das Zutrauen seines gütigen Herrn betrogen, und Jenen nicht erkannt, nach dem er ausgeschickt war, und mit dem er mein trauriges Schicksal in enger Verflechtung denken mußte. Ich aber konn¬ te ihm keine Schuld geben, ich erkannte in dem Ereigniß die fabelhafte Natur des Unbekannten.
Nichts unversucht zu lassen, schickt' ich einst Bendel mit einem kostbaren brillantenen Ring zu dem berühmtesten Maler der Stadt, den ich, mich zu besuchen, einladen ließ. Er kam, ich entfernte meine Leute, verschloß die Thür, setzte mich zu dem Mann, und, nachdem ich seine Kunst gepriesen, kam ich mit schwerem Herzen zur Sa¬ che, ich ließ ihm zuvor das strengste Geheimniß geloben.
"Herr Professor," fuhr ich fort, "könnten Sie wohl einem Menschen, der auf die unglücklichste Weise von der Welt um seinen Schatten gekommen ist, einen falschen Schatten malen?" -- "Sie meinen einen Schlagschatten?" -- "den mein' ich allerdings." -- "Aber," frug er mich wei¬ ter, "durch welche Ungeschicklichkeit, durch welche Nachläßigkeit konnte er denn seinen Schlagschatten
das Zutrauen ſeines guͤtigen Herrn betrogen, und Jenen nicht erkannt, nach dem er ausgeſchickt war, und mit dem er mein trauriges Schickſal in enger Verflechtung denken mußte. Ich aber konn¬ te ihm keine Schuld geben, ich erkannte in dem Ereigniß die fabelhafte Natur des Unbekannten.
Nichts unverſucht zu laſſen, ſchickt' ich einſt Bendel mit einem koſtbaren brillantenen Ring zu dem beruͤhmteſten Maler der Stadt, den ich, mich zu beſuchen, einladen ließ. Er kam, ich entfernte meine Leute, verſchloß die Thuͤr, ſetzte mich zu dem Mann, und, nachdem ich ſeine Kunſt geprieſen, kam ich mit ſchwerem Herzen zur Sa¬ che, ich ließ ihm zuvor das ſtrengſte Geheimniß geloben.
“Herr Profeſſor,„ fuhr ich fort, “koͤnnten Sie wohl einem Menſchen, der auf die ungluͤcklichſte Weiſe von der Welt um ſeinen Schatten gekommen iſt, einen falſchen Schatten malen?„ — “Sie meinen einen Schlagſchatten?„ — “den mein’ ich allerdings.„ — “Aber,„ frug er mich wei¬ ter, “durch welche Ungeſchicklichkeit, durch welche Nachlaͤßigkeit konnte er denn ſeinen Schlagſchatten
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das Zutrauen ſeines guͤtigen Herrn betrogen, und
Jenen nicht erkannt, nach dem er ausgeſchickt
war, und mit dem er mein trauriges Schickſal in
enger Verflechtung denken mußte. Ich aber konn¬
te ihm keine Schuld geben, ich erkannte in dem
Ereigniß die fabelhafte Natur des Unbekannten.
Nichts unverſucht zu laſſen, ſchickt' ich einſt
Bendel mit einem koſtbaren brillantenen Ring
zu dem beruͤhmteſten Maler der Stadt, den ich,
mich zu beſuchen, einladen ließ. Er kam, ich
entfernte meine Leute, verſchloß die Thuͤr, ſetzte
mich zu dem Mann, und, nachdem ich ſeine Kunſt
geprieſen, kam ich mit ſchwerem Herzen zur Sa¬
che, ich ließ ihm zuvor das ſtrengſte Geheimniß
geloben.
“Herr Profeſſor,„ fuhr ich fort, “koͤnnten
Sie wohl einem Menſchen, der auf die ungluͤcklichſte
Weiſe von der Welt um ſeinen Schatten gekommen
iſt, einen falſchen Schatten malen?„ — “Sie
meinen einen Schlagſchatten?„ — “den mein’
ich allerdings.„ — “Aber,„ frug er mich wei¬
ter, “durch welche Ungeſchicklichkeit, durch welche
Nachlaͤßigkeit konnte er denn ſeinen Schlagſchatten
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/48>, abgerufen am 16.02.2025.
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