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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Allgemeine Einleitung.
Angelpunkt der Geschichte Europas zu bestimmen. Das Erwachen
der Germanen zu ihrer welthistorischen Bestimmung als Begründer
einer durchaus neuen Civilisation und einer durchaus neuen Kultur
bildet diesen Angelpunkt; das Jahr 1200 kann als der mittlere Augen-
blick dieses Erwachens bezeichnet werden.

Dass die nördlichen Europäer die Träger der Weltgeschichte
geworden sind, wird wohl kaum jemand zu leugnen sich vermessen.
Zwar standen sie zu keiner Zeit allein, weder früher noch heute;
im Gegenteil, von Anfang an entwickelte sich ihre Eigenart im
Kampfe gegen fremde Art, zunächst gegen das Völkerchaos des
verfallenen römischen Imperiums, nach und nach gegen alle Rassen
der Welt; es haben also auch Andere Einfluss -- sogar grossen
Einfluss -- auf die Geschicke der Menschheit gewonnen, doch dann
immer nur als Widersacher der Männer aus dem Norden. Was mit
dem Schwert in der Hand ausgefochten wurde, war das Wenigste;
der wahre Kampf war der Kampf um die Ideen, wie ich das in
den Kapiteln 7 und 8 dieses ersten Bandes zu zeigen versucht habe;
dieser Kampf dauert noch heute fort. Waren aber die Germanen
bei der Gestaltung der Geschichte nicht die Einzigen, so waren sie
doch die Unvergleichlichen: alle Männer, die vom 6. Jahrhundert
ab als wahre Gestalter der Geschicke der Menschheit auftreten, sei
es als Staatenbildner, sei es als Erfinder neuer Gedanken und origineller
Kunst, gehören ihnen an. Was die Araber gründen, ist von kurzer
Dauer; die Mongolen zerstören, aber schaffen nichts; die grossen
Italiener des rinascimento stammen alle aus dem mit lombardischem,
gotischem und fränkischem Blute durchsetzten Norden oder aus dem
germano-hellenischen äussersten Süden; in Spanien bilden die West-
goten das Lebenselement; die Juden erleben ihre heutige "Wieder-
geburt", indem sie sich auf jedem Gebiete möglichst genau an ger-
manische Muster anschmiegen -- -- --. Von dem Augenblick ab,
wo der Germane erwacht, ist also eine neue Welt im Entstehen, eine
Welt, die allerdings nicht rein germanisch wird genannt werden
können, eine Welt, in welcher gerade in unserem Jahrhundert neue
Elemente aufgetreten sind, oder wenigstens Elemente, die früher bei
dem Entwickelungsprozess weniger beteiligt waren, so z. B. die früher
reingermanischen, nunmehr durch Blutmischungen fast durchwegs "ent-
germanisierten" Slaven und die Juden, eine Welt, die vielleicht noch
grosse Rassenkomplexe sich assimilieren und mithin entsprechende,
abweichende Einflüsse in sich aufnehmen wird, jedenfalls aber eine

Allgemeine Einleitung.
Angelpunkt der Geschichte Europas zu bestimmen. Das Erwachen
der Germanen zu ihrer welthistorischen Bestimmung als Begründer
einer durchaus neuen Civilisation und einer durchaus neuen Kultur
bildet diesen Angelpunkt; das Jahr 1200 kann als der mittlere Augen-
blick dieses Erwachens bezeichnet werden.

