Feinde eingelassen hat, so wird sein Gefecht, gesetzt auch es würde geschlagen, doch für das Ganze nicht verloren gehen; der Feind wird seine Kraft an diesem einen Korps entwickeln und brechen und den übrigen eine vortheilhafte Gelegenheit zum Anfall geben.
Wie ein Korps dazu organisirt sein müsse, davon in der Folge.
Man wird also des Zusammenwirkens der Kräfte gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewisse Selbststän- digkeit hat und daß jedes den Feind aufsucht und mit aller Aufopferung angreift.
12. Einer der wichtigsten Grundsätze für den An- griffskrieg ist die Überraschung des Feindes. Je mehr der Angriff überfallsweise geschehen kann, um so mehr wird man glücklich sein. Die Überraschung welche der Verthei- diger durch die Verstecktheit seiner Maaßregeln, durch die verdeckte Aufstellung seiner Truppen hervorbringen kann, kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An- marsch gewinnen.
Diese Erscheinung ist aber in den neuern Kriegen sehr selten. Der Grund liegt theils in den bessern Sicherheits- anstalten die man jetzt hat, theils in der schnellen Führung des Krieges, so daß selten ein langer Stillstand in den Operationen eintritt welcher den Einen einschläferte und dem Andern Gelegenheit gäbe ihn plötzlich anzufallen.
Unter diesen Umständen kann man außer den eigent- lichen nächtlichen Überfällen (wie bei Hochkirch) die im- mer möglich bleiben, den Feind nur noch dadurch über- raschen daß man einen Marsch seitwärts oder rückwärts thut und dann plötzlich wieder gegen den Feind anrückt; ferner, wenn man entfernt steht, daß man durch eine ganz
Feinde eingelaſſen hat, ſo wird ſein Gefecht, geſetzt auch es wuͤrde geſchlagen, doch fuͤr das Ganze nicht verloren gehen; der Feind wird ſeine Kraft an dieſem einen Korps entwickeln und brechen und den uͤbrigen eine vortheilhafte Gelegenheit zum Anfall geben.
Wie ein Korps dazu organiſirt ſein muͤſſe, davon in der Folge.
Man wird alſo des Zuſammenwirkens der Kraͤfte gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewiſſe Selbſtſtaͤn- digkeit hat und daß jedes den Feind aufſucht und mit aller Aufopferung angreift.
12. Einer der wichtigſten Grundſaͤtze fuͤr den An- griffskrieg iſt die Überraſchung des Feindes. Je mehr der Angriff uͤberfallsweiſe geſchehen kann, um ſo mehr wird man gluͤcklich ſein. Die Überraſchung welche der Verthei- diger durch die Verſtecktheit ſeiner Maaßregeln, durch die verdeckte Aufſtellung ſeiner Truppen hervorbringen kann, kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An- marſch gewinnen.
Dieſe Erſcheinung iſt aber in den neuern Kriegen ſehr ſelten. Der Grund liegt theils in den beſſern Sicherheits- anſtalten die man jetzt hat, theils in der ſchnellen Fuͤhrung des Krieges, ſo daß ſelten ein langer Stillſtand in den Operationen eintritt welcher den Einen einſchlaͤferte und dem Andern Gelegenheit gaͤbe ihn ploͤtzlich anzufallen.
Unter dieſen Umſtaͤnden kann man außer den eigent- lichen naͤchtlichen Überfaͤllen (wie bei Hochkirch) die im- mer moͤglich bleiben, den Feind nur noch dadurch uͤber- raſchen daß man einen Marſch ſeitwaͤrts oder ruͤckwaͤrts thut und dann ploͤtzlich wieder gegen den Feind anruͤckt; ferner, wenn man entfernt ſteht, daß man durch eine ganz
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Feinde eingelaſſen hat, ſo wird ſein Gefecht, geſetzt auch
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gehen; der Feind wird ſeine Kraft an dieſem einen Korps
entwickeln und brechen und den uͤbrigen eine vortheilhafte
Gelegenheit zum Anfall geben.
Wie ein Korps dazu organiſirt ſein muͤſſe, davon in
der Folge.
Man wird alſo des Zuſammenwirkens der Kraͤfte
gewiß dadurch daß jedes Korps eine gewiſſe Selbſtſtaͤn-
digkeit hat und daß jedes den Feind aufſucht und mit
aller Aufopferung angreift.
12. Einer der wichtigſten Grundſaͤtze fuͤr den An-
griffskrieg iſt die Überraſchung des Feindes. Je mehr der
Angriff uͤberfallsweiſe geſchehen kann, um ſo mehr wird
man gluͤcklich ſein. Die Überraſchung welche der Verthei-
diger durch die Verſtecktheit ſeiner Maaßregeln, durch die
verdeckte Aufſtellung ſeiner Truppen hervorbringen kann,
kann der Angreifende nur durch den unvermutheten An-
marſch gewinnen.
Dieſe Erſcheinung iſt aber in den neuern Kriegen ſehr
ſelten. Der Grund liegt theils in den beſſern Sicherheits-
anſtalten die man jetzt hat, theils in der ſchnellen Fuͤhrung
des Krieges, ſo daß ſelten ein langer Stillſtand in den
Operationen eintritt welcher den Einen einſchlaͤferte und
dem Andern Gelegenheit gaͤbe ihn ploͤtzlich anzufallen.
Unter dieſen Umſtaͤnden kann man außer den eigent-
lichen naͤchtlichen Überfaͤllen (wie bei Hochkirch) die im-
mer moͤglich bleiben, den Feind nur noch dadurch uͤber-
raſchen daß man einen Marſch ſeitwaͤrts oder ruͤckwaͤrts
thut und dann ploͤtzlich wieder gegen den Feind anruͤckt;
ferner, wenn man entfernt ſteht, daß man durch eine ganz
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/237>, abgerufen am 23.11.2024.
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