nicht schon ein Vortheil liegt, hört sie auf wirksam für ihn zu sein; sie erreicht also da leicht ein Maximum.
295. Dies Maximum bestimmt sich ganz nach dem individuellen Fall, nach dem Terrain, dem moralischen Ver- hältniß der Truppen und den nähern Zwecken des Feuer- gefechts. Hier ist es genug zu sagen daß es ein sol- ches giebt.
296. Es hat also die Zahl der gleichzeitig anzuwen- denden Streitkräfte ein Maximum, über welches hinaus eine Verschwendung entstehen würde.
297. Eben so hat der Gebrauch einer und derselben Streitkraft seine Grenzen. Wie die im Feuergefecht ge- brauchte Streitkraft nach und nach unbrauchbar wird ha- ben wir (Nr. 123.) gesehen; aber auch im Handgefecht entsteht eine solche Verschlechterung. Ist die Erschöpfung der physischen Kräfte hier geringer als im Feuergefecht, so ist die der moralischen bei unglücklichem Erfolge viel größer.
298. Durch diese Verschlechterung welche die Streit- kräfte im Gebrauch auch an allen übrig bleibenden Thei- len erfahren, kommt ein neues Prinzip in das Gefecht, nämlich die innere Überlegenheit frischer Streitkräfte ge- gen schon gebrauchte.
299. Es kommt aber noch ein zweiter Gegenstand in Betrachtung, der in einer vorübergehenden Verschlech- terung gebrauchter Streitkräfte besteht, nämlich in der Krise welche jedes Gefecht in ihr hervorbringt.
300. Das Handgefecht hat, praktisch genommen, keine Dauer. In dem Augenblick wo sich ein Kavallerie- regiment auf das andere stürzt ist die Sache entschieden und die wenigen Sekunden des wirklichen Herumhauens sind als Zeit nicht der Rede werth; nicht viel anders ist
nicht ſchon ein Vortheil liegt, hoͤrt ſie auf wirkſam fuͤr ihn zu ſein; ſie erreicht alſo da leicht ein Maximum.
295. Dies Maximum beſtimmt ſich ganz nach dem individuellen Fall, nach dem Terrain, dem moraliſchen Ver- haͤltniß der Truppen und den naͤhern Zwecken des Feuer- gefechts. Hier iſt es genug zu ſagen daß es ein ſol- ches giebt.
296. Es hat alſo die Zahl der gleichzeitig anzuwen- denden Streitkraͤfte ein Maximum, uͤber welches hinaus eine Verſchwendung entſtehen wuͤrde.
297. Eben ſo hat der Gebrauch einer und derſelben Streitkraft ſeine Grenzen. Wie die im Feuergefecht ge- brauchte Streitkraft nach und nach unbrauchbar wird ha- ben wir (Nr. 123.) geſehen; aber auch im Handgefecht entſteht eine ſolche Verſchlechterung. Iſt die Erſchoͤpfung der phyſiſchen Kraͤfte hier geringer als im Feuergefecht, ſo iſt die der moraliſchen bei ungluͤcklichem Erfolge viel groͤßer.
298. Durch dieſe Verſchlechterung welche die Streit- kraͤfte im Gebrauch auch an allen uͤbrig bleibenden Thei- len erfahren, kommt ein neues Prinzip in das Gefecht, naͤmlich die innere Überlegenheit friſcher Streitkraͤfte ge- gen ſchon gebrauchte.
299. Es kommt aber noch ein zweiter Gegenſtand in Betrachtung, der in einer voruͤbergehenden Verſchlech- terung gebrauchter Streitkraͤfte beſteht, naͤmlich in der Kriſe welche jedes Gefecht in ihr hervorbringt.
300. Das Handgefecht hat, praktiſch genommen, keine Dauer. In dem Augenblick wo ſich ein Kavallerie- regiment auf das andere ſtuͤrzt iſt die Sache entſchieden und die wenigen Sekunden des wirklichen Herumhauens ſind als Zeit nicht der Rede werth; nicht viel anders iſt
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nicht ſchon ein Vortheil liegt, hoͤrt ſie auf wirkſam fuͤr
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295. Dies Maximum beſtimmt ſich ganz nach dem
individuellen Fall, nach dem Terrain, dem moraliſchen Ver-
haͤltniß der Truppen und den naͤhern Zwecken des Feuer-
gefechts. Hier iſt es genug zu ſagen daß es ein ſol-
ches giebt.
296. Es hat alſo die Zahl der gleichzeitig anzuwen-
denden Streitkraͤfte ein Maximum, uͤber welches hinaus
eine Verſchwendung entſtehen wuͤrde.
297. Eben ſo hat der Gebrauch einer und derſelben
Streitkraft ſeine Grenzen. Wie die im Feuergefecht ge-
brauchte Streitkraft nach und nach unbrauchbar wird ha-
ben wir (Nr. 123.) geſehen; aber auch im Handgefecht
entſteht eine ſolche Verſchlechterung. Iſt die Erſchoͤpfung
der phyſiſchen Kraͤfte hier geringer als im Feuergefecht,
ſo iſt die der moraliſchen bei ungluͤcklichem Erfolge viel
groͤßer.
298. Durch dieſe Verſchlechterung welche die Streit-
kraͤfte im Gebrauch auch an allen uͤbrig bleibenden Thei-
len erfahren, kommt ein neues Prinzip in das Gefecht,
naͤmlich die innere Überlegenheit friſcher Streitkraͤfte ge-
gen ſchon gebrauchte.
299. Es kommt aber noch ein zweiter Gegenſtand
in Betrachtung, der in einer voruͤbergehenden Verſchlech-
terung gebrauchter Streitkraͤfte beſteht, naͤmlich in der
Kriſe welche jedes Gefecht in ihr hervorbringt.
300. Das Handgefecht hat, praktiſch genommen,
keine Dauer. In dem Augenblick wo ſich ein Kavallerie-
regiment auf das andere ſtuͤrzt iſt die Sache entſchieden
und die wenigen Sekunden des wirklichen Herumhauens
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/349>, abgerufen am 16.07.2024.
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