Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausius, Rudolf: Über die Anwendung der mechanischen Wärmetheorie auf die Dampfmaschine. In: Annalen der Physik und Chemie, Reihe 4, 97 (1856), S. 441-476, 513-558.

Bild:
<< vorherige Seite

einzelnen zu dieser Anwendung dienenden Maschinen zu
fällen, ob sie schon vollkommen ihren Zweck erfüllen,
oder ob und inwiefern sie noch der Vervollkommnung fä-
hig sind.

Zu diesen für alle thermodynamischen Maschinen gel-
tenden Gründen kommen für die wichtigste unter ihnen,
die Dampfmaschine, noch einige besondere Gründe hinzu,
welche dazu auffordern, sie einer erneuerten, von der me-
chanischen Wärmetheorie geleiteten Untersuchung zu un-
terwerfen. Es haben sich nämlich gerade für den Dampf
im Maximum der Dichte aus dieser Theorie einige wesent-
liche Abweichungen von den früher als richtig angenom-
menen oder wenigstens in den Rechnungen angewandten
Gesetzen ergeben.

2. Ich glaube in dieser Beziehung zunächst daran er-
innern zu dürfen, dass von Rankine und mir nachgewie-
sen ist, dass, wenn in einer für Wärme undurchdringli-
chen Hülle eine ursprünglich im Maximum der Dichte be-
findliche Quantität Wasserdampf sich ausdehnt, indem sie
einen beweglichen Theil der Hülle, z. B. einen Stempel,
unter Anwendung ihrer vollen Expansivkraft zurückschiebt,
dabei ein Theil des Dampfes sich niederschlagen muss, wäh-
rend in den meisten früheren Schriften über die Dampf-
maschine, unter andern in dem vortrefflichen Werke von
de Pambour1) der Watt'sche Satz, dass der Dampf
unter diesen Umständen gerade im Maximum der Dichte
bleibe, zu Grunde gelegt ist.

Ferner nahm man früher zur Bestimmung des Volumens
einer Gewichtseinheit gesättigten Dampfes bei verschiede-
nen Temperaturen in Ermangelung genauerer Kenntnisse
an, dass der Dampf selbst im Maximum seiner Dichte noch
dem Mariotte'schen und Gay-Lussac'schen Gesetze
folge. Dem gegenüber habe ich schon in meiner ersten
Abhandlung über diesen Gegenstand 2) gezeigt, dass man

1) Theorie des Machines a Vapeur, par le Comte F. M. G.
de Pambour. Paris
1844.
2) Diese Ann. Bd. LXXIX, S. 368.

einzelnen zu dieser Anwendung dienenden Maschinen zu
fällen, ob sie schon vollkommen ihren Zweck erfüllen,
oder ob und inwiefern sie noch der Vervollkommnung fä-
hig sind.

Zu diesen für alle thermodynamischen Maschinen gel-
tenden Gründen kommen für die wichtigste unter ihnen,
die Dampfmaschine, noch einige besondere Gründe hinzu,
welche dazu auffordern, sie einer erneuerten, von der me-
chanischen Wärmetheorie geleiteten Untersuchung zu un-
terwerfen. Es haben sich nämlich gerade für den Dampf
im Maximum der Dichte aus dieser Theorie einige wesent-
liche Abweichungen von den früher als richtig angenom-
menen oder wenigstens in den Rechnungen angewandten
Gesetzen ergeben.

2. Ich glaube in dieser Beziehung zunächst daran er-
innern zu dürfen, daſs von Rankine und mir nachgewie-
sen ist, daſs, wenn in einer für Wärme undurchdringli-
chen Hülle eine ursprünglich im Maximum der Dichte be-
findliche Quantität Wasserdampf sich ausdehnt, indem sie
einen beweglichen Theil der Hülle, z. B. einen Stempel,
unter Anwendung ihrer vollen Expansivkraft zurückschiebt,
dabei ein Theil des Dampfes sich niederschlagen muſs, wäh-
rend in den meisten früheren Schriften über die Dampf-
maschine, unter andern in dem vortrefflichen Werke von
de Pambour1) der Watt’sche Satz, daſs der Dampf
unter diesen Umständen gerade im Maximum der Dichte
bleibe, zu Grunde gelegt ist.

Ferner nahm man früher zur Bestimmung des Volumens
einer Gewichtseinheit gesättigten Dampfes bei verschiede-
nen Temperaturen in Ermangelung genauerer Kenntnisse
an, daſs der Dampf selbst im Maximum seiner Dichte noch
dem Mariotte’schen und Gay-Lussac’schen Gesetze
folge. Dem gegenüber habe ich schon in meiner ersten
Abhandlung über diesen Gegenstand 2) gezeigt, daſs man

