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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
durch Zeitschriften und Monographien ergossen, wird bei den einzelnen
Thiergruppen gedacht werden. Hier ist aber noch der Ort, die bereits
oben erwähnten allgemeinen Darstellungen der Zootomie und verglei-
chenden Anatomie anzuführen, welche nicht bloß für das Interesse
zeugen, welches die Anatomie der Thiere gefunden hatte, sondern selbst
wesentlich dazu beigetragen haben, dasselbe zu unterhalten und zu ver-
tiefen. An Blainville's Auffassungsweise sich anschließend stellte Henri
Hollard
1835 die zootomischen Thatsachen zusammen, während 1842
Hercule Strauß-Dürkheim, welcher in scrupulös genauen ana-
tomischen Schilderungen des Maikäfers und der Katze die Anatomie von
Repräsentanten der Glieder- und Wirbelthiere gegeben hat, in seinem
Handbuche besonders auch den praktischen Fragen bei Zergliederungen
von Thieren Rechnung trägt. In England gaben Robert Edm. Grant
(1835-41), Thom. Rymer Jones (1841, neu herausgegeben 1855)
und Rich. Owen (Wirbellose 1843, neue Auflage 1855, Fische 1846)
Gesammtdarstellungen der Anatomie der Thiere, zum Theil (wie die
Fischanatomie Owen's) auf eingehenden eigenen Untersuchungen fußend.
In Deutschland hatte Carl Aug. Sigism. Schultze 1828 begonnen,
die vergleichende Anatomie nach einem weiten Plan zu schildern, hat
aber nur den allgemeinen Theil veröffentlicht. Von einem physiologischen
Standpunkte aus nach den Organen und Systemen stellte Rudolph
Wagner
die vergleichende Anatomie dar (1834, 35); die dazu ver-
sprochenen morphologischen Abschnitte sind nicht erschienen. Dagegen
änderte er in einer zweiten Bearbeitung die Darstellungsweise und
dieser entsprechend den Titel um in eine Zootomie der einzelnen größern
Gruppen, wobei die Schilderung der Anatomie der Wirbellosen von
Heinrich Frey und Rudolph Leuckart übernommen wurde.
Gleichfalls physiologisch erfaßte der Naturphilosoph Joh. Bernhard
Wilbrand
seine Aufgabe. Nachdem er bereits 1809 "die gesammte
Organisation dargestellt" hatte, entwarf er 1833 und 1839 eine ver-
gleichende Physiologie und Anatomie für Physiologen und Aerzte.
Einen außerordentlich reichen Schatz eingehender einzelner Untersuchun-
gen mit viel Kritik aber nur in zootomischer Aufzählung bietet das
Handbuch der Zootomie (wie es in der zweiten erst begonnenen Bear-

Periode der Morphologie.
durch Zeitſchriften und Monographien ergoſſen, wird bei den einzelnen
Thiergruppen gedacht werden. Hier iſt aber noch der Ort, die bereits
oben erwähnten allgemeinen Darſtellungen der Zootomie und verglei-
chenden Anatomie anzuführen, welche nicht bloß für das Intereſſe
zeugen, welches die Anatomie der Thiere gefunden hatte, ſondern ſelbſt
weſentlich dazu beigetragen haben, daſſelbe zu unterhalten und zu ver-
tiefen. An Blainville's Auffaſſungsweiſe ſich anſchließend ſtellte Henri
Hollard
1835 die zootomiſchen Thatſachen zuſammen, während 1842
Hercule Strauß-Dürkheim, welcher in ſcrupulös genauen ana-
tomiſchen Schilderungen des Maikäfers und der Katze die Anatomie von
Repräſentanten der Glieder- und Wirbelthiere gegeben hat, in ſeinem
Handbuche beſonders auch den praktiſchen Fragen bei Zergliederungen
von Thieren Rechnung trägt. In England gaben Robert Edm. Grant
(1835-41), Thom. Rymer Jones (1841, neu herausgegeben 1855)
und Rich. Owen (Wirbelloſe 1843, neue Auflage 1855, Fiſche 1846)
Geſammtdarſtellungen der Anatomie der Thiere, zum Theil (wie die
Fiſchanatomie Owen's) auf eingehenden eigenen Unterſuchungen fußend.
