Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Es war nemlich die Frage: Ob ich lieber
diese Lehren von der historischen Erkenntniß
unmittelbar zum besondern Gebrauch der
Gottesgelahrheit einrichten wollte? oder aber
dieselbe so allgemein abfassen, daß sie in allen
Theilen der Gelahrheit, in historische Erkennt-
niß einen Einfluß hat, mit gleichem Nutzen
könnten gebraucht werden? Das erste zu
thun ermunterte mich meine Hauptabsicht,
welche allerdings auf die Erklärung und Ver-
theidigung der geoffenbarten Wahrheiten ge-
richtet ist. Ja ich habe auch auf Seiten
meiner Leser sicher vermuthen können, daß
gar vielen eine Abhandlung dieser Art, nem-
lich mit der beständigen unmittelbaren An-
wendung, auf Stellen der heiligen Schrift,
auf Glaubensartickel, auf polemische Wahr-
heiten, auf die Kirchengeschichte angenehmer
seyn dürfte, als eine gantz allgemeine Ab-
handlung. Jm Gegentheil zeigte mir die
allgemeine Abhandlung auch ihre Vortheile.
Einmahl theilet sich das gantze Reich aller
Wahrheiten in zwey große Theile; nemlich
der allgemeinen Wahrheiten, und der histo-
rischen
Wahrheiten. Jene sind mit den
schönsten Regeln in der Logick versehen: jeder
erlernet solche Regeln: man siehet sie als das

Leben

Vorrede.
Es war nemlich die Frage: Ob ich lieber
dieſe Lehren von der hiſtoriſchen Erkenntniß
unmittelbar zum beſondern Gebrauch der
Gottesgelahrheit einrichten wollte? oder aber
dieſelbe ſo allgemein abfaſſen, daß ſie in allen
Theilen der Gelahrheit, in hiſtoriſche Erkennt-
niß einen Einfluß hat, mit gleichem Nutzen
koͤnnten gebraucht werden? Das erſte zu
thun ermunterte mich meine Hauptabſicht,
welche allerdings auf die Erklaͤrung und Ver-
theidigung der geoffenbarten Wahrheiten ge-
richtet iſt. Ja ich habe auch auf Seiten
meiner Leſer ſicher vermuthen koͤnnen, daß
gar vielen eine Abhandlung dieſer Art, nem-
lich mit der beſtaͤndigen unmittelbaren An-
wendung, auf Stellen der heiligen Schrift,
auf Glaubensartickel, auf polemiſche Wahr-
heiten, auf die Kirchengeſchichte angenehmer
ſeyn duͤrfte, als eine gantz allgemeine Ab-
handlung. Jm Gegentheil zeigte mir die
allgemeine Abhandlung auch ihre Vortheile.
Einmahl theilet ſich das gantze Reich aller
Wahrheiten in zwey große Theile; nemlich
der allgemeinen Wahrheiten, und der hiſto-
riſchen
Wahrheiten. Jene ſind mit den
ſchoͤnſten Regeln in der Logick verſehen: jeder
erlernet ſolche Regeln: man ſiehet ſie als das

Leben
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Es war nemlich die Frage: Ob ich lieber<lb/>
die&#x017F;e Lehren von der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Erkenntniß<lb/>
unmittelbar zum be&#x017F;ondern Gebrauch der<lb/>
Gottesgelahrheit einrichten wollte? oder aber<lb/>
die&#x017F;elbe &#x017F;o allgemein abfa&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie in allen<lb/>
Theilen der Gelahrheit, in hi&#x017F;tori&#x017F;che Erkennt-<lb/>
niß einen Einfluß hat, mit gleichem Nutzen<lb/>
ko&#x0364;nnten gebraucht werden? Das er&#x017F;te zu<lb/>
thun ermunterte mich meine Hauptab&#x017F;icht,<lb/>
welche allerdings auf die Erkla&#x0364;rung und Ver-<lb/>
theidigung der geoffenbarten Wahrheiten ge-<lb/>
richtet i&#x017F;t. Ja ich habe auch auf Seiten<lb/>
meiner Le&#x017F;er &#x017F;icher vermuthen ko&#x0364;nnen, daß<lb/>
gar vielen eine Abhandlung die&#x017F;er Art, nem-<lb/>
lich mit der be&#x017F;ta&#x0364;ndigen unmittelbaren An-<lb/>
wendung, auf Stellen der heiligen Schrift,<lb/>
auf Glaubensartickel, auf polemi&#x017F;che Wahr-<lb/>
heiten, auf die Kirchenge&#x017F;chichte angenehmer<lb/>
&#x017F;eyn du&#x0364;rfte, als eine gantz allgemeine Ab-<lb/>
handlung. Jm Gegentheil zeigte mir die<lb/>
allgemeine Abhandlung auch ihre Vortheile.<lb/>
Einmahl theilet &#x017F;ich das gantze Reich aller<lb/>
Wahrheiten in zwey große Theile; nemlich<lb/>
der <hi rendition="#fr">allgemeinen</hi> Wahrheiten, und der <hi rendition="#fr">hi&#x017F;to-<lb/>
ri&#x017F;chen</hi> Wahrheiten. Jene &#x017F;ind mit den<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Regeln in der Logick ver&#x017F;ehen: jeder<lb/>
erlernet &#x017F;olche Regeln: man &#x017F;iehet &#x017F;ie als das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leben</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0031] Vorrede. Es war nemlich die Frage: Ob ich lieber dieſe Lehren von der hiſtoriſchen Erkenntniß unmittelbar zum beſondern Gebrauch der Gottesgelahrheit einrichten wollte? oder aber dieſelbe ſo allgemein abfaſſen, daß ſie in allen Theilen der Gelahrheit, in hiſtoriſche Erkennt- niß einen Einfluß hat, mit gleichem Nutzen koͤnnten gebraucht werden? Das erſte zu thun ermunterte mich meine Hauptabſicht, welche allerdings auf die Erklaͤrung und Ver- theidigung der geoffenbarten Wahrheiten ge- richtet iſt. Ja ich habe auch auf Seiten meiner Leſer ſicher vermuthen koͤnnen, daß gar vielen eine Abhandlung dieſer Art, nem- lich mit der beſtaͤndigen unmittelbaren An- wendung, auf Stellen der heiligen Schrift, auf Glaubensartickel, auf polemiſche Wahr- heiten, auf die Kirchengeſchichte angenehmer ſeyn duͤrfte, als eine gantz allgemeine Ab- handlung. Jm Gegentheil zeigte mir die allgemeine Abhandlung auch ihre Vortheile. Einmahl theilet ſich das gantze Reich aller Wahrheiten in zwey große Theile; nemlich der allgemeinen Wahrheiten, und der hiſto- riſchen Wahrheiten. Jene ſind mit den ſchoͤnſten Regeln in der Logick verſehen: jeder erlernet ſolche Regeln: man ſiehet ſie als das Leben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/31
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/31>, abgerufen am 03.05.2024.