Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Christ, Johann Ludwig: Vollständige Pomologie. Bd. 1. Das Kernobst. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Calvillen.
daher sie auch häufig Himbeerenäpfel, Erdbeer-
äpfel *) genennet werden. Sie haben das besondere,
daß sie allermeist mit einem Duft oder Puder auf dem
Baum belegt sind, (obschon auch manche andere Aepfel-
sorten solchen Duft auf sich bekommen, die gar keine
Verwandschaft mit den Calvillen haben.) Ihr Fleisch
ist gewöhnlich fein, locker und weich.

Allein es kann dergleichen für sich nicht zu charakte-
ristischen Kennzeichen vestgesetzt werden, weil auch viele
andere Aepfelsorten dergleichen Eigenschaften mit ihnen
gemein haben; sondern wir müssen und können haupt-
sächlich bey ihrer Form bleiben: ihren eigenthüm-
lichen Parfüm vorausgesetzt, der zugleich entscheiden
muß, ob sie gute oder schlechte Calvillen oder gute oder
schlechte Halbcalvillen sind. Er muß ferner entscheiden,
wann öfters auf einem und demselben Baum die For-
men sehr verschieden und nicht selten ganz unkenntlich sind.

Die Bäume der Calvillen machen allermeist kein
großes Gewächs, sind auf den Frost vor andern em-
pfindlich und bekommen leichter den Brand, dem man
besonders dadurch vorbeugen kann, wenn man einen Ast
von einer stärker wachsenden Aepfelsorte, etwa von einer
guten Renette u. dergl. aufpfropft. -- Zu Zwergbäu-

*) Wir Deutsche hätten wohl bey der Benennung Erdbeeräpfel
für dieses Geschlecht bleiben können. Weil aber das französische
Wort Calvil eine Mütze mit Ecken bedeutet, und also solches
die Aepfel dieser Classe nach ihrer äußerlichen, und sogleich in
die Augen fallenden Gestalt bezeichnet, so ist das Wort Cal-
villen geläufiger und schon naturalisirt.

Calvillen.
daher ſie auch häufig Himbeerenäpfel, Erdbeer-
äpfel *) genennet werden. Sie haben das beſondere,
daß ſie allermeiſt mit einem Duft oder Puder auf dem
Baum belegt ſind, (obſchon auch manche andere Aepfel-
ſorten ſolchen Duft auf ſich bekommen, die gar keine
Verwandſchaft mit den Calvillen haben.) Ihr Fleiſch
iſt gewöhnlich fein, locker und weich.

Allein es kann dergleichen für ſich nicht zu charakte-
riſtiſchen Kennzeichen veſtgeſetzt werden, weil auch viele
andere Aepfelſorten dergleichen Eigenſchaften mit ihnen
gemein haben; ſondern wir müſſen und können haupt-
ſächlich bey ihrer Form bleiben: ihren eigenthüm-
lichen Parfüm vorausgeſetzt, der zugleich entſcheiden
muß, ob ſie gute oder ſchlechte Calvillen oder gute oder
ſchlechte Halbcalvillen ſind. Er muß ferner entſcheiden,
wann öfters auf einem und demſelben Baum die For-
men ſehr verſchieden und nicht ſelten ganz unkenntlich ſind.

Die Bäume der Calvillen machen allermeiſt kein
großes Gewächs, ſind auf den Froſt vor andern em-
pfindlich und bekommen leichter den Brand, dem man
beſonders dadurch vorbeugen kann, wenn man einen Aſt
von einer ſtärker wachſenden Aepfelſorte, etwa von einer
guten Renette u. dergl. aufpfropft. — Zu Zwergbäu-

