Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Gewißheit der Geschichte etc.
haben, weil die Geschäffte meistens schrifftlich tra-
ctirt werden. Eine untergeschobene Schrifft,
muß da entweder gleich Widerspruch finden, oder
sie müste adoptirt, und durch die Billigung, zu ei-
ner wahrhafften Schrifft gemacht werden.

§. 35.
Documente und Jnstrumente.

Weil die Schrifften bey Geschäfften am er-
sten zur Gewißheit gebracht werden können, so sind
daraus folgende Gewohnheiten entstanden. 1. Daß
man bey einem historischen Beweise (davon her-
nach gehandelt werden soll), zuförderst das auf-
sucht, was bey der Sache schrifftlich ist tractirt
worden, und solches als die Hauptstützen, der
Wahrheit ansiehet. Solche Schrifften, die Stü-
cke einer Geschichte gewesen sind, werden Docu-
mente
genennet: Dergleichen man bey allen Acten
in Menge anzutreffen pflegt. 2. Hat man schon
längst angefangen, bey wichtigen Geschäfften es
als ein Stück der Vollziehung anzusehen, daß
sogleich eine Historie der Geschichte aufgesetzt,
und von denen Partheyen und Jnteressenten vor
die wahre Erzehlung agnoscirt wird. Und solche
Schrifften werden Jnstrumenta genennet: Der-
gleichen bey Staatsgeschäfften, als der Kayserwahl,
Friedensschlüssen, Vermählungen, auch nicht min-
der, bey Privatgeschäfften, Kauffen, Jnven-
tarien, Schenckungen, Testamenten u. s. w. in
Menge gefertiget werden. Wie es nun hierunter
viele, ja die meisten giebt, daran gar nicht der ge-
ringste Zweifel vorhanden, daß sie untergeschoben

seyn
U 5

von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc.
haben, weil die Geſchaͤffte meiſtens ſchrifftlich tra-
ctirt werden. Eine untergeſchobene Schrifft,
muß da entweder gleich Widerſpruch finden, oder
ſie muͤſte adoptirt, und durch die Billigung, zu ei-
ner wahrhafften Schrifft gemacht werden.

§. 35.
Documente und Jnſtrumente.

Weil die Schrifften bey Geſchaͤfften am er-
ſten zur Gewißheit gebracht werden koͤnnen, ſo ſind
daraus folgende Gewohnheiten entſtanden. 1. Daß
man bey einem hiſtoriſchen Beweiſe (davon her-
nach gehandelt werden ſoll), zufoͤrderſt das auf-
ſucht, was bey der Sache ſchrifftlich iſt tractirt
worden, und ſolches als die Hauptſtuͤtzen, der
Wahrheit anſiehet. Solche Schrifften, die Stuͤ-
cke einer Geſchichte geweſen ſind, werden Docu-
mente
genennet: Dergleichen man bey allen Acten
in Menge anzutreffen pflegt. 2. Hat man ſchon
laͤngſt angefangen, bey wichtigen Geſchaͤfften es
als ein Stuͤck der Vollziehung anzuſehen, daß
ſogleich eine Hiſtorie der Geſchichte aufgeſetzt,
und von denen Partheyen und Jntereſſenten vor
die wahre Erzehlung agnoſcirt wird. Und ſolche
Schrifften werden Jnſtrumenta genennet: Der-
gleichen bey Staatsgeſchaͤfften, als der Kayſerwahl,
Friedensſchluͤſſen, Vermaͤhlungen, auch nicht min-
der, bey Privatgeſchaͤfften, Kauffen, Jnven-
tarien, Schenckungen, Teſtamenten u. ſ. w. in
Menge gefertiget werden. Wie es nun hierunter
viele, ja die meiſten giebt, daran gar nicht der ge-
ringſte Zweifel vorhanden, daß ſie untergeſchoben

