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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
Thiere, sowie durch die Bearbeitung der fossilen Weichthierreste als be-
deutender Formenkenner eine rühmliche Stellung erarbeitet hat. Er
starb 1829. Dem von Lamarck gegebenen Winke, Thiere nach dem
Vorhandensein oder Fehlen von Wirbeln zusammenzufassen, folgte
G. Cuvier zunächst dadurch, daß er die vier höhern Classen Linne's
als mit Wirbeln versehen, zu der Abtheilung der Wirbelthiere vereinigte.
Er that also zuerst den Schritt, den schon Batsch gethan hatte (in den
Vorlesungen über vergleichende Anatomie, Bd. 1. 1800. S. 65) und
zwar in der Absicht, dadurch einen Bauplan zu bezeichnen, während es
Lamarck nur auf die Unterscheidung angekommen war21). Es folgte
dann im Jahre 1812 der wichtige Aufsatz über eine vorzunehmende neue
Verbindung der Thierclassen22). Es wird hier von Cuvier wieder mit
Bewußtsein, und zwar jetzt mit Recht, ausgesprochen, daß die Ein-
theilungsart des Thierreichs der kürzeste Ausdruck für die Summe der
Kenntnisse sein müsse, daß also ferner auch die Einzelnheiten der Orga-
nisation sich in den Gruppenbezeichnungen eingeschlossen erkennen lassen
müssen. Als Grund des Hauptfehlers, welcher den frühern Eintheilun-
gen anhieng bezeichnet er nun auch völlig richtig die Ungleichwerthigkeit
der sogenannten Classen und hebt darauf bezüglich hervor, daß seine
frühere "Classe" der Mollusken beinahe der ganzen Reihe der Wirbel-
thiere entspreche. Vorzüglich unter Berücksichtigung des Nervensystems,
welches ihm wie erwähnt die Gestalt des ganzen Thieres zu beherrschen
scheint, verbindet er nun die einzelnen Classen zu größern natürlichen
Gruppen und findet, daß es im Thierreiche vier Hauptzweige oder
Hauptformen oder "allgemeine Pläne gebe, nach denen die zugehörigen
Thiere modellirt zu sein scheinen und deren einzelne Unterabtheilungen,

21) In dem Systeme des animaux sans vertebres, Paris, 1801, p. 6 (aus
dem 1800 gehaltenen Eröffnungsdiscurs) sagt er: Tous les animaux connus peu-
vent donc etre distingues d'une maniere remarquable I. en animaux a ver-
tebres, 2. en animaux sans vertebres.
Auch die in der Philosophie zoologique,
1809. T. I. p. 277
gegebene Eintheilung in sechs Stufen, von denen zwei die Wir-
belthiere umfassen, ist der Erfassung der Typen völlig fern.
22) "Sur un nouveau rapprochement a etablir entre les classes qui com-
posent le regne animal."
in: Ann. du Museum d'hist. nat. Tom. XIX. 1812.
p. 73.

Periode der Morphologie.
Thiere, ſowie durch die Bearbeitung der foſſilen Weichthierreſte als be-
deutender Formenkenner eine rühmliche Stellung erarbeitet hat. Er
ſtarb 1829. Dem von Lamarck gegebenen Winke, Thiere nach dem
Vorhandenſein oder Fehlen von Wirbeln zuſammenzufaſſen, folgte
G. Cuvier zunächſt dadurch, daß er die vier höhern Claſſen Linné's
als mit Wirbeln verſehen, zu der Abtheilung der Wirbelthiere vereinigte.
Er that alſo zuerſt den Schritt, den ſchon Batſch gethan hatte (in den
Vorleſungen über vergleichende Anatomie, Bd. 1. 1800. S. 65) und
zwar in der Abſicht, dadurch einen Bauplan zu bezeichnen, während es
Lamarck nur auf die Unterſcheidung angekommen war21). Es folgte
dann im Jahre 1812 der wichtige Aufſatz über eine vorzunehmende neue
Verbindung der Thierclaſſen22). Es wird hier von Cuvier wieder mit
Bewußtſein, und zwar jetzt mit Recht, ausgeſprochen, daß die Ein-
theilungsart des Thierreichs der kürzeſte Ausdruck für die Summe der
Kenntniſſe ſein müſſe, daß alſo ferner auch die Einzelnheiten der Orga-
niſation ſich in den Gruppenbezeichnungen eingeſchloſſen erkennen laſſen
müſſen. Als Grund des Hauptfehlers, welcher den frühern Eintheilun-
gen anhieng bezeichnet er nun auch völlig richtig die Ungleichwerthigkeit
der ſogenannten Claſſen und hebt darauf bezüglich hervor, daß ſeine
frühere „Claſſe“ der Mollusken beinahe der ganzen Reihe der Wirbel-
thiere entſpreche. Vorzüglich unter Berückſichtigung des Nervenſyſtems,
welches ihm wie erwähnt die Geſtalt des ganzen Thieres zu beherrſchen
ſcheint, verbindet er nun die einzelnen Claſſen zu größern natürlichen
Gruppen und findet, daß es im Thierreiche vier Hauptzweige oder
Hauptformen oder „allgemeine Pläne gebe, nach denen die zugehörigen
Thiere modellirt zu ſein ſcheinen und deren einzelne Unterabtheilungen,