*) Wir Deutſche hätten wohl bey der Benennung Erdbeeräpfel
für dieſes Geſchlecht bleiben können. Weil aber das franzöſiſche
Wort Calvil eine Mütze mit Ecken bedeutet, und alſo ſolches
die Aepfel dieſer Claſſe nach ihrer äußerlichen, und ſogleich in
die Augen fallenden Geſtalt bezeichnet, ſo iſt das Wort Cal-
villen geläufiger und ſchon naturaliſirt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0055" n="7"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Calvillen</hi>.</fw><lb/>
daher &#x017F;ie auch häufig <hi rendition="#g">Himbeerenäpfel</hi>, <hi rendition="#g">Erdbeer</hi>-<lb/><hi rendition="#g">äpfel</hi> <note place="foot" n="*)">Wir Deut&#x017F;che hätten wohl bey der Benennung <hi rendition="#g">Erdbeeräpfel</hi><lb/>
für die&#x017F;es Ge&#x017F;chlecht bleiben können. Weil aber das franzö&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Wort <hi rendition="#g">Calvil</hi> eine Mütze mit Ecken bedeutet, und al&#x017F;o &#x017F;olches<lb/>
die Aepfel die&#x017F;er Cla&#x017F;&#x017F;e nach ihrer äußerlichen, und &#x017F;ogleich in<lb/>
die Augen fallenden Ge&#x017F;talt bezeichnet, &#x017F;o i&#x017F;t das Wort <hi rendition="#g">Cal</hi>-<lb/><hi rendition="#g">villen</hi> geläufiger und &#x017F;chon naturali&#x017F;irt.</note> genennet werden. Sie haben das be&#x017F;ondere,<lb/>
daß &#x017F;ie allermei&#x017F;t mit einem Duft oder Puder auf dem<lb/>
Baum belegt &#x017F;ind, (ob&#x017F;chon auch manche andere Aepfel-<lb/>
&#x017F;orten &#x017F;olchen Duft auf &#x017F;ich bekommen, die gar keine<lb/>
Verwand&#x017F;chaft mit den Calvillen haben.) Ihr Flei&#x017F;ch<lb/>
i&#x017F;t gewöhnlich fein, locker und weich.</p><lb/>
          <p>Allein es kann dergleichen für &#x017F;ich nicht zu charakte-<lb/>
ri&#x017F;ti&#x017F;chen Kennzeichen ve&#x017F;tge&#x017F;etzt werden, weil auch viele<lb/>
andere Aepfel&#x017F;orten dergleichen Eigen&#x017F;chaften mit ihnen<lb/>
gemein haben; &#x017F;ondern wir mü&#x017F;&#x017F;en und können haupt-<lb/>
&#x017F;ächlich bey ihrer Form bleiben: ihren <hi rendition="#g">eigenthüm</hi>-<lb/><hi rendition="#g">lichen</hi> Parfüm vorausge&#x017F;etzt, der zugleich ent&#x017F;cheiden<lb/>
muß, ob &#x017F;ie gute oder &#x017F;chlechte Calvillen oder gute oder<lb/>
&#x017F;chlechte Halbcalvillen &#x017F;ind. Er muß ferner ent&#x017F;cheiden,<lb/>
wann öfters auf einem und dem&#x017F;elben Baum die For-<lb/>
men &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden und nicht &#x017F;elten ganz unkenntlich &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Bäume</hi> der Calvillen machen allermei&#x017F;t kein<lb/>
großes Gewächs, &#x017F;ind auf den Fro&#x017F;t vor andern em-<lb/>
pfindlich und bekommen leichter den Brand, dem man<lb/>
be&#x017F;onders dadurch vorbeugen kann, wenn man einen A&#x017F;t<lb/>
von einer &#x017F;tärker wach&#x017F;enden Aepfel&#x017F;orte, etwa von einer<lb/>
guten Renette u. dergl. aufpfropft. &#x2014; Zu Zwergbäu-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0055] Calvillen. daher ſie auch häufig Himbeerenäpfel, Erdbeer- äpfel *) genennet werden. Sie haben das beſondere, daß ſie allermeiſt mit einem Duft oder Puder auf dem Baum belegt ſind, (obſchon auch manche andere Aepfel- ſorten ſolchen Duft auf ſich bekommen, die gar keine Verwandſchaft mit den Calvillen haben.) Ihr Fleiſch iſt gewöhnlich fein, locker und weich. Allein es kann dergleichen für ſich nicht zu charakte- riſtiſchen Kennzeichen veſtgeſetzt werden, weil auch viele andere Aepfelſorten dergleichen Eigenſchaften mit ihnen gemein haben; ſondern wir müſſen und können haupt- ſächlich bey ihrer Form bleiben: ihren eigenthüm- lichen Parfüm vorausgeſetzt, der zugleich entſcheiden muß, ob ſie gute oder ſchlechte Calvillen oder gute oder ſchlechte Halbcalvillen ſind. Er muß ferner entſcheiden, wann öfters auf einem und demſelben Baum die For- men ſehr verſchieden und nicht ſelten ganz unkenntlich ſind. Die Bäume der Calvillen machen allermeiſt kein großes Gewächs, ſind auf den Froſt vor andern em- pfindlich und bekommen leichter den Brand, dem man beſonders dadurch vorbeugen kann, wenn man einen Aſt von einer ſtärker wachſenden Aepfelſorte, etwa von einer guten Renette u. dergl. aufpfropft. — Zu Zwergbäu- *) Wir Deutſche hätten wohl bey der Benennung Erdbeeräpfel für dieſes Geſchlecht bleiben können. Weil aber das franzöſiſche Wort Calvil eine Mütze mit Ecken bedeutet, und alſo ſolches die Aepfel dieſer Claſſe nach ihrer äußerlichen, und ſogleich in die Augen fallenden Geſtalt bezeichnet, ſo iſt das Wort Cal- villen geläufiger und ſchon naturaliſirt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/christ_pomologie01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/christ_pomologie01_1809/55
Zitationshilfe: Christ, Johann Ludwig: Vollständige Pomologie. Bd. 1. Das Kernobst. Berlin, 1809, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/christ_pomologie01_1809/55>, abgerufen am 21.05.2024.