nicht erreicht werden kann, nur von Außen zu erwarten ist. Diese Verbesserung von Außen kann nun keine an- dere sein als andere politische Verhältnisse; es entstehen entweder für den Vertheidiger neue Bündnisse oder alte, die gegen ihn gerichtet waren, zerfallen.
Dies ist also das Ziel des Vertheidigers, im Fall seine Schwäche ihm nicht erlaubt an irgend einen bedeu- tenden Rückstoß zu denken. So ist aber nicht jede Ver- theidigung nach dem Begriff welchen wir davon gegeben haben. Nach diesem ist sie die stärkere Form des Krieges, und kann also um dieser Stärke willen auch dann ange- wendet werden, wenn es auf einen mehr oder weniger starken Rückschlag abgesehen ist.
Diese beiden Fälle muß man von vorn herein tren- nen, weil sie Einfluß auf die Vertheidigung haben.
Im ersten Fall sucht der Vertheidiger sein Land so lange wie möglich zu besitzen und intakt zu erhalten, weil er dabei die meiste Zeit gewinnt und Zeit gewinnen der einzige Weg zum Ziel ist. Das positive Ziel was er meist erreichen kann, was ihm Gelegenheit geben soll seine Absicht beim Frieden durchzusetzen, kann er noch nicht in seinen Kriegsplan aufnehmen. In dieser strategischen Pas- sivität sind die Vortheile welche er auf einzelnen Punkten erhalten kann bloße abgewehrte Streiche, das Übergewicht welches er auf diesen Punkten gewinnt führt er auf andere Punkte über, denn gewöhnlich ist da Noth an allen Ecken und Orten; hat er dazu keine Gelegenheit, so bleibt ihm oft nur der kleine Gewinn übrig daß der Feind ihm eine Zeitlang Ruhe lassen wird.
Kleine Offensivunternehmungen wobei es weniger auf einen bleibenden Besitz als auf einen einstweiligen Vortheil als Spielraum für spätere Einbuße abgesehn ist, Inva-
nicht erreicht werden kann, nur von Außen zu erwarten iſt. Dieſe Verbeſſerung von Außen kann nun keine an- dere ſein als andere politiſche Verhaͤltniſſe; es entſtehen entweder fuͤr den Vertheidiger neue Buͤndniſſe oder alte, die gegen ihn gerichtet waren, zerfallen.
Dies iſt alſo das Ziel des Vertheidigers, im Fall ſeine Schwaͤche ihm nicht erlaubt an irgend einen bedeu- tenden Ruͤckſtoß zu denken. So iſt aber nicht jede Ver- theidigung nach dem Begriff welchen wir davon gegeben haben. Nach dieſem iſt ſie die ſtaͤrkere Form des Krieges, und kann alſo um dieſer Staͤrke willen auch dann ange- wendet werden, wenn es auf einen mehr oder weniger ſtarken Ruͤckſchlag abgeſehen iſt.
Dieſe beiden Faͤlle muß man von vorn herein tren- nen, weil ſie Einfluß auf die Vertheidigung haben.
Im erſten Fall ſucht der Vertheidiger ſein Land ſo lange wie moͤglich zu beſitzen und intakt zu erhalten, weil er dabei die meiſte Zeit gewinnt und Zeit gewinnen der einzige Weg zum Ziel iſt. Das poſitive Ziel was er meiſt erreichen kann, was ihm Gelegenheit geben ſoll ſeine Abſicht beim Frieden durchzuſetzen, kann er noch nicht in ſeinen Kriegsplan aufnehmen. In dieſer ſtrategiſchen Paſ- ſivitaͤt ſind die Vortheile welche er auf einzelnen Punkten erhalten kann bloße abgewehrte Streiche, das Übergewicht welches er auf dieſen Punkten gewinnt fuͤhrt er auf andere Punkte uͤber, denn gewoͤhnlich iſt da Noth an allen Ecken und Orten; hat er dazu keine Gelegenheit, ſo bleibt ihm oft nur der kleine Gewinn uͤbrig daß der Feind ihm eine Zeitlang Ruhe laſſen wird.
Kleine Offenſivunternehmungen wobei es weniger auf einen bleibenden Beſitz als auf einen einſtweiligen Vortheil als Spielraum fuͤr ſpaͤtere Einbuße abgeſehn iſt, Inva-
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nicht erreicht werden kann, nur von Außen zu erwarten
iſt. Dieſe Verbeſſerung von Außen kann nun keine an-
dere ſein als andere politiſche Verhaͤltniſſe; es entſtehen
entweder fuͤr den Vertheidiger neue Buͤndniſſe oder alte,
die gegen ihn gerichtet waren, zerfallen.
Dies iſt alſo das Ziel des Vertheidigers, im Fall
ſeine Schwaͤche ihm nicht erlaubt an irgend einen bedeu-
tenden Ruͤckſtoß zu denken. So iſt aber nicht jede Ver-
theidigung nach dem Begriff welchen wir davon gegeben
haben. Nach dieſem iſt ſie die ſtaͤrkere Form des Krieges,
und kann alſo um dieſer Staͤrke willen auch dann ange-
wendet werden, wenn es auf einen mehr oder weniger
ſtarken Ruͤckſchlag abgeſehen iſt.
Dieſe beiden Faͤlle muß man von vorn herein tren-
nen, weil ſie Einfluß auf die Vertheidigung haben.
Im erſten Fall ſucht der Vertheidiger ſein Land ſo
lange wie moͤglich zu beſitzen und intakt zu erhalten, weil
er dabei die meiſte Zeit gewinnt und Zeit gewinnen der
einzige Weg zum Ziel iſt. Das poſitive Ziel was er
meiſt erreichen kann, was ihm Gelegenheit geben ſoll ſeine
Abſicht beim Frieden durchzuſetzen, kann er noch nicht in
ſeinen Kriegsplan aufnehmen. In dieſer ſtrategiſchen Paſ-
ſivitaͤt ſind die Vortheile welche er auf einzelnen Punkten
erhalten kann bloße abgewehrte Streiche, das Übergewicht
welches er auf dieſen Punkten gewinnt fuͤhrt er auf andere
Punkte uͤber, denn gewoͤhnlich iſt da Noth an allen Ecken
und Orten; hat er dazu keine Gelegenheit, ſo bleibt ihm
oft nur der kleine Gewinn uͤbrig daß der Feind ihm eine
Zeitlang Ruhe laſſen wird.
Kleine Offenſivunternehmungen wobei es weniger auf
einen bleibenden Beſitz als auf einen einſtweiligen Vortheil
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/170>, abgerufen am 26.11.2024.
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