sondern Wesens, wornach sich eine unzehlige Menge anderer Menschen richten können: und ein solches Wesen verliehret sich wieder, wenn der Mensch den Willen, seine Profeßion zu trei- ben, ablegt. Also ist z. E. kein Schmid in der Stadt, wenn niemand in der Stadt dieses Handwerck treibt, oder treiben will, wenn gleich tausend Personen in der Stadt wären, die dassel- be verstünden. Ein verborgener beständiger Wil- le aber, der keine äusserliche Folgen hat, wie manche in ihrer Stube versauren, hat keinen Ein- fluß in die Geschichte (§. 1.).
§. 4. Moralische Wesen werden erklätet.
Wenn Menschen einen beständigen Willen haben, (nehmlich sowohl eintzelne Menschen als mehrere,) und zwar der bekannt ist, so daß sich andere darnach richten können, so heisset dieses ein moralisches Wesen. Dergleichen ist ein Lehrer, andere wissens und erkennen ihn davor, und richten sich darnach; besonders die lernen wollen. Ein Fabricant verfertiget immer ei- nerley Waare, und man kan sich auf die Fortse- tzung seiner Arbeit verlassen. Ein Gastwirth hat den Willen beständig, Gäste und Fremde aufzunehmen, und sie zu bedienen: er machts bekannt, und jeder richtet sich darnach. Ein Lehrstuhl, eine Fabrique, ein Gasthof sind also moralische Wesen, die eigentlich in dem Wil- len der Menschen bestehen, ohngeachtet sie mit cörperlichen Dingen verknüpft sind. So ist auch
ein
v. d. Begebenheiten der moral. Dinge.
ſondern Weſens, wornach ſich eine unzehlige Menge anderer Menſchen richten koͤnnen: und ein ſolches Weſen verliehret ſich wieder, wenn der Menſch den Willen, ſeine Profeßion zu trei- ben, ablegt. Alſo iſt z. E. kein Schmid in der Stadt, wenn niemand in der Stadt dieſes Handwerck treibt, oder treiben will, wenn gleich tauſend Perſonen in der Stadt waͤren, die daſſel- be verſtuͤnden. Ein verborgener beſtaͤndiger Wil- le aber, der keine aͤuſſerliche Folgen hat, wie manche in ihrer Stube verſauren, hat keinen Ein- fluß in die Geſchichte (§. 1.).
§. 4. Moraliſche Weſen werden erklaͤtet.
Wenn Menſchen einen beſtaͤndigen Willen haben, (nehmlich ſowohl eintzelne Menſchen als mehrere,) und zwar der bekannt iſt, ſo daß ſich andere darnach richten koͤnnen, ſo heiſſet dieſes ein moraliſches Weſen. Dergleichen iſt ein Lehrer, andere wiſſens und erkennen ihn davor, und richten ſich darnach; beſonders die lernen wollen. Ein Fabricant verfertiget immer ei- nerley Waare, und man kan ſich auf die Fortſe- tzung ſeiner Arbeit verlaſſen. Ein Gaſtwirth hat den Willen beſtaͤndig, Gaͤſte und Fremde aufzunehmen, und ſie zu bedienen: er machts bekannt, und jeder richtet ſich darnach. Ein Lehrſtuhl, eine Fabrique, ein Gaſthof ſind alſo moraliſche Weſen, die eigentlich in dem Wil- len der Menſchen beſtehen, ohngeachtet ſie mit coͤrperlichen Dingen verknuͤpft ſind. So iſt auch
ein
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v. d. Begebenheiten der moral. Dinge.
ſondern Weſens, wornach ſich eine unzehlige
Menge anderer Menſchen richten koͤnnen: und
ein ſolches Weſen verliehret ſich wieder, wenn
der Menſch den Willen, ſeine Profeßion zu trei-
ben, ablegt. Alſo iſt z. E. kein Schmid in
der Stadt, wenn niemand in der Stadt dieſes
Handwerck treibt, oder treiben will, wenn gleich
tauſend Perſonen in der Stadt waͤren, die daſſel-
be verſtuͤnden. Ein verborgener beſtaͤndiger Wil-
le aber, der keine aͤuſſerliche Folgen hat, wie
manche in ihrer Stube verſauren, hat keinen Ein-
fluß in die Geſchichte (§. 1.).
§. 4.
Moraliſche Weſen werden erklaͤtet.
Wenn Menſchen einen beſtaͤndigen Willen
haben, (nehmlich ſowohl eintzelne Menſchen als
mehrere,) und zwar der bekannt iſt, ſo daß ſich
andere darnach richten koͤnnen, ſo heiſſet dieſes
ein moraliſches Weſen. Dergleichen iſt ein
Lehrer, andere wiſſens und erkennen ihn davor,
und richten ſich darnach; beſonders die lernen
wollen. Ein Fabricant verfertiget immer ei-
nerley Waare, und man kan ſich auf die Fortſe-
tzung ſeiner Arbeit verlaſſen. Ein Gaſtwirth
hat den Willen beſtaͤndig, Gaͤſte und Fremde
aufzunehmen, und ſie zu bedienen: er machts
bekannt, und jeder richtet ſich darnach. Ein
Lehrſtuhl, eine Fabrique, ein Gaſthof ſind
alſo moraliſche Weſen, die eigentlich in dem Wil-
len der Menſchen beſtehen, ohngeachtet ſie mit
coͤrperlichen Dingen verknuͤpft ſind. So iſt auch
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/97>, abgerufen am 16.07.2024.
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