Einige Nachrichten zur Geschichte meiner akustischen Entdeckungen.
Da Verschiedene bey mündlicher Erzählung der Geschichte meiner Entdeckungen, manche auch bey dem Lesen dessen, was in Voigts Magazin für das neueste aus der Physik und Na- turgeschichte IX. B. 4. St. darüber gesagt ist, Jnteresse bezeigt haben, so trage ich kein Bedenken, hier auch einiges davon zu erwähnen, hauptsächlich um zu zeigen, daß alles schlechterdings keine Folge des Zufalles, sondern eines anhaltenden Strebens gewesen ist, wobey ich zwar während des größten Theils meines bisherigen Lebens alle Ursache hatte, mit meinem Schicksale, und besonders mit dem gänzlichen Widerspruche zwischen den äußern Verhältnissen und meinen Neigungen unzufrieden zu seyn, aber hernach doch gefunden habe, daß alles gut war, weil bey einem andern Gange des Schicksals manches, was für die Akustik und für praktische Anwendungen derselben auf Tonkunst nützlich seyn kann, wenigstens von mir nicht würde seyn entdeckt worden, und ich auch nachher manchen Beyfall und Vortheil und manches Angenehme würde haben entbehren müssen. Jndessen kann ich einem Andern nicht anrathen, den äußern Umständen so wenig nachzugeben, und eine angetretene Laufbahn, die zwar der Neigung nicht recht gemäß ist, aber gewisse Vortheile verspricht, zu verlassen, um ganz ungewissen Aussichten nachzustreben, weil ein Verfahren dieser Art in den meisten Fällen wohl nicht den gewünschten Erfolg haben möchte.
Mein Vater war Ernst Martin Chladni oder Chladenius *), Chursächfischer Hofrath und erster Professor der Rechte in Wittenberg, ein Mann, der wegen der Rechtschaffenheit,
*) Er hatte, so wie auch sein Vater, welcher Propst und Professor der Theologie in Wittenberg war, den Namen seiner Vorältern, die Prediger und Bergofficianten in Ungarn waren, nach
Einige Nachrichten zur Geſchichte meiner akuſtiſchen Entdeckungen.
Da Verſchiedene bey muͤndlicher Erzaͤhlung der Geſchichte meiner Entdeckungen, manche auch bey dem Leſen deſſen, was in Voigts Magazin fuͤr das neueſte aus der Phyſik und Na- turgeſchichte IX. B. 4. St. daruͤber geſagt iſt, Jntereſſe bezeigt haben, ſo trage ich kein Bedenken, hier auch einiges davon zu erwaͤhnen, hauptſaͤchlich um zu zeigen, daß alles ſchlechterdings keine Folge des Zufalles, ſondern eines anhaltenden Strebens geweſen iſt, wobey ich zwar waͤhrend des groͤßten Theils meines bisherigen Lebens alle Urſache hatte, mit meinem Schickſale, und beſonders mit dem gaͤnzlichen Widerſpruche zwiſchen den aͤußern Verhaͤltniſſen und meinen Neigungen unzufrieden zu ſeyn, aber hernach doch gefunden habe, daß alles gut war, weil bey einem andern Gange des Schickſals manches, was fuͤr die Akuſtik und fuͤr praktiſche Anwendungen derſelben auf Tonkunſt nuͤtzlich ſeyn kann, wenigſtens von mir nicht wuͤrde ſeyn entdeckt worden, und ich auch nachher manchen Beyfall und Vortheil und manches Angenehme wuͤrde haben entbehren muͤſſen. Jndeſſen kann ich einem Andern nicht anrathen, den aͤußern Umſtaͤnden ſo wenig nachzugeben, und eine angetretene Laufbahn, die zwar der Neigung nicht recht gemaͤß iſt, aber gewiſſe Vortheile verſpricht, zu verlaſſen, um ganz ungewiſſen Ausſichten nachzuſtreben, weil ein Verfahren dieſer Art in den meiſten Faͤllen wohl nicht den gewuͤnſchten Erfolg haben moͤchte.
Mein Vater war Ernſt Martin Chladni oder Chladenius *), Churſaͤchfiſcher Hofrath und erſter Profeſſor der Rechte in Wittenberg, ein Mann, der wegen der Rechtſchaffenheit,
*) Er hatte, ſo wie auch ſein Vater, welcher Propſt und Profeſſor der Theologie in Wittenberg war, den Namen ſeiner Voraͤltern, die Prediger und Bergofficianten in Ungarn waren, nach
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[[XIII]/0015]
Einige Nachrichten
zur Geſchichte meiner akuſtiſchen Entdeckungen.
Da Verſchiedene bey muͤndlicher Erzaͤhlung der Geſchichte meiner Entdeckungen, manche
auch bey dem Leſen deſſen, was in Voigts Magazin fuͤr das neueſte aus der Phyſik und Na-
turgeſchichte IX. B. 4. St. daruͤber geſagt iſt, Jntereſſe bezeigt haben, ſo trage ich kein
Bedenken, hier auch einiges davon zu erwaͤhnen, hauptſaͤchlich um zu zeigen, daß alles
ſchlechterdings keine Folge des Zufalles, ſondern eines anhaltenden Strebens geweſen iſt,
wobey ich zwar waͤhrend des groͤßten Theils meines bisherigen Lebens alle Urſache hatte, mit
meinem Schickſale, und beſonders mit dem gaͤnzlichen Widerſpruche zwiſchen den aͤußern
Verhaͤltniſſen und meinen Neigungen unzufrieden zu ſeyn, aber hernach doch gefunden habe,
daß alles gut war, weil bey einem andern Gange des Schickſals manches, was fuͤr die Akuſtik
und fuͤr praktiſche Anwendungen derſelben auf Tonkunſt nuͤtzlich ſeyn kann, wenigſtens von mir
nicht wuͤrde ſeyn entdeckt worden, und ich auch nachher manchen Beyfall und Vortheil und
manches Angenehme wuͤrde haben entbehren muͤſſen. Jndeſſen kann ich einem Andern nicht
anrathen, den aͤußern Umſtaͤnden ſo wenig nachzugeben, und eine angetretene Laufbahn, die
zwar der Neigung nicht recht gemaͤß iſt, aber gewiſſe Vortheile verſpricht, zu verlaſſen, um
ganz ungewiſſen Ausſichten nachzuſtreben, weil ein Verfahren dieſer Art in den meiſten Faͤllen
wohl nicht den gewuͤnſchten Erfolg haben moͤchte.
Mein Vater war Ernſt Martin Chladni oder Chladenius *), Churſaͤchfiſcher Hofrath
und erſter Profeſſor der Rechte in Wittenberg, ein Mann, der wegen der Rechtſchaffenheit,
*) Er hatte, ſo wie auch ſein Vater, welcher Propſt und Profeſſor der Theologie in Wittenberg
war, den Namen ſeiner Voraͤltern, die Prediger und Bergofficianten in Ungarn waren, nach
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. [XIII]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/15>, abgerufen am 16.07.2024.
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