21) In dem Système des animaux sans vertèbres, Paris, 1801, p. 6 (aus
dem 1800 gehaltenen Eröffnungsdiscurs) ſagt er: Tous les animaux connus peu-
vent donc être distingués d'une manière remarquable I. en animaux à ver-
tèbres, 2. en animaux sans vertèbres.
Auch die in der Philosophie zoologique,
1809. T. I. p. 277
gegebene Eintheilung in ſechs Stufen, von denen zwei die Wir-
belthiere umfaſſen, iſt der Erfaſſung der Typen völlig fern.
22) „Sur un nouveau rapprochement à établir entre les classes qui com-
posent le règne animal.“
in: Ann. du Muséum d'hist. nat. Tom. XIX. 1812.
p. 73.
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[614/0625] Periode der Morphologie. Thiere, ſowie durch die Bearbeitung der foſſilen Weichthierreſte als be- deutender Formenkenner eine rühmliche Stellung erarbeitet hat. Er ſtarb 1829. Dem von Lamarck gegebenen Winke, Thiere nach dem Vorhandenſein oder Fehlen von Wirbeln zuſammenzufaſſen, folgte G. Cuvier zunächſt dadurch, daß er die vier höhern Claſſen Linné's als mit Wirbeln verſehen, zu der Abtheilung der Wirbelthiere vereinigte. Er that alſo zuerſt den Schritt, den ſchon Batſch gethan hatte (in den Vorleſungen über vergleichende Anatomie, Bd. 1. 1800. S. 65) und zwar in der Abſicht, dadurch einen Bauplan zu bezeichnen, während es Lamarck nur auf die Unterſcheidung angekommen war 21). Es folgte dann im Jahre 1812 der wichtige Aufſatz über eine vorzunehmende neue Verbindung der Thierclaſſen 22). Es wird hier von Cuvier wieder mit Bewußtſein, und zwar jetzt mit Recht, ausgeſprochen, daß die Ein- theilungsart des Thierreichs der kürzeſte Ausdruck für die Summe der Kenntniſſe ſein müſſe, daß alſo ferner auch die Einzelnheiten der Orga- niſation ſich in den Gruppenbezeichnungen eingeſchloſſen erkennen laſſen müſſen. Als Grund des Hauptfehlers, welcher den frühern Eintheilun- gen anhieng bezeichnet er nun auch völlig richtig die Ungleichwerthigkeit der ſogenannten Claſſen und hebt darauf bezüglich hervor, daß ſeine frühere „Claſſe“ der Mollusken beinahe der ganzen Reihe der Wirbel- thiere entſpreche. Vorzüglich unter Berückſichtigung des Nervenſyſtems, welches ihm wie erwähnt die Geſtalt des ganzen Thieres zu beherrſchen ſcheint, verbindet er nun die einzelnen Claſſen zu größern natürlichen Gruppen und findet, daß es im Thierreiche vier Hauptzweige oder Hauptformen oder „allgemeine Pläne gebe, nach denen die zugehörigen Thiere modellirt zu ſein ſcheinen und deren einzelne Unterabtheilungen, 21) In dem Système des animaux sans vertèbres, Paris, 1801, p. 6 (aus dem 1800 gehaltenen Eröffnungsdiscurs) ſagt er: Tous les animaux connus peu- vent donc être distingués d'une manière remarquable I. en animaux à ver- tèbres, 2. en animaux sans vertèbres. Auch die in der Philosophie zoologique, 1809. T. I. p. 277 gegebene Eintheilung in ſechs Stufen, von denen zwei die Wir- belthiere umfaſſen, iſt der Erfaſſung der Typen völlig fern. 22) „Sur un nouveau rapprochement à établir entre les classes qui com- posent le règne animal.“ in: Ann. du Muséum d'hist. nat. Tom. XIX. 1812. p. 73.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/625>, abgerufen am 22.11.2024.