Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Uebersicht der den Alten bekannten Thierformen.
Elektrische Rochen kennt Aristoteles aus dem mittelländischen, Mega-
sthenes
(bei Aelian) aus dem indischen Meere. Von Ganoiden wa-
ren vermuthlich ein Paar Störarten bekannt. Hier gehen aber bereits
im Alterthume (wie später im Mittelalter) die Namen sehr durcheinan-
der. Anthias und Elops bei Aristoteles, das dem lateinischen nachge-
bildete Akkipesios des Athenaeus, esox. silurus und acipenser des
Plinius, welcher als Synonym noch elops beibringt, sind wahrschein-
lich Namen für verschiedene Arten von Stören, von denen der Sterlet
am geschätztesten war68). Cyclostomen scheinen die Alten nicht gekannt
zu haben. Dagegen sind Knochenfische sehr zahlreich vertreten bei den
Schriftstellern des Alterthums. Erwähnt mögen nur werden: Wels
(glanis), Hecht (lucius und lupus), Karpfen, Weißfische, Barben,
Barsche, Aale, Muränen, Lachse, Lachsforellen, Forellen und andere
Salmoniden aus dem Süßwasser, Thunfische, Makrelen, Serranus,
Häring, Sardelle und viele andere aus dem Meere, welche einzeln zu
bezeichnen nur mit kritischer Ausführlichkeit möglich, aber hier nicht am
Orte wäre. Der Nestbau einzelner Fische war beobachtet worden69).
Auch war bekannt, daß einzelne Fische Laute von sich geben70). Fisch-
behälter dienten, wie heute meist, nur Küchenzwecken.

Unter den Mollusken waren sicher die Cephalopoden am besten
gekannt, von denen allein schon Aristoteles die wichtigsten Gattungen
unterschied und deren Lebensweise gut kannte. Ja, nach einer Stelle
der Thiergeschichte (IV, 1. 15) könnte man fast meinen, er habe den echten
Nautilus gesehen. Auffallend wenig wird von den Schnecken mitgetheilt.
Obschon einige Namen erwähnt werden und zwar zum Theil solche,
welche jetzt in die wissenschaftliche Nomenclatur aufgenommen sind,
läßt sich doch nur über wenige etwas Bestimmtes sagen. Selbst die so

68) Es ist hiernach sprachlich nicht unmöglich, daß, wie Florencourt aus
andern Gründen vermuthet, Ausonius unter Silurus den Stör verstanden, aber
in Folge einer Verwechselung den Wels beschrieben habe, schon durch die Worte:
"velut actaeo perducta tergora olivo", V. 135.
69) Ovid, Halieut. V. 122: "atque avium dulces nidos imitata sub undis."
70) vergl. den Aufsatz von Johannes Müller, über die Fische, welche Töne von
sich geben, in seinem Archiv, 1857. S. 249, wo die Beobachtungen der Alten kri-
tisch zusammengestellt sind.

Ueberſicht der den Alten bekannten Thierformen.
Elektriſche Rochen kennt Ariſtoteles aus dem mittelländiſchen, Mega-
ſthenes
(bei Aelian) aus dem indiſchen Meere. Von Ganoiden wa-
ren vermuthlich ein Paar Störarten bekannt. Hier gehen aber bereits
im Alterthume (wie ſpäter im Mittelalter) die Namen ſehr durcheinan-
der. Anthias und Elops bei Ariſtoteles, das dem lateiniſchen nachge-
bildete Akkipeſios des Athenaeus, esox. silurus und acipenser des
Plinius, welcher als Synonym noch elops beibringt, ſind wahrſchein-
lich Namen für verſchiedene Arten von Stören, von denen der Sterlet
am geſchätzteſten war68). Cycloſtomen ſcheinen die Alten nicht gekannt
zu haben. Dagegen ſind Knochenfiſche ſehr zahlreich vertreten bei den
Schriftſtellern des Alterthums. Erwähnt mögen nur werden: Wels
(glanis), Hecht (lucius und lupus), Karpfen, Weißfiſche, Barben,
Barſche, Aale, Muränen, Lachſe, Lachsforellen, Forellen und andere
Salmoniden aus dem Süßwaſſer, Thunfiſche, Makrelen, Serranus,
Häring, Sardelle und viele andere aus dem Meere, welche einzeln zu
bezeichnen nur mit kritiſcher Ausführlichkeit möglich, aber hier nicht am
Orte wäre. Der Neſtbau einzelner Fiſche war beobachtet worden69).
Auch war bekannt, daß einzelne Fiſche Laute von ſich geben70). Fiſch-
behälter dienten, wie heute meiſt, nur Küchenzwecken.