In Deutſchland hatte Carl Aug. Sigism. Schultze 1828 begonnen,
die vergleichende Anatomie nach einem weiten Plan zu ſchildern, hat
aber nur den allgemeinen Theil veröffentlicht. Von einem phyſiologiſchen
Standpunkte aus nach den Organen und Syſtemen ſtellte Rudolph
Wagner
die vergleichende Anatomie dar (1834, 35); die dazu ver-
ſprochenen morphologiſchen Abſchnitte ſind nicht erſchienen. Dagegen
änderte er in einer zweiten Bearbeitung die Darſtellungsweiſe und
dieſer entſprechend den Titel um in eine Zootomie der einzelnen größern
Gruppen, wobei die Schilderung der Anatomie der Wirbelloſen von
Heinrich Frey und Rudolph Leuckart übernommen wurde.
Gleichfalls phyſiologiſch erfaßte der Naturphiloſoph Joh. Bernhard
Wilbrand
ſeine Aufgabe. Nachdem er bereits 1809 „die geſammte
Organiſation dargeſtellt“ hatte, entwarf er 1833 und 1839 eine ver-
gleichende Phyſiologie und Anatomie für Phyſiologen und Aerzte.
Einen außerordentlich reichen Schatz eingehender einzelner Unterſuchun-
gen mit viel Kritik aber nur in zootomiſcher Aufzählung bietet das
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[646/0657] Periode der Morphologie. durch Zeitſchriften und Monographien ergoſſen, wird bei den einzelnen Thiergruppen gedacht werden. Hier iſt aber noch der Ort, die bereits oben erwähnten allgemeinen Darſtellungen der Zootomie und verglei- chenden Anatomie anzuführen, welche nicht bloß für das Intereſſe zeugen, welches die Anatomie der Thiere gefunden hatte, ſondern ſelbſt weſentlich dazu beigetragen haben, daſſelbe zu unterhalten und zu ver- tiefen. An Blainville's Auffaſſungsweiſe ſich anſchließend ſtellte Henri Hollard 1835 die zootomiſchen Thatſachen zuſammen, während 1842 Hercule Strauß-Dürkheim, welcher in ſcrupulös genauen ana- tomiſchen Schilderungen des Maikäfers und der Katze die Anatomie von Repräſentanten der Glieder- und Wirbelthiere gegeben hat, in ſeinem Handbuche beſonders auch den praktiſchen Fragen bei Zergliederungen von Thieren Rechnung trägt. In England gaben Robert Edm. Grant (1835-41), Thom. Rymer Jones (1841, neu herausgegeben 1855) und Rich. Owen (Wirbelloſe 1843, neue Auflage 1855, Fiſche 1846) Geſammtdarſtellungen der Anatomie der Thiere, zum Theil (wie die Fiſchanatomie Owen's) auf eingehenden eigenen Unterſuchungen fußend. In Deutſchland hatte Carl Aug. Sigism. Schultze 1828 begonnen, die vergleichende Anatomie nach einem weiten Plan zu ſchildern, hat aber nur den allgemeinen Theil veröffentlicht. Von einem phyſiologiſchen Standpunkte aus nach den Organen und Syſtemen ſtellte Rudolph Wagner die vergleichende Anatomie dar (1834, 35); die dazu ver- ſprochenen morphologiſchen Abſchnitte ſind nicht erſchienen. Dagegen änderte er in einer zweiten Bearbeitung die Darſtellungsweiſe und dieſer entſprechend den Titel um in eine Zootomie der einzelnen größern Gruppen, wobei die Schilderung der Anatomie der Wirbelloſen von Heinrich Frey und Rudolph Leuckart übernommen wurde. Gleichfalls phyſiologiſch erfaßte der Naturphiloſoph Joh. Bernhard Wilbrand ſeine Aufgabe. Nachdem er bereits 1809 „die geſammte Organiſation dargeſtellt“ hatte, entwarf er 1833 und 1839 eine ver- gleichende Phyſiologie und Anatomie für Phyſiologen und Aerzte. Einen außerordentlich reichen Schatz eingehender einzelner Unterſuchun- gen mit viel Kritik aber nur in zootomiſcher Aufzählung bietet das Handbuch der Zootomie (wie es in der zweiten erſt begonnenen Bear-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/657>, abgerufen am 25.07.2024.