16. Die Rücksichten welche der Angreifende auf das Terrain zu nehmen hat vereinigen sich vorzüglich in den zwei Hauptpunkten: ein zu schwieriges Terrain nicht zum Angriffspunkt zu wählen, von der andern Seite aber wo möglich durch die Gegend anzurücken in der uns der Feind am wenigsten übersehen kann.
17. Ich schließe diese Bemerkungen über den Ge- brauch des Terrains mit einem Grundsatz der für die Vertheidigung von der höchsten Wichtigkeit und als Schlußstein der ganzen Vertheidigungslehre zu betrachten ist, nämlich: Nie Alles von der Stärke des Terrains zu er- warten, sich folglich nie durch ein starkes Terrain zur passiven Defensive verleiten zu lassen.
Denn ist das Terrain wirklich so stark daß es dem Angreifenden unmöglich wird uns zu vertreiben, so wird er es umgehen, welches immer möglich ist, und dann ist das stärkste Terrain überflüssig; wir werden unter ganz andern Umständen, in einer ganz andern Gegend zur Schlacht ge- zwungen, und es ist so gut als hätten wir jenes Terrain gar nicht in unsere Kombinationen mit aufgenommen. Ist das Terrain aber nicht von einer solchen Stärke, ist ein Angriff in demselben noch möglich, so können die Vor- theile dieses Terrains nie die Nachtheile einer passiven Vertheidigung aufwiegen. Alle Terrainhindernisse müssen also nur zu einer theilweisen Vertheidigung benutzt werden, um mit wenigen Truppen einen verhältnißmäßig großen Widerstand zu leisten und Zeit für die Offensive zu ge- winnen, durch welche man auf andern Punkten den wah- ren Sieg zu erhalten sucht.
16. Die Ruͤckſichten welche der Angreifende auf das Terrain zu nehmen hat vereinigen ſich vorzuͤglich in den zwei Hauptpunkten: ein zu ſchwieriges Terrain nicht zum Angriffspunkt zu waͤhlen, von der andern Seite aber wo moͤglich durch die Gegend anzuruͤcken in der uns der Feind am wenigſten uͤberſehen kann.
17. Ich ſchließe dieſe Bemerkungen uͤber den Ge- brauch des Terrains mit einem Grundſatz der fuͤr die Vertheidigung von der hoͤchſten Wichtigkeit und als Schlußſtein der ganzen Vertheidigungslehre zu betrachten iſt, naͤmlich: Nie Alles von der Staͤrke des Terrains zu er- warten, ſich folglich nie durch ein ſtarkes Terrain zur paſſiven Defenſive verleiten zu laſſen.
Denn iſt das Terrain wirklich ſo ſtark daß es dem Angreifenden unmoͤglich wird uns zu vertreiben, ſo wird er es umgehen, welches immer moͤglich iſt, und dann iſt das ſtaͤrkſte Terrain uͤberfluͤſſig; wir werden unter ganz andern Umſtaͤnden, in einer ganz andern Gegend zur Schlacht ge- zwungen, und es iſt ſo gut als haͤtten wir jenes Terrain gar nicht in unſere Kombinationen mit aufgenommen. Iſt das Terrain aber nicht von einer ſolchen Staͤrke, iſt ein Angriff in demſelben noch moͤglich, ſo koͤnnen die Vor- theile dieſes Terrains nie die Nachtheile einer paſſiven Vertheidigung aufwiegen. Alle Terrainhinderniſſe muͤſſen alſo nur zu einer theilweiſen Vertheidigung benutzt werden, um mit wenigen Truppen einen verhaͤltnißmaͤßig großen Widerſtand zu leiſten und Zeit fuͤr die Offenſive zu ge- winnen, durch welche man auf andern Punkten den wah- ren Sieg zu erhalten ſucht.
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16. Die Ruͤckſichten welche der Angreifende auf das
Terrain zu nehmen hat vereinigen ſich vorzuͤglich in den
zwei Hauptpunkten: ein zu ſchwieriges Terrain nicht zum
Angriffspunkt zu waͤhlen, von der andern Seite aber wo
moͤglich durch die Gegend anzuruͤcken in der uns der Feind
am wenigſten uͤberſehen kann.
17. Ich ſchließe dieſe Bemerkungen uͤber den Ge-
brauch des Terrains mit einem Grundſatz der fuͤr die
Vertheidigung von der hoͤchſten Wichtigkeit und als
Schlußſtein der ganzen Vertheidigungslehre zu betrachten
iſt, naͤmlich:
Nie Alles von der Staͤrke des Terrains zu er-
warten, ſich folglich nie durch ein ſtarkes Terrain
zur paſſiven Defenſive verleiten zu laſſen.
Denn iſt das Terrain wirklich ſo ſtark daß es dem
Angreifenden unmoͤglich wird uns zu vertreiben, ſo wird er
es umgehen, welches immer moͤglich iſt, und dann iſt das
ſtaͤrkſte Terrain uͤberfluͤſſig; wir werden unter ganz andern
Umſtaͤnden, in einer ganz andern Gegend zur Schlacht ge-
zwungen, und es iſt ſo gut als haͤtten wir jenes Terrain
gar nicht in unſere Kombinationen mit aufgenommen. Iſt
das Terrain aber nicht von einer ſolchen Staͤrke, iſt ein
Angriff in demſelben noch moͤglich, ſo koͤnnen die Vor-
theile dieſes Terrains nie die Nachtheile einer paſſiven
Vertheidigung aufwiegen. Alle Terrainhinderniſſe muͤſſen
alſo nur zu einer theilweiſen Vertheidigung benutzt werden,
um mit wenigen Truppen einen verhaͤltnißmaͤßig großen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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