zukaufen? Er muß verrückt seyn, dacht' ich, und mit verändertem Tone, der zu der Demuth des seinigen besser paßte, erwiederte ich also:
"Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an euerm eignen Schatten genug? das heiß' ich mir einen Handel von einer ganz absonderlichen Sorte." Er fiel sogleich wieder ein: "Ich hab' in meiner Tasche Manches, was dem Herrn nicht ganz unwerth scheinen möchte; für diesen unschätz¬ baren Schatten halt' ich den höchsten Preis zu gering."
Nun überfiel es mich wieder kalt, da ich an die Tasche erinnert ward, und ich wußte nicht, wie ich ihn hatte guter Freund nennen können. Ich nahm wieder das Wort, und suchte es, wo möglich, mit unendlicher Höflichkeit wieder gut zu machen.
"Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem unterthänigsten Knecht. Ich verstehe wohl Ihre Meinung nicht ganz gut, wie könnt' ich nur mei¬ nen Schatten -- -- --" Er unterbrach mich: "Ich erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier auf der Stelle diesen edlen Schatten aufheben
zukaufen? Er muß verruͤckt ſeyn, dacht' ich, und mit veraͤndertem Tone, der zu der Demuth des ſeinigen beſſer paßte, erwiederte ich alſo:
“Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht an euerm eignen Schatten genug? das heiß' ich mir einen Handel von einer ganz abſonderlichen Sorte.„ Er fiel ſogleich wieder ein: “Ich hab' in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht ganz unwerth ſcheinen moͤchte; fuͤr dieſen unſchaͤtz¬ baren Schatten halt' ich den hoͤchſten Preis zu gering.„
Nun uͤberfiel es mich wieder kalt, da ich an die Taſche erinnert ward, und ich wußte nicht, wie ich ihn hatte guter Freund nennen koͤnnen. Ich nahm wieder das Wort, und ſuchte es, wo moͤglich, mit unendlicher Hoͤflichkeit wieder gut zu machen.
“Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem unterthaͤnigſten Knecht. Ich verſtehe wohl Ihre Meinung nicht ganz gut, wie koͤnnt' ich nur mei¬ nen Schatten — — —„ Er unterbrach mich: “Ich erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier auf der Stelle dieſen edlen Schatten aufheben
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zukaufen? Er muß verruͤckt ſeyn, dacht' ich, und
mit veraͤndertem Tone, der zu der Demuth des
ſeinigen beſſer paßte, erwiederte ich alſo:
“Ei, ei! guter Freund, habt Ihr denn nicht
an euerm eignen Schatten genug? das heiß' ich
mir einen Handel von einer ganz abſonderlichen
Sorte.„ Er fiel ſogleich wieder ein: “Ich hab'
in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht
ganz unwerth ſcheinen moͤchte; fuͤr dieſen unſchaͤtz¬
baren Schatten halt' ich den hoͤchſten Preis zu
gering.„
Nun uͤberfiel es mich wieder kalt, da ich an
die Taſche erinnert ward, und ich wußte nicht,
wie ich ihn hatte guter Freund nennen koͤnnen.
Ich nahm wieder das Wort, und ſuchte es, wo
moͤglich, mit unendlicher Hoͤflichkeit wieder gut
zu machen.
“Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem
unterthaͤnigſten Knecht. Ich verſtehe wohl Ihre
Meinung nicht ganz gut, wie koͤnnt' ich nur mei¬
nen Schatten — — —„ Er unterbrach mich:
“Ich erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier
auf der Stelle dieſen edlen Schatten aufheben
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/32>, abgerufen am 16.02.2025.
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