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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Achtes Capitel,
nunfft Gehör gegeben wird, zu thun sich lange be-
sinnet; der aber bey der Hitze der Menschen, die
Zorn und Gewinnsucht blendet, gar zu bald ge-
than wird. Dieser Sprung ist fast allemahl
mehr vor einen Unglücksfall anzusehen, als vor
eine Begebenheit, die sich aus vernünfftigen Ur-
sachen herleiten liesse. Zum Anfange der Ge-
waltthätigkeiten können daher nicht wohl Worte
angenommen werden, sondern es muß selbst eine
Gewaltthätigkeit seyn. Wenigstens ist das eine
haupt- und wesentliche Veränderung des Geschäffts,
wenn es von Worten zur Thätlichkeit kommt, und
ist mehr ein neues Geschäffte (§. 28.). So lan-
ge als man nur mit Worten gegen einander strei-
tet, kan ein eintziger frölicher Gedancke, der den
Eigennutz mindert; ein glücklicher Gedancke,
der die streitige Sache in ein klares Licht setzet;
jeder Zufall, der eine von beyden Partheyen auf
was anders mehr ziehet, die Uneinigkeit aufhe-
ben: So daß sie so wenig Schaden nach sich zie-
het, als wenn man nie mit einander gestritten
hätte; aber die Thätlichkeit, hebt gleich alles
freundschafftliche Commercium auf, und der Re-
gressus
zum Streite bloß mit Worten, ist überaus
schwer zu finden: Sondern eine Verwirrung folgt
aus der andern, an statt der blossen Praetension,
wird nun auch Satisfaction gefordert: Wel-
ches viel schwerer als das erste, aus vernünfftigen
Gründen auszumachen ist. Nach diesem Princi-
pio,
daß der Anfang der Unruhen und Kriege in
einer Thätlichkeit zu suchen und zu setzen sey,
hat man beständig den Anfang des dreyßigjähri-

gen

Achtes Capitel,
nunfft Gehoͤr gegeben wird, zu thun ſich lange be-
ſinnet; der aber bey der Hitze der Menſchen, die
Zorn und Gewinnſucht blendet, gar zu bald ge-
than wird. Dieſer Sprung iſt faſt allemahl
mehr vor einen Ungluͤcksfall anzuſehen, als vor
eine Begebenheit, die ſich aus vernuͤnfftigen Ur-
ſachen herleiten lieſſe. Zum Anfange der Ge-
waltthaͤtigkeiten koͤnnen daher nicht wohl Worte
angenommen werden, ſondern es muß ſelbſt eine
Gewaltthaͤtigkeit ſeyn. Wenigſtens iſt das eine
haupt- und weſentliche Veraͤnderung des Geſchaͤffts,
wenn es von Worten zur Thaͤtlichkeit kommt, und
iſt mehr ein neues Geſchaͤffte (§. 28.). So lan-
ge als man nur mit Worten gegen einander ſtrei-
tet, kan ein eintziger froͤlicher Gedancke, der den
Eigennutz mindert; ein gluͤcklicher Gedancke,
der die ſtreitige Sache in ein klares Licht ſetzet;
jeder Zufall, der eine von beyden Partheyen auf
was anders mehr ziehet, die Uneinigkeit aufhe-
ben: So daß ſie ſo wenig Schaden nach ſich zie-
het, als wenn man nie mit einander geſtritten
haͤtte; aber die Thaͤtlichkeit, hebt gleich alles
freundſchafftliche Commercium auf, und der Re-
greſſus
zum Streite bloß mit Worten, iſt uͤberaus
ſchwer zu finden: Sondern eine Verwirrung folgt
aus der andern, an ſtatt der bloſſen Prætenſion,
wird nun auch Satisfaction gefordert: Wel-
ches viel ſchwerer als das erſte, aus vernuͤnfftigen
Gruͤnden auszumachen iſt. Nach dieſem Princi-
pio,
daß der Anfang der Unruhen und Kriege in
einer Thaͤtlichkeit zu ſuchen und zu ſetzen ſey,
hat man beſtaͤndig den Anfang des dreyßigjaͤhri-

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[246/0282] Achtes Capitel, nunfft Gehoͤr gegeben wird, zu thun ſich lange be- ſinnet; der aber bey der Hitze der Menſchen, die Zorn und Gewinnſucht blendet, gar zu bald ge- than wird. Dieſer Sprung iſt faſt allemahl mehr vor einen Ungluͤcksfall anzuſehen, als vor eine Begebenheit, die ſich aus vernuͤnfftigen Ur- ſachen herleiten lieſſe. Zum Anfange der Ge- waltthaͤtigkeiten koͤnnen daher nicht wohl Worte angenommen werden, ſondern es muß ſelbſt eine Gewaltthaͤtigkeit ſeyn. Wenigſtens iſt das eine haupt- und weſentliche Veraͤnderung des Geſchaͤffts, wenn es von Worten zur Thaͤtlichkeit kommt, und iſt mehr ein neues Geſchaͤffte (§. 28.). So lan- ge als man nur mit Worten gegen einander ſtrei- tet, kan ein eintziger froͤlicher Gedancke, der den Eigennutz mindert; ein gluͤcklicher Gedancke, der die ſtreitige Sache in ein klares Licht ſetzet; jeder Zufall, der eine von beyden Partheyen auf was anders mehr ziehet, die Uneinigkeit aufhe- ben: So daß ſie ſo wenig Schaden nach ſich zie- het, als wenn man nie mit einander geſtritten haͤtte; aber die Thaͤtlichkeit, hebt gleich alles freundſchafftliche Commercium auf, und der Re- greſſus zum Streite bloß mit Worten, iſt uͤberaus ſchwer zu finden: Sondern eine Verwirrung folgt aus der andern, an ſtatt der bloſſen Prætenſion, wird nun auch Satisfaction gefordert: Wel- ches viel ſchwerer als das erſte, aus vernuͤnfftigen Gruͤnden auszumachen iſt. Nach dieſem Princi- pio, daß der Anfang der Unruhen und Kriege in einer Thaͤtlichkeit zu ſuchen und zu ſetzen ſey, hat man beſtaͤndig den Anfang des dreyßigjaͤhri- gen

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/282>, abgerufen am 22.11.2024.