Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.Gleichgewicht halten und ist man nicht eilig, so hat man Unrecht sich mit Anwendung der übrigen Kräfte zu übereilen: man ermüde den Feind mit diesem Gefechte so sehr als möglich. c) Bringt der Feind so viele Truppen ins Gefecht daß unsere Feuerlinie weichen muß oder dürfen wir nicht länger zögern, so ziehen wir eine volle Infan- terielinie heran, die sich auf 100 bis 200 Schritte vom Feinde entwickelt und schießt oder auch auf ihn eindringt wie es eben gehen will. d) Dies ist die Hauptbestimmung der Infanterie; hat man sich aber so tief aufgestellt daß man nun noch eine Infanterielinie in Kolonnen zur Reserve hat, so ist man auf diesem Punkte ziemlich Herr des Gefechtes. Diese zweite Infanterielinie muß man wo möglich nur in Kolonnen zur Entscheidung ge- brauchen. e) Die Kavallerie hält bei dem Gefechte so nahe hin- ter den fechtenden Truppen als es ohne großen Verlust geschehen kann, nämlich außer dem Kar- tätsch- und Musketenfeuer. Sie muß aber bei der Hand sein, damit man jeden Erfolg der sich im Ge- fecht zeigt schnell benutzen könne. 4. Indem man diese Regeln mehr oder weniger ge- Gleichgewicht halten und iſt man nicht eilig, ſo hat man Unrecht ſich mit Anwendung der uͤbrigen Kraͤfte zu uͤbereilen: man ermuͤde den Feind mit dieſem Gefechte ſo ſehr als moͤglich. c) Bringt der Feind ſo viele Truppen ins Gefecht daß unſere Feuerlinie weichen muß oder duͤrfen wir nicht laͤnger zoͤgern, ſo ziehen wir eine volle Infan- terielinie heran, die ſich auf 100 bis 200 Schritte vom Feinde entwickelt und ſchießt oder auch auf ihn eindringt wie es eben gehen will. d) Dies iſt die Hauptbeſtimmung der Infanterie; hat man ſich aber ſo tief aufgeſtellt daß man nun noch eine Infanterielinie in Kolonnen zur Reſerve hat, ſo iſt man auf dieſem Punkte ziemlich Herr des Gefechtes. Dieſe zweite Infanterielinie muß man wo moͤglich nur in Kolonnen zur Entſcheidung ge- brauchen. e) Die Kavallerie haͤlt bei dem Gefechte ſo nahe hin- ter den fechtenden Truppen als es ohne großen Verluſt geſchehen kann, naͤmlich außer dem Kar- taͤtſch- und Musketenfeuer. Sie muß aber bei der Hand ſein, damit man jeden Erfolg der ſich im Ge- fecht zeigt ſchnell benutzen koͤnne. 4. Indem man dieſe Regeln mehr oder weniger ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item> <pb facs="#f0240" n="226"/> <hi rendition="#et">Gleichgewicht halten und iſt man nicht eilig, ſo hat<lb/> man Unrecht ſich mit Anwendung der uͤbrigen Kraͤfte<lb/> zu uͤbereilen: man ermuͤde den Feind mit dieſem<lb/> Gefechte ſo ſehr als moͤglich.</hi> </item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c</hi>) Bringt der Feind ſo viele Truppen ins Gefecht<lb/> daß unſere Feuerlinie weichen muß oder duͤrfen wir<lb/> nicht laͤnger zoͤgern, ſo ziehen wir eine volle Infan-<lb/> terielinie heran, die ſich auf 100 bis 200 Schritte<lb/> vom Feinde entwickelt und ſchießt oder auch auf ihn<lb/> eindringt wie es eben gehen will.</item> <item><hi rendition="#aq">d</hi>) Dies iſt die Hauptbeſtimmung der Infanterie; hat<lb/> man ſich aber ſo tief aufgeſtellt daß man nun noch<lb/> eine Infanterielinie in Kolonnen zur Reſerve hat,<lb/> ſo iſt man auf dieſem Punkte ziemlich Herr des<lb/> Gefechtes. Dieſe zweite Infanterielinie muß man<lb/> wo moͤglich nur in Kolonnen zur Entſcheidung ge-<lb/> brauchen.</item> <item><hi rendition="#aq">e</hi>) Die Kavallerie haͤlt bei dem Gefechte ſo nahe hin-<lb/> ter den fechtenden Truppen als es ohne großen<lb/> Verluſt geſchehen kann, naͤmlich außer dem Kar-<lb/> taͤtſch- und Musketenfeuer. Sie muß aber bei der<lb/> Hand ſein, damit man jeden Erfolg der ſich im Ge-<lb/> fecht zeigt ſchnell benutzen koͤnne.</item> </list> <p>4. Indem man dieſe Regeln mehr oder weniger ge-<lb/> nau befolgt, behaͤlt man folgenden Grundſatz, den ich nicht<lb/> wichtig genug darſtellen kann, im Auge:<lb/><hi rendition="#et">Seine Kraͤfte nicht alle mit einem Male auf gut<lb/> Gluͤck ins Spiel zu bringen,</hi><lb/> wobei man alle Mittel das Gefecht zu leiten aus den<lb/> Haͤnden giebt; ſeinen Gegner wo moͤglich zu ermuͤden mit<lb/> wenigen Kraͤften und ſich fuͤr den letzten entſcheidenden<lb/> Augenblick eine entſcheidende Maſſe zu konſerviren. Iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0240]
Gleichgewicht halten und iſt man nicht eilig, ſo hat
man Unrecht ſich mit Anwendung der uͤbrigen Kraͤfte
zu uͤbereilen: man ermuͤde den Feind mit dieſem
Gefechte ſo ſehr als moͤglich.
c) Bringt der Feind ſo viele Truppen ins Gefecht
daß unſere Feuerlinie weichen muß oder duͤrfen wir
nicht laͤnger zoͤgern, ſo ziehen wir eine volle Infan-
terielinie heran, die ſich auf 100 bis 200 Schritte
vom Feinde entwickelt und ſchießt oder auch auf ihn
eindringt wie es eben gehen will.
d) Dies iſt die Hauptbeſtimmung der Infanterie; hat
man ſich aber ſo tief aufgeſtellt daß man nun noch
eine Infanterielinie in Kolonnen zur Reſerve hat,
ſo iſt man auf dieſem Punkte ziemlich Herr des
Gefechtes. Dieſe zweite Infanterielinie muß man
wo moͤglich nur in Kolonnen zur Entſcheidung ge-
brauchen.
e) Die Kavallerie haͤlt bei dem Gefechte ſo nahe hin-
ter den fechtenden Truppen als es ohne großen
Verluſt geſchehen kann, naͤmlich außer dem Kar-
taͤtſch- und Musketenfeuer. Sie muß aber bei der
Hand ſein, damit man jeden Erfolg der ſich im Ge-
fecht zeigt ſchnell benutzen koͤnne.
4. Indem man dieſe Regeln mehr oder weniger ge-
nau befolgt, behaͤlt man folgenden Grundſatz, den ich nicht
wichtig genug darſtellen kann, im Auge:
Seine Kraͤfte nicht alle mit einem Male auf gut
Gluͤck ins Spiel zu bringen,
wobei man alle Mittel das Gefecht zu leiten aus den
Haͤnden giebt; ſeinen Gegner wo moͤglich zu ermuͤden mit
wenigen Kraͤften und ſich fuͤr den letzten entſcheidenden
Augenblick eine entſcheidende Maſſe zu konſerviren. Iſt
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