ſeyn
U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="313"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der Gewißheit der Ge&#x017F;chichte &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
haben, weil die Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte mei&#x017F;tens &#x017F;chrifftlich tra-<lb/>
ctirt werden. Eine unterge&#x017F;chobene Schrifft,<lb/>
muß da entweder gleich Wider&#x017F;pruch finden, oder<lb/>
&#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;te adoptirt, und durch die Billigung, zu ei-<lb/>
ner wahrhafften Schrifft gemacht werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 35.<lb/>
Documente und Jn&#x017F;trumente.</head><lb/>
          <p>Weil die Schrifften bey Ge&#x017F;cha&#x0364;fften am er-<lb/>
&#x017F;ten zur Gewißheit gebracht werden ko&#x0364;nnen, &#x017F;o &#x017F;ind<lb/>
daraus folgende Gewohnheiten ent&#x017F;tanden. 1. Daß<lb/>
man bey einem hi&#x017F;tori&#x017F;chen <hi rendition="#fr">Bewei&#x017F;e</hi> (davon her-<lb/>
nach gehandelt werden &#x017F;oll), zufo&#x0364;rder&#x017F;t das auf-<lb/>
&#x017F;ucht, was bey der Sache &#x017F;chrifftlich i&#x017F;t tractirt<lb/>
worden, und &#x017F;olches als die Haupt&#x017F;tu&#x0364;tzen, der<lb/>
Wahrheit an&#x017F;iehet. Solche Schrifften, die Stu&#x0364;-<lb/>
cke einer Ge&#x017F;chichte gewe&#x017F;en &#x017F;ind, werden <hi rendition="#fr">Docu-<lb/>
mente</hi> genennet: Dergleichen man bey allen Acten<lb/>
in Menge anzutreffen pflegt. 2. Hat man &#x017F;chon<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t angefangen, bey wichtigen Ge&#x017F;cha&#x0364;fften es<lb/>
als ein Stu&#x0364;ck der <hi rendition="#fr">Vollziehung</hi> anzu&#x017F;ehen, daß<lb/>
&#x017F;ogleich eine <hi rendition="#fr">Hi&#x017F;torie</hi> der Ge&#x017F;chichte aufge&#x017F;etzt,<lb/>
und von denen Partheyen und Jntere&#x017F;&#x017F;enten vor<lb/>
die wahre Erzehlung agno&#x017F;cirt wird. Und &#x017F;olche<lb/>
Schrifften werden <hi rendition="#fr">Jn&#x017F;trumenta</hi> genennet: Der-<lb/>
gleichen bey Staatsge&#x017F;cha&#x0364;fften, als der Kay&#x017F;erwahl,<lb/>
Friedens&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Verma&#x0364;hlungen, auch nicht min-<lb/>
der, bey Privatge&#x017F;cha&#x0364;fften, Kauffen, Jnven-<lb/>
tarien, Schenckungen, Te&#x017F;tamenten u. &#x017F;. w. in<lb/>
Menge gefertiget werden. Wie es nun hierunter<lb/>
viele, ja die mei&#x017F;ten giebt, daran gar nicht der ge-<lb/>
ring&#x017F;te Zweifel vorhanden, daß &#x017F;ie unterge&#x017F;choben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0349] von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc. haben, weil die Geſchaͤffte meiſtens ſchrifftlich tra- ctirt werden. Eine untergeſchobene Schrifft, muß da entweder gleich Widerſpruch finden, oder ſie muͤſte adoptirt, und durch die Billigung, zu ei- ner wahrhafften Schrifft gemacht werden. §. 35. Documente und Jnſtrumente. Weil die Schrifften bey Geſchaͤfften am er- ſten zur Gewißheit gebracht werden koͤnnen, ſo ſind daraus folgende Gewohnheiten entſtanden. 1. Daß man bey einem hiſtoriſchen Beweiſe (davon her- nach gehandelt werden ſoll), zufoͤrderſt das auf- ſucht, was bey der Sache ſchrifftlich iſt tractirt worden, und ſolches als die Hauptſtuͤtzen, der Wahrheit anſiehet. Solche Schrifften, die Stuͤ- cke einer Geſchichte geweſen ſind, werden Docu- mente genennet: Dergleichen man bey allen Acten in Menge anzutreffen pflegt. 2. Hat man ſchon laͤngſt angefangen, bey wichtigen Geſchaͤfften es als ein Stuͤck der Vollziehung anzuſehen, daß ſogleich eine Hiſtorie der Geſchichte aufgeſetzt, und von denen Partheyen und Jntereſſenten vor die wahre Erzehlung agnoſcirt wird. Und ſolche Schrifften werden Jnſtrumenta genennet: Der- gleichen bey Staatsgeſchaͤfften, als der Kayſerwahl, Friedensſchluͤſſen, Vermaͤhlungen, auch nicht min- der, bey Privatgeſchaͤfften, Kauffen, Jnven- tarien, Schenckungen, Teſtamenten u. ſ. w. in Menge gefertiget werden. Wie es nun hierunter viele, ja die meiſten giebt, daran gar nicht der ge- ringſte Zweifel vorhanden, daß ſie untergeſchoben ſeyn U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/349
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/349>, abgerufen am 21.11.2024.