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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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von der histor. Erkentniß überhaupt.
Erkentniß angenommen; weil sie nehmlich den
grösten Theil derselben ausmachet. Es ist aber
bekant, daß unsere Eintheilungen der Sachen und
unserer Erkentniß, die wir im gemeinen Leben
brauchen, nicht allemahl geschicklich abgefasset sind.
Wir folgen allda der Regel: a potiori fit deno-
minatio.
Und dieses trifft bey dem Begriff der
historischen Erkentniß ein. Denn ohngeachtet die
Erkentniß des Zukünfftigen gegen die Erkentniß
des Vergangenen sehr enge und kurtz gesasset ist;
so haben wir doch mancherley Einsicht ins Zukünff-
tige, nicht allein durch die Offenbarung, sondern
auch in der Astronomie und in bürgerlichen Ge-
schäfften. Die Artzneykunst hanget von dieser
Erkentniß so starck ab, daß der Artzt nicht weni-
ger seine Aufmercksamkeit aufs Künfftige, als
auf den gegenwärtigen Zustand des Patienten zu
richten hat. Und daher muß in der Vernunfft-
lehre der Geschichte, dieser Begriff allerdings so
weitläufftig gefasset werden, daß er das Zukünff-
tige unter sich begreiffet.

§. 27.
Zusammenhang der Willensmeinungen und
der Historie.

Wenn wir etwas wollen, so betrifft es alle-
mahl etwas zukünfftiges: wir stellen uns nehmlich
mancherley mögliche Dinge vor, welche künfftig
zur Wircklichkeit gelangen können: was uns nun
darunter am besten gefällt, dabey bleiben wir ste-
hen, und dasselbe wollen wir. Die Erkentniß
demnach, woraus unser Wollen entstehet, ge-

höret

von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt.
Erkentniß angenommen; weil ſie nehmlich den
groͤſten Theil derſelben ausmachet. Es iſt aber
bekant, daß unſere Eintheilungen der Sachen und
unſerer Erkentniß, die wir im gemeinen Leben
brauchen, nicht allemahl geſchicklich abgefaſſet ſind.
Wir folgen allda der Regel: a potiori fit deno-
minatio.
Und dieſes trifft bey dem Begriff der
hiſtoriſchen Erkentniß ein. Denn ohngeachtet die
Erkentniß des Zukuͤnfftigen gegen die Erkentniß
des Vergangenen ſehr enge und kurtz geſaſſet iſt;
ſo haben wir doch mancherley Einſicht ins Zukuͤnff-
tige, nicht allein durch die Offenbarung, ſondern
auch in der Aſtronomie und in buͤrgerlichen Ge-
ſchaͤfften. Die Artzneykunſt hanget von dieſer
Erkentniß ſo ſtarck ab, daß der Artzt nicht weni-
ger ſeine Aufmerckſamkeit aufs Kuͤnfftige, als
auf den gegenwaͤrtigen Zuſtand des Patienten zu
richten hat. Und daher muß in der Vernunfft-
lehre der Geſchichte, dieſer Begriff allerdings ſo
weitlaͤufftig gefaſſet werden, daß er das Zukuͤnff-
tige unter ſich begreiffet.

§. 27.
Zuſammenhang der Willensmeinungen und
der Hiſtorie.

Wenn wir etwas wollen, ſo betrifft es alle-
mahl etwas zukuͤnfftiges: wir ſtellen uns nehmlich
mancherley moͤgliche Dinge vor, welche kuͤnfftig
zur Wircklichkeit gelangen koͤnnen: was uns nun
darunter am beſten gefaͤllt, dabey bleiben wir ſte-
hen, und daſſelbe wollen wir. Die Erkentniß
demnach, woraus unſer Wollen entſtehet, ge-

hoͤret
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[15/0051] von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt. Erkentniß angenommen; weil ſie nehmlich den groͤſten Theil derſelben ausmachet. Es iſt aber bekant, daß unſere Eintheilungen der Sachen und unſerer Erkentniß, die wir im gemeinen Leben brauchen, nicht allemahl geſchicklich abgefaſſet ſind. Wir folgen allda der Regel: a potiori fit deno- minatio. Und dieſes trifft bey dem Begriff der hiſtoriſchen Erkentniß ein. Denn ohngeachtet die Erkentniß des Zukuͤnfftigen gegen die Erkentniß des Vergangenen ſehr enge und kurtz geſaſſet iſt; ſo haben wir doch mancherley Einſicht ins Zukuͤnff- tige, nicht allein durch die Offenbarung, ſondern auch in der Aſtronomie und in buͤrgerlichen Ge- ſchaͤfften. Die Artzneykunſt hanget von dieſer Erkentniß ſo ſtarck ab, daß der Artzt nicht weni- ger ſeine Aufmerckſamkeit aufs Kuͤnfftige, als auf den gegenwaͤrtigen Zuſtand des Patienten zu richten hat. Und daher muß in der Vernunfft- lehre der Geſchichte, dieſer Begriff allerdings ſo weitlaͤufftig gefaſſet werden, daß er das Zukuͤnff- tige unter ſich begreiffet. §. 27. Zuſammenhang der Willensmeinungen und der Hiſtorie. Wenn wir etwas wollen, ſo betrifft es alle- mahl etwas zukuͤnfftiges: wir ſtellen uns nehmlich mancherley moͤgliche Dinge vor, welche kuͤnfftig zur Wircklichkeit gelangen koͤnnen: was uns nun darunter am beſten gefaͤllt, dabey bleiben wir ſte- hen, und daſſelbe wollen wir. Die Erkentniß demnach, woraus unſer Wollen entſtehet, ge- hoͤret

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/51>, abgerufen am 23.11.2024.