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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
deutsche Handbuch über dieselbe (erschien nochmals 1824 in dritter Auf-
lage). Charakteristisch für die noch bei Blumenbach herrschende Auf-
fassung ist das Geständniß, daß er aus dem ungeheuren (eben nur
zootomischen) Material eine Auswahl habe treffen müssen, wobei er
sich besonders von der Physiologie und der Naturgeschichte der Thiere
sowie von der größern oder geringern Leichtigkeit der Herbeischaffung
derselben habe bestimmen lassen. Die Wirbelthiere nehmen den weitaus
größten Raum ein, davon wieder die Knochenlehre am ausführlichsten
geschildert wird. Eine weitere Anregung gab dann Ignaz Döllinger
(1770, + 1841), welcher in einem 1814 erschienenen Programme den
Werth und die Bedeutung der vergleichenden Anatomie, freilich noch
als Hülfswissenschaft der Medicin hervorhob, und bald darauf C. Fr.
Burdach
, welcher 1817 gleichfalls in einer akademischen Gelegen-
heitsschrift "über die Aufgabe der Morphologie" das, was die verglei-
chende Anatomie zu leisten habe, schildert, zwar zunächst noch im
Anschlusse an die Bedürfnisse des Praktikers und nicht frei von natur-
philosophischer Färbung, aber doch in bewußter Ahnung die wichtigen
Aufgaben der Morphologie erfassend. Bezeichnend ist es, daß gerade
diese beiden Männer ihrer Ueberzeugung von der Bedeutung der ver-
gleichenden Anatomie Ausdruck gaben und das Ziel derselben andeuteten,
zu dessen Erreichung nur wenige Jahre später besonders von Würzburg
und Königsberg aus, wo sie wirkten, so erfolgreich erstrebt wurde.
Schon zeitig traten aber hier Einzelarbeiten auf, welche als wesentliche
Bausteine zur Errichtung des zunächst nur in matten Umrissen vor-
schwebenden Gebäudes der Morphologie angesehen werden müssen. Der
Reihe nach als der erste ist hier Gotthelf Fischer (geadelt von
Waldheim
, geb. 1771 in dieser Stadt, gest. 1853 in Moskau, wo
er seit 1804 dem Museum und der naturforschenden Gesellschaft vor-
stand) zu nennen, welcher 1795 über die Schwimmblase der Fische,
1800 über den Zwischenkiefer schrieb und 1804 eine Anatomie der
Makis gab, wogegen seine spätern Arbeiten entomologischen und vor-
züglich geologischen und paläontologischen Inhalts sind. Der Zeit nach
folgte ihm Döllinger, welcher von 1805 an einige Punkte der Ana-
tomie der Fische aufzuklären suchte. Vorzüglich auf Anregung Sömmer-

Periode der Morphologie.
deutſche Handbuch über dieſelbe (erſchien nochmals 1824 in dritter Auf-
lage). Charakteriſtiſch für die noch bei Blumenbach herrſchende Auf-
faſſung iſt das Geſtändniß, daß er aus dem ungeheuren (eben nur
zootomiſchen) Material eine Auswahl habe treffen müſſen, wobei er
ſich beſonders von der Phyſiologie und der Naturgeſchichte der Thiere
ſowie von der größern oder geringern Leichtigkeit der Herbeiſchaffung
derſelben habe beſtimmen laſſen. Die Wirbelthiere nehmen den weitaus
größten Raum ein, davon wieder die Knochenlehre am ausführlichſten
geſchildert wird. Eine weitere Anregung gab dann Ignaz Döllinger
(1770, † 1841), welcher in einem 1814 erſchienenen Programme den
Werth und die Bedeutung der vergleichenden Anatomie, freilich noch
als Hülfswiſſenſchaft der Medicin hervorhob, und bald darauf C. Fr.
Burdach
, welcher 1817 gleichfalls in einer akademiſchen Gelegen-
heitsſchrift „über die Aufgabe der Morphologie“ das, was die verglei-
chende Anatomie zu leiſten habe, ſchildert, zwar zunächſt noch im
Anſchluſſe an die Bedürfniſſe des Praktikers und nicht frei von natur-
philoſophiſcher Färbung, aber doch in bewußter Ahnung die wichtigen
Aufgaben der Morphologie erfaſſend. Bezeichnend iſt es, daß gerade
dieſe beiden Männer ihrer Ueberzeugung von der Bedeutung der ver-
gleichenden Anatomie Ausdruck gaben und das Ziel derſelben andeuteten,
zu deſſen Erreichung nur wenige Jahre ſpäter beſonders von Würzburg
und Königsberg aus, wo ſie wirkten, ſo erfolgreich erſtrebt wurde.
