in der <hirendition="#g">Ton=
</hi></p></div></div></body></text></TEI>
[335/0393]
p1c_335.001
Sie schmeichelt nicht blos den Sinnen, sondern sie erweckt p1c_335.002
auch die Jdee des Schönen. Die Sprache, logisch genommen, p1c_335.003
theilt den schönen Gedanken durch Begriffe mit, p1c_335.004
die mittelst bestimmter Zeichen (der Worte) objectivisirt p1c_335.005
sind. Es läßt sich behaupten, daß man gar nicht einmal p1c_335.006
in Begriffen denken könne, ohne gewisse Zeichen für p1c_335.007
diese Begriffe wenigstens im Gedächtniß zu haben und p1c_335.008
bey sich zu wecken. Jndem ich diese Zeichen andern mittheile, p1c_335.009
bestimme ich sie, eine gewisse Reihe von Begriffen p1c_335.010
nach der Ordnung der Zeichen zu denken. Die bildenden p1c_335.011
Künste, welche sichtbare Objekte nachahmen und darstellen, p1c_335.012
nöthigen auch durch diese natürlichen Zeichen p1c_335.013
ihr Publikum, sich an bestimmte Begriffe zu erinnern. p1c_335.014
Allein der schöne Gedanke ist an sich von Begriffen unabhängig, p1c_335.015
und kann auch erweckt werden, ohne daß man eine p1c_335.016
bestimmte Begriffreihe mittheilt. Wollte man auch das p1c_335.017
Farbenspiel hier nicht anführen, so beweißt dieß wenigstens p1c_335.018
die Musik. 1) Die Jdee einer zweckmäßigen Bewegung p1c_335.019
und Wirksamkeit überhaupt giebt der Rhythmus, p1c_335.020
2) die Jdee eines gesetzlichen Werdens giebt das Steigen p1c_335.021
und Sinken, Höhe und Tiefe der Töne, 3) die Jdee p1c_335.022
einer gesetzlichen Totalität wird vorzüglich dargestellt p1c_335.023
durch den herrschenden Takt, wiewohl auch das Rückkehren p1c_335.024
in den Hauptton, in ein Hauptthema, und die Auflösung p1c_335.025
der Dissonanzen zur Darstellung dieser Jdee beytragen p1c_335.026
kann. 4) Die Jdee eines absolut nothwendigen Selbstbewußtseyns p1c_335.027
durch die Objekte wird dargestellt durch die p1c_335.028
Harmonie als das Gefühl der Einheit in der Ton=
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/393>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.