Dass die nördlichen Europäer die Träger der Weltgeschichte
geworden sind, wird wohl kaum jemand zu leugnen sich vermessen.
Zwar standen sie zu keiner Zeit allein, weder früher noch heute;
im Gegenteil, von Anfang an entwickelte sich ihre Eigenart im
Kampfe gegen fremde Art, zunächst gegen das Völkerchaos des
verfallenen römischen Imperiums, nach und nach gegen alle Rassen
der Welt; es haben also auch Andere Einfluss — sogar grossen
Einfluss — auf die Geschicke der Menschheit gewonnen, doch dann
immer nur als Widersacher der Männer aus dem Norden. Was mit
dem Schwert in der Hand ausgefochten wurde, war das Wenigste;
der wahre Kampf war der Kampf um die Ideen, wie ich das in
den Kapiteln 7 und 8 dieses ersten Bandes zu zeigen versucht habe;
dieser Kampf dauert noch heute fort. Waren aber die Germanen
bei der Gestaltung der Geschichte nicht die Einzigen, so waren sie
doch die Unvergleichlichen: alle Männer, die vom 6. Jahrhundert
ab als wahre Gestalter der Geschicke der Menschheit auftreten, sei
es als Staatenbildner, sei es als Erfinder neuer Gedanken und origineller
Kunst, gehören ihnen an. Was die Araber gründen, ist von kurzer
Dauer; die Mongolen zerstören, aber schaffen nichts; die grossen
Italiener des rinascimento stammen alle aus dem mit lombardischem,
gotischem und fränkischem Blute durchsetzten Norden oder aus dem
germano-hellenischen äussersten Süden; in Spanien bilden die West-
goten das Lebenselement; die Juden erleben ihre heutige »Wieder-
geburt«, indem sie sich auf jedem Gebiete möglichst genau an ger-
manische Muster anschmiegen — — —. Von dem Augenblick ab,
wo der Germane erwacht, ist also eine neue Welt im Entstehen, eine
Welt, die allerdings nicht rein germanisch wird genannt werden
können, eine Welt, in welcher gerade in unserem Jahrhundert neue
Elemente aufgetreten sind, oder wenigstens Elemente, die früher bei
dem Entwickelungsprozess weniger beteiligt waren, so z. B. die früher
reingermanischen, nunmehr durch Blutmischungen fast durchwegs »ent-
germanisierten« Slaven und die Juden, eine Welt, die vielleicht noch
grosse Rassenkomplexe sich assimilieren und mithin entsprechende,
abweichende Einflüsse in sich aufnehmen wird, jedenfalls aber eine

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[8/0031] Allgemeine Einleitung. Angelpunkt der Geschichte Europas zu bestimmen. Das Erwachen der Germanen zu ihrer welthistorischen Bestimmung als Begründer einer durchaus neuen Civilisation und einer durchaus neuen Kultur bildet diesen Angelpunkt; das Jahr 1200 kann als der mittlere Augen- blick dieses Erwachens bezeichnet werden. Dass die nördlichen Europäer die Träger der Weltgeschichte geworden sind, wird wohl kaum jemand zu leugnen sich vermessen. Zwar standen sie zu keiner Zeit allein, weder früher noch heute; im Gegenteil, von Anfang an entwickelte sich ihre Eigenart im Kampfe gegen fremde Art, zunächst gegen das Völkerchaos des verfallenen römischen Imperiums, nach und nach gegen alle Rassen der Welt; es haben also auch Andere Einfluss — sogar grossen Einfluss — auf die Geschicke der Menschheit gewonnen, doch dann immer nur als Widersacher der Männer aus dem Norden. Was mit dem Schwert in der Hand ausgefochten wurde, war das Wenigste; der wahre Kampf war der Kampf um die Ideen, wie ich das in den Kapiteln 7 und 8 dieses ersten Bandes zu zeigen versucht habe; dieser Kampf dauert noch heute fort. Waren aber die Germanen bei der Gestaltung der Geschichte nicht die Einzigen, so waren sie doch die Unvergleichlichen: alle Männer, die vom 6. Jahrhundert ab als wahre Gestalter der Geschicke der Menschheit auftreten, sei es als Staatenbildner, sei es als Erfinder neuer Gedanken und origineller Kunst, gehören ihnen an. Was die Araber gründen, ist von kurzer Dauer; die Mongolen zerstören, aber schaffen nichts; die grossen Italiener des rinascimento stammen alle aus dem mit lombardischem, gotischem und fränkischem Blute durchsetzten Norden oder aus dem germano-hellenischen äussersten Süden; in Spanien bilden die West- goten das Lebenselement; die Juden erleben ihre heutige »Wieder- geburt«, indem sie sich auf jedem Gebiete möglichst genau an ger- manische Muster anschmiegen — — —. Von dem Augenblick ab, wo der Germane erwacht, ist also eine neue Welt im Entstehen, eine Welt, die allerdings nicht rein germanisch wird genannt werden können, eine Welt, in welcher gerade in unserem Jahrhundert neue Elemente aufgetreten sind, oder wenigstens Elemente, die früher bei dem Entwickelungsprozess weniger beteiligt waren, so z. B. die früher reingermanischen, nunmehr durch Blutmischungen fast durchwegs »ent- germanisierten« Slaven und die Juden, eine Welt, die vielleicht noch grosse Rassenkomplexe sich assimilieren und mithin entsprechende, abweichende Einflüsse in sich aufnehmen wird, jedenfalls aber eine

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/31>, abgerufen am 24.11.2024.