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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Theile beygefügt, z. B. an dem Hechte, dem Froschfische (lophius piscatorius) und einigen
andern (vielleicht an allen) noch einen dritten Gehörknochen in dem gemeinschaftlichen Schlauche,
und bey dem Hechte noch ein häntiges Röhrchen, welches gewissermaßen der Aufang eines
vierten häutigen Bogenganges ist.

Anm. Daß die Steine in den Säckchen vieles zur Verstärkung der Gehörempfindung beytragen
können, erläutert Camper durch Versuche, wo man vermittelst eines mehr oder weniger harten
Körpers, der in einer gallertartigen Substanz gehalten wird, die leichteste äußere Bewegung und
Erschütterung empfindet, wie z. B. in einem mit Hirschhorngallerte angefüllten Glase, wenn ein
Körper mit den Fingern hineingehalten, und dem Glase mit einem Finger der andern Hand ein
sehr schwacher Stoß gegeben wird. Eben so, wenn man einen harten Körper in eine kleine Blase
thut, macht die geringste Bewegung der Blase, daß der harte Körper schwanken muß, und dieses
verursacht eine sehr starke Empfindung an dem Finger, der die Blase hält.
255.

Unter den Amphibien haben manche ein den Knorpelfischen gleichartiges Gehör-
organ, bey andern ist der Bau des innern Ohres wie bey den Fischen beschaffen, sie haben
aber überdieses auch eine äußere Ohrhöle wie die Landthiere. Bey dem Wassersalaman-
der
besteht das Gehörorgan blos aus dem eyrunden Fenster, welches unter dem Gelenke des
Unterkiefers tief hinten am Schlunde befindlich, und mit einem knorpelichen Deckel bedeckt ist,
dem Vorhofe, worin das eine weiße kreidenartige Masse enthaltende Säckchen liegt, und den
häutigen Bogengängen, wie bey den Knorpelfischen. An Schlangen (coluber) ist die
Einrichtung ebendieselbe, nur mit dem Unterschiede, daß sie anstatt des knorpelichen Deckels
ein Gehörknöchelchen haben, dessen pilzförmige Basis das eyrunde Fenster verschließt, es ist
also wahrscheinlich, daß in den Schlangen das Gehörknöchelchen die Schallerschütterungen von
den benachbarten Theilen des Kopfes, besonders von der Stütze des Kiefers aufnimmt, und
den innern Gehörwerkzeugen mittheilt. Die Amerikanische Runzelschlange (caecilia)
macht den Uebergang zu den auf Füßen kriechenden Amphibien, sie hat nähmlich außer dem
eyrunden Fenster, dem im Vorhofe befindlichen Säckchen mit der kreidenartigen Masse und
den in Bläschen sich erweiternden häutigen Bogengängen auch ein tief unter den allgemeinen
Decken und einer zelligen und faserigen Substanz liegendes Trommelfell nebst einem mit diesem
verbundenen, und das eyrunde Fenster bedeckenden Gehörknöchelchen, wie auch eine Eustachi-
sche Röhre. An Schildkröten, Fröschen und Eidexen ist außer den innern Gehör-
werkzeugen, welche sie mit den Fischen gemein haben, auch ein Trommelfell, eine Trommel-

Theile beygefuͤgt, z. B. an dem Hechte, dem Froſchfiſche (lophius piscatorius) und einigen
andern (vielleicht an allen) noch einen dritten Gehoͤrknochen in dem gemeinſchaftlichen Schlauche,
und bey dem Hechte noch ein haͤntiges Roͤhrchen, welches gewiſſermaßen der Aufang eines
vierten haͤutigen Bogenganges iſt.

Anm. Daß die Steine in den Saͤckchen vieles zur Verſtaͤrkung der Gehoͤrempfindung beytragen
koͤnnen, erlaͤutert Camper durch Verſuche, wo man vermittelſt eines mehr oder weniger harten
Koͤrpers, der in einer gallertartigen Subſtanz gehalten wird, die leichteſte aͤußere Bewegung und
Erſchuͤtterung empfindet, wie z. B. in einem mit Hirſchhorngallerte angefuͤllten Glaſe, wenn ein
Koͤrper mit den Fingern hineingehalten, und dem Glaſe mit einem Finger der andern Hand ein
ſehr ſchwacher Stoß gegeben wird. Eben ſo, wenn man einen harten Koͤrper in eine kleine Blaſe
thut, macht die geringſte Bewegung der Blaſe, daß der harte Koͤrper ſchwanken muß, und dieſes
verurſacht eine ſehr ſtarke Empfindung an dem Finger, der die Blaſe haͤlt.
255.