Unter den Mollusken waren ſicher die Cephalopoden am beſten
gekannt, von denen allein ſchon Ariſtoteles die wichtigſten Gattungen
unterſchied und deren Lebensweiſe gut kannte. Ja, nach einer Stelle
der Thiergeſchichte (IV, 1. 15) könnte man faſt meinen, er habe den echten
Nautilus geſehen. Auffallend wenig wird von den Schnecken mitgetheilt.
Obſchon einige Namen erwähnt werden und zwar zum Theil ſolche,
welche jetzt in die wiſſenſchaftliche Nomenclatur aufgenommen ſind,
läßt ſich doch nur über wenige etwas Beſtimmtes ſagen. Selbſt die ſo

68) Es iſt hiernach ſprachlich nicht unmöglich, daß, wie Florencourt aus
andern Gründen vermuthet, Auſonius unter Silurus den Stör verſtanden, aber
in Folge einer Verwechſelung den Wels beſchrieben habe, ſchon durch die Worte:
velut actaeo perducta tergora olivo“, V. 135.
69) Ovid, Halieut. V. 122: „atque avium dulces nidos imitata sub undis.
70) vergl. den Aufſatz von Johannes Müller, über die Fiſche, welche Töne von
ſich geben, in ſeinem Archiv, 1857. S. 249, wo die Beobachtungen der Alten kri-
tiſch zuſammengeſtellt ſind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="53"/><fw place="top" type="header">Ueber&#x017F;icht der den Alten bekannten Thierformen.</fw><lb/>
Elektri&#x017F;che Rochen kennt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;toteles</persName> aus dem mittelländi&#x017F;chen, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/102398771">Mega-<lb/>
&#x017F;thenes</persName> (bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119160285">Aelian</persName>) aus dem indi&#x017F;chen Meere. Von <hi rendition="#g">Ganoiden</hi> wa-<lb/>
ren vermuthlich ein Paar Störarten bekannt. Hier gehen aber bereits<lb/>
im Alterthume (wie &#x017F;päter im Mittelalter) die Namen &#x017F;ehr durcheinan-<lb/>
der. Anthias und Elops bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;toteles</persName>, das dem lateini&#x017F;chen nachge-<lb/>
bildete Akkipe&#x017F;ios des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650815">Athenaeus</persName>, <hi rendition="#aq">esox. silurus</hi> und <hi rendition="#aq">acipenser</hi> des<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName>, welcher als Synonym noch <hi rendition="#aq">elops</hi> beibringt, &#x017F;ind wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich Namen für ver&#x017F;chiedene Arten von Stören, von denen der Sterlet<lb/>
am ge&#x017F;chätzte&#x017F;ten war<note place="foot" n="68)">Es i&#x017F;t hiernach &#x017F;prachlich nicht unmöglich, daß, wie <hi rendition="#g">Florencourt</hi> aus<lb/>
andern Gründen vermuthet, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118505165">Au&#x017F;onius</persName> unter <hi rendition="#aq">Silurus</hi> den Stör ver&#x017F;tanden, aber<lb/>
in Folge einer Verwech&#x017F;elung den Wels be&#x017F;chrieben habe, &#x017F;chon durch die Worte:<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">velut actaeo perducta tergora olivo</hi>&#x201C;, V. 135.</note>. Cyclo&#x017F;tomen &#x017F;cheinen die Alten nicht gekannt<lb/>
zu haben. Dagegen &#x017F;ind Knochenfi&#x017F;che &#x017F;ehr zahlreich vertreten bei den<lb/>
Schrift&#x017F;tellern des Alterthums. Erwähnt mögen nur werden: Wels<lb/>
(<hi rendition="#aq">glanis</hi>), Hecht (<hi rendition="#aq">lucius</hi> und <hi rendition="#aq">lupus</hi>), Karpfen, Weißfi&#x017F;che, Barben,<lb/>
Bar&#x017F;che, Aale, Muränen, Lach&#x017F;e, Lachsforellen, Forellen und andere<lb/>
Salmoniden aus dem Süßwa&#x017F;&#x017F;er, Thunfi&#x017F;che, Makrelen, <hi rendition="#aq">Serranus,</hi><lb/>
Häring, Sardelle und viele andere aus dem Meere, welche einzeln zu<lb/>
bezeichnen nur mit kriti&#x017F;cher Ausführlichkeit möglich, aber hier nicht am<lb/>
Orte wäre. Der Ne&#x017F;tbau einzelner Fi&#x017F;che war beobachtet worden<note place="foot" n="69)"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118590995">Ovid</persName>, Halieut. V. 122: &#x201E;<hi rendition="#aq">atque avium dulces nidos imitata sub undis.</hi>&#x201C;</note>.<lb/>