Schon zeitig traten aber hier Einzelarbeiten auf, welche als weſentliche
Bauſteine zur Errichtung des zunächſt nur in matten Umriſſen vor-
ſchwebenden Gebäudes der Morphologie angeſehen werden müſſen. Der
Reihe nach als der erſte iſt hier Gotthelf Fiſcher (geadelt von
Waldheim
, geb. 1771 in dieſer Stadt, geſt. 1853 in Moskau, wo
er ſeit 1804 dem Muſeum und der naturforſchenden Geſellſchaft vor-
ſtand) zu nennen, welcher 1795 über die Schwimmblaſe der Fiſche,
1800 über den Zwiſchenkiefer ſchrieb und 1804 eine Anatomie der
Makis gab, wogegen ſeine ſpätern Arbeiten entomologiſchen und vor-
züglich geologiſchen und paläontologiſchen Inhalts ſind. Der Zeit nach
folgte ihm Döllinger, welcher von 1805 an einige Punkte der Ana-
tomie der Fiſche aufzuklären ſuchte. Vorzüglich auf Anregung Sömmer-

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[604/0615] Periode der Morphologie. deutſche Handbuch über dieſelbe (erſchien nochmals 1824 in dritter Auf- lage). Charakteriſtiſch für die noch bei Blumenbach herrſchende Auf- faſſung iſt das Geſtändniß, daß er aus dem ungeheuren (eben nur zootomiſchen) Material eine Auswahl habe treffen müſſen, wobei er ſich beſonders von der Phyſiologie und der Naturgeſchichte der Thiere ſowie von der größern oder geringern Leichtigkeit der Herbeiſchaffung derſelben habe beſtimmen laſſen. Die Wirbelthiere nehmen den weitaus größten Raum ein, davon wieder die Knochenlehre am ausführlichſten geſchildert wird. Eine weitere Anregung gab dann Ignaz Döllinger (1770, † 1841), welcher in einem 1814 erſchienenen Programme den Werth und die Bedeutung der vergleichenden Anatomie, freilich noch als Hülfswiſſenſchaft der Medicin hervorhob, und bald darauf C. Fr. Burdach, welcher 1817 gleichfalls in einer akademiſchen Gelegen- heitsſchrift „über die Aufgabe der Morphologie“ das, was die verglei- chende Anatomie zu leiſten habe, ſchildert, zwar zunächſt noch im Anſchluſſe an die Bedürfniſſe des Praktikers und nicht frei von natur- philoſophiſcher Färbung, aber doch in bewußter Ahnung die wichtigen Aufgaben der Morphologie erfaſſend. Bezeichnend iſt es, daß gerade dieſe beiden Männer ihrer Ueberzeugung von der Bedeutung der ver- gleichenden Anatomie Ausdruck gaben und das Ziel derſelben andeuteten, zu deſſen Erreichung nur wenige Jahre ſpäter beſonders von Würzburg und Königsberg aus, wo ſie wirkten, ſo erfolgreich erſtrebt wurde. Schon zeitig traten aber hier Einzelarbeiten auf, welche als weſentliche Bauſteine zur Errichtung des zunächſt nur in matten Umriſſen vor- ſchwebenden Gebäudes der Morphologie angeſehen werden müſſen. Der Reihe nach als der erſte iſt hier Gotthelf Fiſcher (geadelt von Waldheim, geb. 1771 in dieſer Stadt, geſt. 1853 in Moskau, wo er ſeit 1804 dem Muſeum und der naturforſchenden Geſellſchaft vor- ſtand) zu nennen, welcher 1795 über die Schwimmblaſe der Fiſche, 1800 über den Zwiſchenkiefer ſchrieb und 1804 eine Anatomie der Makis gab, wogegen ſeine ſpätern Arbeiten entomologiſchen und vor- züglich geologiſchen und paläontologiſchen Inhalts ſind. Der Zeit nach folgte ihm Döllinger, welcher von 1805 an einige Punkte der Ana- tomie der Fiſche aufzuklären ſuchte. Vorzüglich auf Anregung Sömmer-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/615>, abgerufen am 22.11.2024.