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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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f = 10,000,000,000,
fis = 9,438,704,312,
g = 8,908,908,718,
gis = 8,408,906,415,
a = 7,937,000,525,
b = 7,491,50[3],53[8],
h = 7,071,006,781,
c = 6,674,109,927,
cis = 6,299,600,524,
d = 5,946,003,557,
dis = 5,612,301,024,
e = 5,297,301,547,
f = 5,000,000,000.
2. Anm. Bey der practischen Ausübung des Stimmens ist es hinlänglich, wenn man jede Quinte
ein klein wenig, so daß es kaum bemerkbar ist, abwärts, und jede große Terz ein wenig auf-
wärts schwebend stimmt; wenn man dadurch auch nicht immer die gleichschwebende Temperatur
vollkommen erreicht, so wird man doch sich ihr so nähern, daß der Unterschied unbeträchtlich seyn
wird, und wenigstens allemahl eine bessere Stimmung erhalten, als wenn man irgend eine Quinte
oder Terz absichtlich reiner oder unreiner, als die andern stimmt. Das Gehör kann allenfalls
ohne Widerwillen eine abwärtsgehende Quintenschwebung vertragen, die etwas mehr, als d[e]s
pythagorischen Comma beträgt; Marpurg sieht ungefähr als die äußerste Gränze der leid-
lichen Quintenschwebungen an. Die von einigen gegen die gleichschwebende Temperatur gemachte
Einwendung, daß es fast unmöglich seyn möchte, sie practisch auszuüben, ist also von keiner Be-
deutung, indem die Erfahrung lehrt, daß es eben so schwer ist, ein Jntervall vollkommen
rein, als ein Jntervall gehörig temperirt zu hören und zu stimmen. Bey Jnstrumenten, wo die
Töne nicht nach Belieben können ausgehalten werden, wie z. B. bey dem Claviere, dem Fortepiane,
der Harfe, wird bey weitem nicht die Genauigkeit der Stimmung erforderlich seyn, als bey solchen,
wo die Töne länger fortdauern, wie z. B. bey der Harmonika, dem Clavicylinder, dem Euphon,
wie auch bey der Orgel, wo besonders bey lang ausgehaltenen Jntervallen oder Accorden jede
etwas beträchtliche Abweichung von der Reinigkeit weit auffallender ist, uud sich dem Gehöre durch
abgebrochene Stöße, die von dem seltnern Zusammentreffen der Schwingungen herrühren, zu er-
kennen giebt. Da ich die Schwierigkeiten einer sehr genauen Stimmung bey dem Bau eines
Euphons bisweilen zu großem Verdrusse durch die Erfahrung kennen gelernt habe, so könnte es
vielleicht für manchen, der ein Jnstrument, wo man die Töne nach Belieben aushalten kann, so
rein als möglich, stimmen will, von einigem Nutzen seyn, wenn ich hier noch einige Bemerkungen
[beyfüg]e. Wollte man sich eines gehörig abgetheilten Monochordes bedienen, so würde man doch
f = 10,000,000,000,
fis = 9,438,704,312,
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e = 5,297,301,547,
f = 5,000,000,000.
2. Anm. Bey der practiſchen Ausuͤbung des Stimmens iſt es hinlaͤnglich, wenn man jede Quinte
ein klein wenig, ſo daß es kaum bemerkbar iſt, abwaͤrts, und jede große Terz ein wenig auf-
waͤrts ſchwebend ſtimmt; wenn man dadurch auch nicht immer die gleichſchwebende Temperatur
vollkommen erreicht, ſo wird man doch ſich ihr ſo naͤhern, daß der Unterſchied unbetraͤchtlich ſeyn
wird, und wenigſtens allemahl eine beſſere Stimmung erhalten, als wenn man irgend eine Quinte
oder Terz abſichtlich reiner oder unreiner, als die andern ſtimmt. Das Gehoͤr kann allenfalls
ohne Widerwillen eine abwaͤrtsgehende Quintenſchwebung vertragen, die etwas mehr, als d[e]s
pythagoriſchen Comma betraͤgt; Marpurg ſieht ungefaͤhr als die aͤußerſte Graͤnze der leid-
lichen Quintenſchwebungen an. Die von einigen gegen die gleichſchwebende Temperatur gemachte
Einwendung, daß es faſt unmoͤglich ſeyn moͤchte, ſie practiſch auszuuͤben, iſt alſo von keiner Be-
deutung, indem die Erfahrung lehrt, daß es eben ſo ſchwer iſt, ein Jntervall vollkommen