Auch war bekannt, daß einzelne Fi&#x017F;che Laute von &#x017F;ich geben<note place="foot" n="70)">vergl. den Auf&#x017F;atz von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118585053">Johannes Müller</persName></hi>, über die Fi&#x017F;che, welche Töne von<lb/>
&#x017F;ich geben, in &#x017F;einem Archiv, 1857. S. 249, wo die Beobachtungen der Alten kri-<lb/>
ti&#x017F;ch zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt &#x017F;ind.</note>. Fi&#x017F;ch-<lb/>
behälter dienten, wie heute mei&#x017F;t, nur Küchenzwecken.</p><lb/>
          <p>Unter den <hi rendition="#g">Mollusken</hi> waren &#x017F;icher die Cephalopoden am be&#x017F;ten<lb/>
gekannt, von denen allein &#x017F;chon <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;toteles</persName> die wichtig&#x017F;ten Gattungen<lb/>
unter&#x017F;chied und deren Lebenswei&#x017F;e gut kannte. Ja, nach einer Stelle<lb/>
der Thierge&#x017F;chichte (<hi rendition="#aq">IV, 1. 15</hi>) könnte man fa&#x017F;t meinen, er habe den echten<lb/>
Nautilus ge&#x017F;ehen. Auffallend wenig wird von den Schnecken mitgetheilt.<lb/>
Ob&#x017F;chon einige Namen erwähnt werden und zwar zum Theil &#x017F;olche,<lb/>
welche jetzt in die wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Nomenclatur aufgenommen &#x017F;ind,<lb/>
läßt &#x017F;ich doch nur über wenige etwas Be&#x017F;timmtes &#x017F;agen. Selb&#x017F;t die &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0064] Ueberſicht der den Alten bekannten Thierformen. Elektriſche Rochen kennt Ariſtoteles aus dem mittelländiſchen, Mega- ſthenes (bei Aelian) aus dem indiſchen Meere. Von Ganoiden wa- ren vermuthlich ein Paar Störarten bekannt. Hier gehen aber bereits im Alterthume (wie ſpäter im Mittelalter) die Namen ſehr durcheinan- der. Anthias und Elops bei Ariſtoteles, das dem lateiniſchen nachge- bildete Akkipeſios des Athenaeus, esox. silurus und acipenser des Plinius, welcher als Synonym noch elops beibringt, ſind wahrſchein- lich Namen für verſchiedene Arten von Stören, von denen der Sterlet am geſchätzteſten war 68). Cycloſtomen ſcheinen die Alten nicht gekannt zu haben. Dagegen ſind Knochenfiſche ſehr zahlreich vertreten bei den Schriftſtellern des Alterthums. Erwähnt mögen nur werden: Wels (glanis), Hecht (lucius und lupus), Karpfen, Weißfiſche, Barben, Barſche, Aale, Muränen, Lachſe, Lachsforellen, Forellen und andere Salmoniden aus dem Süßwaſſer, Thunfiſche, Makrelen, Serranus, Häring, Sardelle und viele andere aus dem Meere, welche einzeln zu bezeichnen nur mit kritiſcher Ausführlichkeit möglich, aber hier nicht am Orte wäre. Der Neſtbau einzelner Fiſche war beobachtet worden 69). Auch war bekannt, daß einzelne Fiſche Laute von ſich geben 70). Fiſch- behälter dienten, wie heute meiſt, nur Küchenzwecken. Unter den Mollusken waren ſicher die Cephalopoden am beſten gekannt, von denen allein ſchon Ariſtoteles die wichtigſten Gattungen unterſchied und deren Lebensweiſe gut kannte. Ja, nach einer Stelle der Thiergeſchichte (IV, 1. 15) könnte man faſt meinen, er habe den echten Nautilus geſehen. Auffallend wenig wird von den Schnecken mitgetheilt. Obſchon einige Namen erwähnt werden und zwar zum Theil ſolche, welche jetzt in die wiſſenſchaftliche Nomenclatur aufgenommen ſind, läßt ſich doch nur über wenige etwas Beſtimmtes ſagen. Selbſt die ſo 68) Es iſt hiernach ſprachlich nicht unmöglich, daß, wie Florencourt aus andern Gründen vermuthet, Auſonius unter Silurus den Stör verſtanden, aber in Folge einer Verwechſelung den Wels beſchrieben habe, ſchon durch die Worte: „velut actaeo perducta tergora olivo“, V. 135. 69) Ovid, Halieut. V. 122: „atque avium dulces nidos imitata sub undis.“ 70) vergl. den Aufſatz von Johannes Müller, über die Fiſche, welche Töne von ſich geben, in ſeinem Archiv, 1857. S. 249, wo die Beobachtungen der Alten kri- tiſch zuſammengeſtellt ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/64
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/64>, abgerufen am 15.05.2024.