Massena in Genua und Portugal; dort waren die unendlichen Anstrengungen wozu die Stärke seines Cha- rakters, man kann sagen seine Härte, die Menschen trieb, mit Erfolg gekrönt. Hier, in Portugal, ist er wenigstens viel später gewichen als ein Anderer.
In den meisten Fällen befindet sich die feindliche Armee in einem ähnlichen Zustande. Wallenstein und Gu- stav Adolph bei Nürnberg; der Kaiser von Frankreich und Bennigsen nach der Schlacht bei Eylau. Den Zu- stand des Feindes sieht man nicht, den eigenen hat man vor Augen; daher wirkt der letztere auf gewöhnliche Men- schen stärker als der erstere, weil bei gewöhnlichen Men- schen die sinnlichen Eindrücke stärker sind als die Sprache des Verstandes.
7. Die Verpflegung der Truppen hat, wie sie auch geschehen möge, durch Magazine oder Requisitionen, immer eine solche Schwierigkeit daß sie eine sehr entscheidende Stimme bei der Wahl der Maßregeln hat. Sie ist oft der wirksamsten Kombination entgegen und nöthigt der Nahrung nachzugehen, wo man dem Siege, dem glänzen- den Erfolge nachgehen möchte. Durch sie vorzüglich be- kommt die ganze Maschine die Schwerfälligkeit, bei der ihre Wirkungen so weit hinter dem Fluge großer Ent- würfe zurückbleiben.
Ein General der von seinen Truppen die äußersten Anstrengungen, die höchsten Entbehrungen mit tyrannischer Gewalt fordert, eine Armee die in langen Kriegen an diese Opfer gewöhnt ist -- wie viel werden sie voraus haben, wie viel schneller werden sie trotz diesen Hindernis- sen ihr Ziel verfolgen! Bei gleich guten Entwürfen wie verschieden der Erfolg!
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Maſſena in Genua und Portugal; dort waren die unendlichen Anſtrengungen wozu die Staͤrke ſeines Cha- rakters, man kann ſagen ſeine Haͤrte, die Menſchen trieb, mit Erfolg gekroͤnt. Hier, in Portugal, iſt er wenigſtens viel ſpaͤter gewichen als ein Anderer.
In den meiſten Faͤllen befindet ſich die feindliche Armee in einem aͤhnlichen Zuſtande. Wallenſtein und Gu- ſtav Adolph bei Nuͤrnberg; der Kaiſer von Frankreich und Bennigſen nach der Schlacht bei Eylau. Den Zu- ſtand des Feindes ſieht man nicht, den eigenen hat man vor Augen; daher wirkt der letztere auf gewoͤhnliche Men- ſchen ſtaͤrker als der erſtere, weil bei gewoͤhnlichen Men- ſchen die ſinnlichen Eindruͤcke ſtaͤrker ſind als die Sprache des Verſtandes.
7. Die Verpflegung der Truppen hat, wie ſie auch geſchehen moͤge, durch Magazine oder Requiſitionen, immer eine ſolche Schwierigkeit daß ſie eine ſehr entſcheidende Stimme bei der Wahl der Maßregeln hat. Sie iſt oft der wirkſamſten Kombination entgegen und noͤthigt der Nahrung nachzugehen, wo man dem Siege, dem glaͤnzen- den Erfolge nachgehen moͤchte. Durch ſie vorzuͤglich be- kommt die ganze Maſchine die Schwerfaͤlligkeit, bei der ihre Wirkungen ſo weit hinter dem Fluge großer Ent- wuͤrfe zuruͤckbleiben.
Ein General der von ſeinen Truppen die aͤußerſten Anſtrengungen, die hoͤchſten Entbehrungen mit tyranniſcher Gewalt fordert, eine Armee die in langen Kriegen an dieſe Opfer gewoͤhnt iſt — wie viel werden ſie voraus haben, wie viel ſchneller werden ſie trotz dieſen Hinderniſ- ſen ihr Ziel verfolgen! Bei gleich guten Entwuͤrfen wie verſchieden der Erfolg!
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Maſſena in Genua und Portugal; dort waren die
unendlichen Anſtrengungen wozu die Staͤrke ſeines Cha-
rakters, man kann ſagen ſeine Haͤrte, die Menſchen trieb,
mit Erfolg gekroͤnt. Hier, in Portugal, iſt er wenigſtens
viel ſpaͤter gewichen als ein Anderer.
In den meiſten Faͤllen befindet ſich die feindliche
Armee in einem aͤhnlichen Zuſtande. Wallenſtein und Gu-
ſtav Adolph bei Nuͤrnberg; der Kaiſer von Frankreich
und Bennigſen nach der Schlacht bei Eylau. Den Zu-
ſtand des Feindes ſieht man nicht, den eigenen hat man
vor Augen; daher wirkt der letztere auf gewoͤhnliche Men-
ſchen ſtaͤrker als der erſtere, weil bei gewoͤhnlichen Men-
ſchen die ſinnlichen Eindruͤcke ſtaͤrker ſind als die Sprache
des Verſtandes.
7. Die Verpflegung der Truppen hat, wie ſie auch
geſchehen moͤge, durch Magazine oder Requiſitionen, immer
eine ſolche Schwierigkeit daß ſie eine ſehr entſcheidende
Stimme bei der Wahl der Maßregeln hat. Sie iſt oft
der wirkſamſten Kombination entgegen und noͤthigt der
Nahrung nachzugehen, wo man dem Siege, dem glaͤnzen-
den Erfolge nachgehen moͤchte. Durch ſie vorzuͤglich be-
kommt die ganze Maſchine die Schwerfaͤlligkeit, bei der
ihre Wirkungen ſo weit hinter dem Fluge großer Ent-
wuͤrfe zuruͤckbleiben.
Ein General der von ſeinen Truppen die aͤußerſten
Anſtrengungen, die hoͤchſten Entbehrungen mit tyranniſcher
Gewalt fordert, eine Armee die in langen Kriegen an
dieſe Opfer gewoͤhnt iſt — wie viel werden ſie voraus
haben, wie viel ſchneller werden ſie trotz dieſen Hinderniſ-
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verſchieden der Erfolg!
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/273>, abgerufen am 25.11.2024.
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