1) Théorie des Machines à Vapeur, par le Comte F. M. G.
de Pambour. Paris
1844.
2) Diese Ann. Bd. LXXIX, S. 368.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="442"/>
einzelnen zu dieser Anwendung dienenden Maschinen zu<lb/>
fällen, ob sie schon vollkommen ihren Zweck erfüllen,<lb/>
oder ob und inwiefern sie noch der Vervollkommnung fä-<lb/>
hig sind.</p><lb/>
        <p>Zu diesen für alle thermodynamischen Maschinen gel-<lb/>
tenden Gründen kommen für die wichtigste unter ihnen,<lb/>
die <hi rendition="#i">Dampfmaschine</hi>, noch einige besondere Gründe hinzu,<lb/>
welche dazu auffordern, sie einer erneuerten, von der me-<lb/>
chanischen Wärmetheorie geleiteten Untersuchung zu un-<lb/>
terwerfen. Es haben sich nämlich gerade für den Dampf<lb/>
im Maximum der Dichte aus dieser Theorie einige wesent-<lb/>
liche Abweichungen von den früher als richtig angenom-<lb/>
menen oder wenigstens in den Rechnungen angewandten<lb/>
Gesetzen ergeben.</p><lb/>
        <p>2. Ich glaube in dieser Beziehung zunächst daran er-<lb/>
innern zu dürfen, da&#x017F;s von <hi rendition="#g">Rankine</hi> und mir nachgewie-<lb/>
sen ist, da&#x017F;s, wenn in einer für Wärme undurchdringli-<lb/>
chen Hülle eine ursprünglich im Maximum der Dichte be-<lb/>
findliche Quantität Wasserdampf sich ausdehnt, indem sie<lb/>
einen beweglichen Theil der Hülle, z. B. einen Stempel,<lb/>
unter Anwendung ihrer vollen Expansivkraft zurückschiebt,<lb/>
dabei ein Theil des Dampfes sich niederschlagen mu&#x017F;s, wäh-<lb/>
rend in den meisten früheren Schriften über die Dampf-<lb/>
maschine, unter andern in dem vortrefflichen Werke von<lb/><hi rendition="#g">de Pambour</hi><note place="foot" n="1)"><hi rendition="#i">Théorie des Machines à <hi rendition="#g">Vapeur</hi>, par le Comte F. M. G.<lb/><hi rendition="#g">de Pambour</hi>. Paris</hi> 1844.</note> der <hi rendition="#g">Watt</hi>&#x2019;sche Satz, da&#x017F;s der Dampf<lb/>
unter diesen Umständen gerade im Maximum der Dichte<lb/>
bleibe, zu Grunde gelegt ist.</p><lb/>
        <p>Ferner nahm man früher zur Bestimmung des Volumens<lb/>
einer Gewichtseinheit gesättigten Dampfes bei verschiede-<lb/>
nen Temperaturen in Ermangelung genauerer Kenntnisse<lb/>
an, da&#x017F;s der Dampf selbst im Maximum seiner Dichte noch<lb/>
dem <hi rendition="#g">Mariotte</hi>&#x2019;schen und <hi rendition="#g">Gay-Lussac</hi>&#x2019;schen Gesetze<lb/>
folge. Dem gegenüber habe ich schon in meiner ersten<lb/>
Abhandlung über diesen Gegenstand <note place="foot" n="2)">Diese Ann. Bd. LXXIX, S. 368.</note> gezeigt, da&#x017F;s man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0020] einzelnen zu dieser Anwendung dienenden Maschinen zu fällen, ob sie schon vollkommen ihren Zweck erfüllen, oder ob und inwiefern sie noch der Vervollkommnung fä- hig sind. Zu diesen für alle thermodynamischen Maschinen gel- tenden Gründen kommen für die wichtigste unter ihnen, die Dampfmaschine, noch einige besondere Gründe hinzu, welche dazu auffordern, sie einer erneuerten, von der me- chanischen Wärmetheorie geleiteten Untersuchung zu un- terwerfen. Es haben sich nämlich gerade für den Dampf im Maximum der Dichte aus dieser Theorie einige wesent- liche Abweichungen von den früher als richtig angenom- menen oder wenigstens in den Rechnungen angewandten Gesetzen ergeben. 2. Ich glaube in dieser Beziehung zunächst daran er- innern zu dürfen, daſs von Rankine und mir nachgewie- sen ist, daſs, wenn in einer für Wärme undurchdringli- chen Hülle eine ursprünglich im Maximum der Dichte be- findliche Quantität Wasserdampf sich ausdehnt, indem sie einen beweglichen Theil der Hülle, z. B. einen Stempel, unter Anwendung ihrer vollen Expansivkraft zurückschiebt, dabei ein Theil des Dampfes sich niederschlagen muſs, wäh- rend in den meisten früheren Schriften über die Dampf- maschine, unter andern in dem vortrefflichen Werke von de Pambour 1) der Watt’sche Satz, daſs der Dampf unter diesen Umständen gerade im Maximum der Dichte bleibe, zu Grunde gelegt ist. Ferner nahm man früher zur Bestimmung des Volumens einer Gewichtseinheit gesättigten Dampfes bei verschiede- nen Temperaturen in Ermangelung genauerer Kenntnisse an, daſs der Dampf selbst im Maximum seiner Dichte noch dem Mariotte’schen und Gay-Lussac’schen Gesetze folge. Dem gegenüber habe ich schon in meiner ersten Abhandlung über diesen Gegenstand 2) gezeigt, daſs man 1) Théorie des Machines à Vapeur, par le Comte F. M. G. de Pambour. Paris 1844. 2) Diese Ann. Bd. LXXIX, S. 368.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausius_waermetheorie_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausius_waermetheorie_1856/20
Zitationshilfe: Clausius, Rudolf: Über die Anwendung der mechanischen Wärmetheorie auf die Dampfmaschine. In: Annalen der Physik und Chemie, Reihe 4, 97 (1856), S. 441-476, 513-558, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausius_waermetheorie_1856/20>, abgerufen am 23.11.2024.