Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Entwickelung der Thierwelt. und das eigenthümliche Wesen der umändernden Einflüsse wurden in-dessen nur ganz vereinzelt Ansichten ausgesprochen. Die erste Angabe, daß bestimmte Varietäten für gewisse Lebensbedingungen die passenderen seien und daher vor andern erhalten werden, also einen Hinweis auf die von Darwin so genannte natürliche Zuchtwahl, machte Wells 1818 in Bezug auf die verschiedene Widerstandsfähigkeit einzelner Menschen- rassen gegen bestimmte Krankheiten73). Eine merkwürdige Hypothese zur Erklärung der Umwandlungen stellte 1853 Graf Keyserling auf; er sagt, "daß Moleküle von einer eigenthümlichen Constitution, welche fähig sind die Elemente der Keimung zu alteriren, sich von Zeit zu Zeit auf unserem Planeten verbreitet haben"74). Es wird dabei aber weder der Veränderlichkeit der Individuen, noch des beständigen Auftre- tens von Varietäten hinreichend Rechnung getragen. -- Neben solchen die ursächlichen Beziehungen der Umwandlung berührenden Ansichten machte sich aber ein Fortschritt überhaupt insofern merkbar, als nun immer zahlreichere Stimmen für die Abänderundsfähigkeit der Arten im Allge- meinen laut wurden. Einen Abschluß fanden die Anschauungen über Art, Varietät, Ent- 73) nach den Angaben Darwin's in: Entstehung der Arten. Uebers. 4. Aufl. S. 3. 74) Bullet. Soc. geol. de France, 2. Ser. Tom. X. 1853. p. 357.
Entwickelung der Thierwelt. und das eigenthümliche Weſen der umändernden Einflüſſe wurden in-deſſen nur ganz vereinzelt Anſichten ausgeſprochen. Die erſte Angabe, daß beſtimmte Varietäten für gewiſſe Lebensbedingungen die paſſenderen ſeien und daher vor andern erhalten werden, alſo einen Hinweis auf die von Darwin ſo genannte natürliche Zuchtwahl, machte Wells 1818 in Bezug auf die verſchiedene Widerſtandsfähigkeit einzelner Menſchen- raſſen gegen beſtimmte Krankheiten73). Eine merkwürdige Hypotheſe zur Erklärung der Umwandlungen ſtellte 1853 Graf Keyſerling auf; er ſagt, „daß Moleküle von einer eigenthümlichen Conſtitution, welche fähig ſind die Elemente der Keimung zu alteriren, ſich von Zeit zu Zeit auf unſerem Planeten verbreitet haben“74). Es wird dabei aber weder der Veränderlichkeit der Individuen, noch des beſtändigen Auftre- tens von Varietäten hinreichend Rechnung getragen. — Neben ſolchen die urſächlichen Beziehungen der Umwandlung berührenden Anſichten machte ſich aber ein Fortſchritt überhaupt inſofern merkbar, als nun immer zahlreichere Stimmen für die Abänderundsfähigkeit der Arten im Allge- meinen laut wurden. Einen Abſchluß fanden die Anſchauungen über Art, Varietät, Ent- 73) nach den Angaben Darwin's in: Entſtehung der Arten. Ueberſ. 4. Aufl. S. 3. 74) Bullet. Soc. géol. de France, 2. Sér. Tom. X. 1853. p. 357.
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Entwickelung der Thierwelt.
und das eigenthümliche Weſen der umändernden Einflüſſe wurden in-
deſſen nur ganz vereinzelt Anſichten ausgeſprochen. Die erſte Angabe,
daß beſtimmte Varietäten für gewiſſe Lebensbedingungen die paſſenderen
ſeien und daher vor andern erhalten werden, alſo einen Hinweis auf
die von Darwin ſo genannte natürliche Zuchtwahl, machte Wells 1818
in Bezug auf die verſchiedene Widerſtandsfähigkeit einzelner Menſchen-
raſſen gegen beſtimmte Krankheiten 73). Eine merkwürdige Hypotheſe
zur Erklärung der Umwandlungen ſtellte 1853 Graf Keyſerling
auf; er ſagt, „daß Moleküle von einer eigenthümlichen Conſtitution,
welche fähig ſind die Elemente der Keimung zu alteriren, ſich von Zeit
zu Zeit auf unſerem Planeten verbreitet haben“ 74). Es wird dabei aber
weder der Veränderlichkeit der Individuen, noch des beſtändigen Auftre-
tens von Varietäten hinreichend Rechnung getragen. — Neben ſolchen die
urſächlichen Beziehungen der Umwandlung berührenden Anſichten machte
ſich aber ein Fortſchritt überhaupt inſofern merkbar, als nun immer
zahlreichere Stimmen für die Abänderundsfähigkeit der Arten im Allge-
meinen laut wurden.
Einen Abſchluß fanden die Anſchauungen über Art, Varietät, Ent-
ſtehung und Bedeutung derſelben in der 1859 veröffentlichten Theorie
von Charles Darwin, welche nicht bloß durch eine außerordentliche,
in dieſer Fülle kaum dageweſene Anzahl von Einzelbeobachtungen
ſcheinbar iſolirt und unvermittelt daſtehende Lebenserſcheinungen in
einen geiſtigen Verband bringt, ſondern vor Allem das nicht hoch genug
anzuſchlagende Verdienſt hat, methodiſch läuternd auf den Gang der
Unterſuchungen über das Leben eingewirkt zu haben. Charles Robert
Darwin iſt 1809 in Shrewsbury geboren, Sohn von Rob. Waring
D. und Enkel von Erasmus D., dem Verfaſſer der Zoonomie. Nach-
dem er in Edinburgh und Cambridge ſtudirt hatte, begleitete er, wie
oben erwähnt, von 1831-1836 den Admiral Rob. Fitzroy auf deſſen
zweiter Reiſe (ſ. S. 654). Durch einige Thatſachen der geographiſchen
Verbreitung organiſcher Weſen in Süd-Amerika und des Verhaltens
73) nach den Angaben Darwin's in: Entſtehung der Arten. Ueberſ. 4. Aufl. S. 3.
74) Bullet. Soc. géol. de France, 2. Sér. Tom. X. 1853. p. 357.
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