Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

zierte mit dem mir abgejagten Raub und erneuerte unverschämt seinen Antrag:

Noch ist er für Sie zu haben, ein Federzug, und Sie retten damit die arme unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochgeehrten Herrn Grafen Arme -- wie gesagt, nur ein Federzug. -- Meine Thränen brachen mit erneuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg und winkte ihm, sich zu entfernen.

Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem Augenblick ein. Als mich die treue, fromme Seele weinend fand und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunderlichen, grauen Unbekannten sah, beschloß er gleich, sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz meines Eigenthums wieder herzustellen, und da er selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen verstand, griff er gleich den Mann mit Worten an, und ohne vieles Fragen gebot er ihm stracks, nur das Meine unverzüglich verabfolgen zu lassen. Dieser, statt aller Antwort, kehrte dem unschuldigen Burschen den Rücken und ging. Bendel aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug, und, ihm auf den Fersen folgend, ließ er ihn schonungslos, unter wiederholtem Befehl, den Schatten herzugeben, die volle Kraft seines nervigen Armes fühlen. Jener, als sei er solcher Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die Schultern und zog stillschweigend ruhigen Schrittes seinen Weg über die Haide weiter, mir meinen Schatten

zierte mit dem mir abgejagten Raub und erneuerte unverschämt seinen Antrag:

Noch ist er für Sie zu haben, ein Federzug, und Sie retten damit die arme unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochgeehrten Herrn Grafen Arme — wie gesagt, nur ein Federzug. — Meine Thränen brachen mit erneuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg und winkte ihm, sich zu entfernen.

Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem Augenblick ein. Als mich die treue, fromme Seele weinend fand und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunderlichen, grauen Unbekannten sah, beschloß er gleich, sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz meines Eigenthums wieder herzustellen, und da er selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen verstand, griff er gleich den Mann mit Worten an, und ohne vieles Fragen gebot er ihm stracks, nur das Meine unverzüglich verabfolgen zu lassen. Dieser, statt aller Antwort, kehrte dem unschuldigen Burschen den Rücken und ging. Bendel aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug, und, ihm auf den Fersen folgend, ließ er ihn schonungslos, unter wiederholtem Befehl, den Schatten herzugeben, die volle Kraft seines nervigen Armes fühlen. Jener, als sei er solcher Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die Schultern und zog stillschweigend ruhigen Schrittes seinen Weg über die Haide weiter, mir meinen Schatten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0059"/>
zierte mit dem mir abgejagten Raub und erneuerte unverschämt seinen                Antrag:</p><lb/>
        <p>Noch ist er für Sie zu haben, ein Federzug, und Sie retten damit die arme                unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochgeehrten Herrn Grafen Arme &#x2014; wie                gesagt, nur ein Federzug. &#x2014; Meine Thränen brachen mit erneuter Kraft hervor, aber ich                wandte mich weg und winkte ihm, sich zu entfernen.</p><lb/>
        <p>Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem                Augenblick ein. Als mich die treue, fromme Seele weinend fand und meinen Schatten,                denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunderlichen, grauen Unbekannten                sah, beschloß er gleich, sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz meines Eigenthums                wieder herzustellen, und da er selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen verstand,                griff er gleich den Mann mit Worten an, und ohne vieles Fragen gebot er ihm stracks,                nur das Meine unverzüglich verabfolgen zu lassen. Dieser, statt aller Antwort, kehrte                dem unschuldigen Burschen den Rücken und ging. Bendel aber erhob den                Kreuzdornknüttel, den er trug, und, ihm auf den Fersen folgend, ließ er ihn                schonungslos, unter wiederholtem Befehl, den Schatten herzugeben, die volle Kraft                seines nervigen Armes fühlen. Jener, als sei er solcher Behandlung gewohnt, bückte                den Kopf, wölbte die Schultern und zog stillschweigend ruhigen Schrittes seinen Weg                über die Haide weiter, mir meinen Schatten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0059] zierte mit dem mir abgejagten Raub und erneuerte unverschämt seinen Antrag: Noch ist er für Sie zu haben, ein Federzug, und Sie retten damit die arme unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochgeehrten Herrn Grafen Arme — wie gesagt, nur ein Federzug. — Meine Thränen brachen mit erneuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg und winkte ihm, sich zu entfernen. Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem Augenblick ein. Als mich die treue, fromme Seele weinend fand und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunderlichen, grauen Unbekannten sah, beschloß er gleich, sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz meines Eigenthums wieder herzustellen, und da er selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen verstand, griff er gleich den Mann mit Worten an, und ohne vieles Fragen gebot er ihm stracks, nur das Meine unverzüglich verabfolgen zu lassen. Dieser, statt aller Antwort, kehrte dem unschuldigen Burschen den Rücken und ging. Bendel aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug, und, ihm auf den Fersen folgend, ließ er ihn schonungslos, unter wiederholtem Befehl, den Schatten herzugeben, die volle Kraft seines nervigen Armes fühlen. Jener, als sei er solcher Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die Schultern und zog stillschweigend ruhigen Schrittes seinen Weg über die Haide weiter, mir meinen Schatten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:49:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:49:40Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/59
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/59>, abgerufen am 22.11.2024.