p1c_174.001 scrive, e ne fa le sue fiamme in lui piu vive. - p1c_174.002 Kann mehr Seele in einem Bilde seyn? Hier ist nichts Materielles, p1c_174.003 wie beym Ariost und Ovid. Das Sanftschönep1c_174.004 erregt bey Schilderungen dieser Art die Wollust, und p1c_174.005 wird dann unpoetisch und fehlerhaft. Man nennt dies p1c_174.006 das Schlüpfrige. Die Einbildungskraft erliegt, und p1c_174.007 die Sinne gewinnen die Oberhand. Nicht so ists bey der p1c_174.008 über alle Sinnlichkeit erhabenen Grazie des Tasso. Hier ist p1c_174.009 der Gedanke lebendig, von keinen Sinnen gefesselt, frey, p1c_174.010 wie die Phantasie. Er ergeht sich wonnetrunken in den Gefilden p1c_174.011 des Schönen, dringt ein in das Heiligthum, betrachtet p1c_174.012 das Wahre mit keuscher Reinheit, und erzählt es erst p1c_174.013 der Begierde wieder. Die Begierde steht hier selbst als p1c_174.014 Gedanke da, sie kann in dem Leser nicht zur Begierde werden, p1c_174.015 der Leser selbst bleibt unpartheyisch. Mit einem Worte, p1c_174.016 Tasso hat hier die Gränze gezogen, wo die keusche, die p1c_174.017 freye Kunst sich von der blos sinnlichen Nachahmung schlüpfriger p1c_174.018 Gegenstände trennt. Die Macht der Sinne wird p1c_174.019 hier durch die Einbildungskraft bezwungen, nicht genährt. p1c_174.020 Jm folgenden, wo der Dichter die Koketterie der Armida p1c_174.021 schildert, personifizirt er die Grazie, die Muse, die freye p1c_174.022 Phantasie, mit allem ihren lebendigen verführerischen Zauber p1c_174.023 selbst. Se scorge alcun, che dal suo amor ritiri p1c_174.024 l' alma, e i pensier per diffidenza affrene, gli aprep1c_174.025 un benigno riso (welches Leben im Aufgehen dieses Lächelns!) p1c_174.026 e in dolci giri volge le luci in lui liete e p1c_174.027 serene, e cosi i pigri e timidi desiri sprona ed affida p1c_174.028 la dubbiosa speme, et infiammando l'amorose voglie,
p1c_174.001 scrive, e ne fà le sue fiamme in lui più vive. ─ p1c_174.002 Kann mehr Seele in einem Bilde seyn? Hier ist nichts Materielles, p1c_174.003 wie beym Ariost und Ovid. Das Sanftschönep1c_174.004 erregt bey Schilderungen dieser Art die Wollust, und p1c_174.005 wird dann unpoetisch und fehlerhaft. Man nennt dies p1c_174.006 das Schlüpfrige. Die Einbildungskraft erliegt, und p1c_174.007 die Sinne gewinnen die Oberhand. Nicht so ists bey der p1c_174.008 über alle Sinnlichkeit erhabenen Grazie des Tasso. Hier ist p1c_174.009 der Gedanke lebendig, von keinen Sinnen gefesselt, frey, p1c_174.010 wie die Phantasie. Er ergeht sich wonnetrunken in den Gefilden p1c_174.011 des Schönen, dringt ein in das Heiligthum, betrachtet p1c_174.012 das Wahre mit keuscher Reinheit, und erzählt es erst p1c_174.013 der Begierde wieder. Die Begierde steht hier selbst als p1c_174.014 Gedanke da, sie kann in dem Leser nicht zur Begierde werden, p1c_174.015 der Leser selbst bleibt unpartheyisch. Mit einem Worte, p1c_174.016 Tasso hat hier die Gränze gezogen, wo die keusche, die p1c_174.017 freye Kunst sich von der blos sinnlichen Nachahmung schlüpfriger p1c_174.018 Gegenstände trennt. Die Macht der Sinne wird p1c_174.019 hier durch die Einbildungskraft bezwungen, nicht genährt. p1c_174.020 Jm folgenden, wo der Dichter die Koketterie der Armida p1c_174.021 schildert, personifizirt er die Grazie, die Muse, die freye p1c_174.022 Phantasie, mit allem ihren lebendigen verführerischen Zauber p1c_174.023 selbst. Se scorge alcun, che dal suo amor ritiri p1c_174.024 l' alma, e i pensier per diffidenza affrene, gli aprep1c_174.025 un benigno riso (welches Leben im Aufgehen dieses Lächelns!) p1c_174.026 e in dolci giri volge le luci in lui liete e p1c_174.027 serene, e cosi i pigri e timidi desiri sprona ed affida p1c_174.028 la dubbiosa speme, et infiammando l'amorose voglie,
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/232>, abgerufen am 26.11.2024.
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