rein, als ein Jntervall gehoͤrig temperirt zu hoͤren und zu ſtimmen. Bey Jnſtrumenten, wo die
Toͤne nicht nach Belieben koͤnnen ausgehalten werden, wie z. B. bey dem Claviere, dem Fortepiane,
der Harfe, wird bey weitem nicht die Genauigkeit der Stimmung erforderlich ſeyn, als bey ſolchen,
wo die Toͤne laͤnger fortdauern, wie z. B. bey der Harmonika, dem Clavicylinder, dem Euphon,
wie auch bey der Orgel, wo beſonders bey lang ausgehaltenen Jntervallen oder Accorden jede
etwas betraͤchtliche Abweichung von der Reinigkeit weit auffallender iſt, uud ſich dem Gehoͤre durch
abgebrochene Stoͤße, die von dem ſeltnern Zuſammentreffen der Schwingungen herruͤhren, zu er-
kennen giebt. Da ich die Schwierigkeiten einer ſehr genauen Stimmung bey dem Bau eines
Euphons bisweilen zu großem Verdruſſe durch die Erfahrung kennen gelernt habe, ſo koͤnnte es
vielleicht fuͤr manchen, der ein Jnſtrument, wo man die Toͤne nach Belieben aushalten kann, ſo
rein als moͤglich, ſtimmen will, von einigem Nutzen ſeyn, wenn ich hier noch einige Bemerkungen
[beyfuͤg]e. Wollte man ſich eines gehoͤrig abgetheilten Monochordes bedienen, ſo wuͤrde man doch
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[50/0084] f = 10,000,000,000, fis = 9,438,704,312, g = 8,908,908,718, gis = 8,408,906,415, a = 7,937,000,525, b = 7,491,503,538, h = 7,071,006,781, c = 6,674,109,927, cis = 6,299,600,524, d = 5,946,003,557, dis = 5,612,301,024, e = 5,297,301,547, f = 5,000,000,000. 2. Anm. Bey der practiſchen Ausuͤbung des Stimmens iſt es hinlaͤnglich, wenn man jede Quinte ein klein wenig, ſo daß es kaum bemerkbar iſt, abwaͤrts, und jede große Terz ein wenig auf- waͤrts ſchwebend ſtimmt; wenn man dadurch auch nicht immer die gleichſchwebende Temperatur vollkommen erreicht, ſo wird man doch ſich ihr ſo naͤhern, daß der Unterſchied unbetraͤchtlich ſeyn wird, und wenigſtens allemahl eine beſſere Stimmung erhalten, als wenn man irgend eine Quinte oder Terz abſichtlich reiner oder unreiner, als die andern ſtimmt. Das Gehoͤr kann allenfalls ohne Widerwillen eine abwaͤrtsgehende Quintenſchwebung vertragen, die etwas mehr, als [FORMEL] des pythagoriſchen Comma betraͤgt; Marpurg ſieht ungefaͤhr [FORMEL] als die aͤußerſte Graͤnze der leid- lichen Quintenſchwebungen an. Die von einigen gegen die gleichſchwebende Temperatur gemachte Einwendung, daß es faſt unmoͤglich ſeyn moͤchte, ſie practiſch auszuuͤben, iſt alſo von keiner Be- deutung, indem die Erfahrung lehrt, daß es eben ſo ſchwer iſt, ein Jntervall vollkommen rein, als ein Jntervall gehoͤrig temperirt zu hoͤren und zu ſtimmen. Bey Jnſtrumenten, wo die Toͤne nicht nach Belieben koͤnnen ausgehalten werden, wie z. B. bey dem Claviere, dem Fortepiane, der Harfe, wird bey weitem nicht die Genauigkeit der Stimmung erforderlich ſeyn, als bey ſolchen, wo die Toͤne laͤnger fortdauern, wie z. B. bey der Harmonika, dem Clavicylinder, dem Euphon, wie auch bey der Orgel, wo beſonders bey lang ausgehaltenen Jntervallen oder Accorden jede etwas betraͤchtliche Abweichung von der Reinigkeit weit auffallender iſt, uud ſich dem Gehoͤre durch abgebrochene Stoͤße, die von dem ſeltnern Zuſammentreffen der Schwingungen herruͤhren, zu er- kennen giebt. Da ich die Schwierigkeiten einer ſehr genauen Stimmung bey dem Bau eines Euphons bisweilen zu großem Verdruſſe durch die Erfahrung kennen gelernt habe, ſo koͤnnte es vielleicht fuͤr manchen, der ein Jnſtrument, wo man die Toͤne nach Belieben aushalten kann, ſo rein als moͤglich, ſtimmen will, von einigem Nutzen ſeyn, wenn ich hier noch einige Bemerkungen beyfuͤge. Wollte man ſich eines gehoͤrig abgetheilten Monochordes bedienen, ſo wuͤrde man doch

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/84>, abgerufen am 19.05.2024.