Unter den Amphibien haben manche ein den Knorpelfiſchen gleichartiges Gehoͤr-
organ, bey andern iſt der Bau des innern Ohres wie bey den Fiſchen beſchaffen, ſie haben
aber uͤberdieſes auch eine aͤußere Ohrhoͤle wie die Landthiere. Bey dem Waſſerſalaman-
der
beſteht das Gehoͤrorgan blos aus dem eyrunden Fenſter, welches unter dem Gelenke des
Unterkiefers tief hinten am Schlunde befindlich, und mit einem knorpelichen Deckel bedeckt iſt,
dem Vorhofe, worin das eine weiße kreidenartige Maſſe enthaltende Saͤckchen liegt, und den
haͤutigen Bogengaͤngen, wie bey den Knorpelfiſchen. An Schlangen (coluber) iſt die
Einrichtung ebendieſelbe, nur mit dem Unterſchiede, daß ſie anſtatt des knorpelichen Deckels
ein Gehoͤrknoͤchelchen haben, deſſen pilzfoͤrmige Baſis das eyrunde Fenſter verſchließt, es iſt
alſo wahrſcheinlich, daß in den Schlangen das Gehoͤrknoͤchelchen die Schallerſchuͤtterungen von
den benachbarten Theilen des Kopfes, beſonders von der Stuͤtze des Kiefers aufnimmt, und
den innern Gehoͤrwerkzeugen mittheilt. Die Amerikaniſche Runzelſchlange (caecilia)
macht den Uebergang zu den auf Fuͤßen kriechenden Amphibien, ſie hat naͤhmlich außer dem
eyrunden Fenſter, dem im Vorhofe befindlichen Saͤckchen mit der kreidenartigen Maſſe und
den in Blaͤschen ſich erweiternden haͤutigen Bogengaͤngen auch ein tief unter den allgemeinen
Decken und einer zelligen und faſerigen Subſtanz liegendes Trommelfell nebſt einem mit dieſem
verbundenen, und das eyrunde Fenſter bedeckenden Gehoͤrknoͤchelchen, wie auch eine Euſtachi-
ſche Roͤhre. An Schildkroͤten, Froͤſchen und Eidexen iſt außer den innern Gehoͤr-
werkzeugen, welche ſie mit den Fiſchen gemein haben, auch ein Trommelfell, eine Trommel-

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[300/0334] Theile beygefuͤgt, z. B. an dem Hechte, dem Froſchfiſche (lophius piscatorius) und einigen andern (vielleicht an allen) noch einen dritten Gehoͤrknochen in dem gemeinſchaftlichen Schlauche, und bey dem Hechte noch ein haͤntiges Roͤhrchen, welches gewiſſermaßen der Aufang eines vierten haͤutigen Bogenganges iſt. Anm. Daß die Steine in den Saͤckchen vieles zur Verſtaͤrkung der Gehoͤrempfindung beytragen koͤnnen, erlaͤutert Camper durch Verſuche, wo man vermittelſt eines mehr oder weniger harten Koͤrpers, der in einer gallertartigen Subſtanz gehalten wird, die leichteſte aͤußere Bewegung und Erſchuͤtterung empfindet, wie z. B. in einem mit Hirſchhorngallerte angefuͤllten Glaſe, wenn ein Koͤrper mit den Fingern hineingehalten, und dem Glaſe mit einem Finger der andern Hand ein ſehr ſchwacher Stoß gegeben wird. Eben ſo, wenn man einen harten Koͤrper in eine kleine Blaſe thut, macht die geringſte Bewegung der Blaſe, daß der harte Koͤrper ſchwanken muß, und dieſes verurſacht eine ſehr ſtarke Empfindung an dem Finger, der die Blaſe haͤlt. 255. Unter den Amphibien haben manche ein den Knorpelfiſchen gleichartiges Gehoͤr- organ, bey andern iſt der Bau des innern Ohres wie bey den Fiſchen beſchaffen, ſie haben aber uͤberdieſes auch eine aͤußere Ohrhoͤle wie die Landthiere. Bey dem Waſſerſalaman- der beſteht das Gehoͤrorgan blos aus dem eyrunden Fenſter, welches unter dem Gelenke des Unterkiefers tief hinten am Schlunde befindlich, und mit einem knorpelichen Deckel bedeckt iſt, dem Vorhofe, worin das eine weiße kreidenartige Maſſe enthaltende Saͤckchen liegt, und den haͤutigen Bogengaͤngen, wie bey den Knorpelfiſchen. An Schlangen (coluber) iſt die Einrichtung ebendieſelbe, nur mit dem Unterſchiede, daß ſie anſtatt des knorpelichen Deckels ein Gehoͤrknoͤchelchen haben, deſſen pilzfoͤrmige Baſis das eyrunde Fenſter verſchließt, es iſt alſo wahrſcheinlich, daß in den Schlangen das Gehoͤrknoͤchelchen die Schallerſchuͤtterungen von den benachbarten Theilen des Kopfes, beſonders von der Stuͤtze des Kiefers aufnimmt, und den innern Gehoͤrwerkzeugen mittheilt. Die Amerikaniſche Runzelſchlange (caecilia) macht den Uebergang zu den auf Fuͤßen kriechenden Amphibien, ſie hat naͤhmlich außer dem eyrunden Fenſter, dem im Vorhofe befindlichen Saͤckchen mit der kreidenartigen Maſſe und den in Blaͤschen ſich erweiternden haͤutigen Bogengaͤngen auch ein tief unter den allgemeinen Decken und einer zelligen und faſerigen Subſtanz liegendes Trommelfell nebſt einem mit dieſem verbundenen, und das eyrunde Fenſter bedeckenden Gehoͤrknoͤchelchen, wie auch eine Euſtachi- ſche Roͤhre. An Schildkroͤten, Froͤſchen und Eidexen iſt außer den innern Gehoͤr- werkzeugen, welche ſie mit den Fiſchen gemein haben, auch ein Trommelfell, eine Trommel-

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/334>, abgerufen am 24.11.2024.