Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der Systematik. Kalm, Löfling, Hasselquist u. A. Der im vorigen Jahrhundert er-wachte Eifer für die Physik der Erde machte aber eine ziemliche Anzahl größerer Reisen nothwendig, theils zur Beobachtung der Venusdurch- gänge, theils zur Ausführung zusammenhängender Längen- und Breite- bestimmungen, theils zur Lösung allgemein hydrographischer Fragen, und nur bei wenigen dieser Expeditionen fand die Zoologie gar keine Berücksichtigung. Parallel mit diesen großen Reisen um die Erde gien- gen dann noch einerseits Expeditionen, welche einzelne Regierungen aussandten zur genaueren Erforschung der Naturbeschaffenheit der be- herrschten Länder, andrerseits naturhistorische, beziehungsweise fauni- stische Untersuchungen kleinerer Gebiete der alten und neuen Welt. Trotz dieser Berücksichtigung der Thierformen auf größeren und kleineren Reisen muß doch aber auch hier wiederholt bemerkt werden, daß der Fortschritt der Wissenschaft durchaus nicht in einem direct nachweis- baren Zusammenhange mit dem Bekanntwerden fremder oder merk- würdiger Thierformen oder etwa in einem bestimmten Verhältnisse zu demselben steht. Funde erhalten ja erst durch den Stand der Wissen- schaft ihre Bedeutung, für gewisse Entdeckungen muß sie daher erst reif, d. h. durch bestimmte allgemeine Anschauungen vorbereitet sein. Bei- spielsweise mag erwähnt werden, daß bereits W. Dampier im Jahre 1700 ein Känguruh an der australischen Westküste fand. Diese Ent- deckung hat aber weder die Ansicht über die Verbreitung der Beutelthiere, noch die über die faunistische Natur Australiens, noch endlich die über die Anatomie der Säugethiere irgendwie beeinflußt, so daß sogar jene so fremdartige Thierform den beiden Naturforschern, welche Cook auf seiner ersten Reise begleiteten, Banks und Solander, neu war. Wenn auch durch die früheren holländischen Reisen, welche freilich Periode der Syſtematik. Kalm, Löfling, Haſſelquiſt u. A. Der im vorigen Jahrhundert er-wachte Eifer für die Phyſik der Erde machte aber eine ziemliche Anzahl größerer Reiſen nothwendig, theils zur Beobachtung der Venusdurch- gänge, theils zur Ausführung zuſammenhängender Längen- und Breite- beſtimmungen, theils zur Löſung allgemein hydrographiſcher Fragen, und nur bei wenigen dieſer Expeditionen fand die Zoologie gar keine Berückſichtigung. Parallel mit dieſen großen Reiſen um die Erde gien- gen dann noch einerſeits Expeditionen, welche einzelne Regierungen ausſandten zur genaueren Erforſchung der Naturbeſchaffenheit der be- herrſchten Länder, andrerſeits naturhiſtoriſche, beziehungsweiſe fauni- ſtiſche Unterſuchungen kleinerer Gebiete der alten und neuen Welt. Trotz dieſer Berückſichtigung der Thierformen auf größeren und kleineren Reiſen muß doch aber auch hier wiederholt bemerkt werden, daß der Fortſchritt der Wiſſenſchaft durchaus nicht in einem direct nachweis- baren Zuſammenhange mit dem Bekanntwerden fremder oder merk- würdiger Thierformen oder etwa in einem beſtimmten Verhältniſſe zu demſelben ſteht. Funde erhalten ja erſt durch den Stand der Wiſſen- ſchaft ihre Bedeutung, für gewiſſe Entdeckungen muß ſie daher erſt reif, d. h. durch beſtimmte allgemeine Anſchauungen vorbereitet ſein. Bei- ſpielsweiſe mag erwähnt werden, daß bereits W. Dampier im Jahre 1700 ein Känguruh an der auſtraliſchen Weſtküſte fand. Dieſe Ent- deckung hat aber weder die Anſicht über die Verbreitung der Beutelthiere, noch die über die fauniſtiſche Natur Auſtraliens, noch endlich die über die Anatomie der Säugethiere irgendwie beeinflußt, ſo daß ſogar jene ſo fremdartige Thierform den beiden Naturforſchern, welche Cook auf ſeiner erſten Reiſe begleiteten, Banks und Solander, neu war. Wenn auch durch die früheren holländiſchen Reiſen, welche freilich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0541" n="530"/><fw place="top" type="header">Periode der Syſtematik.</fw><lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119166615">Kalm</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117676837">Löfling</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117503355">Haſſelquiſt</persName> u. A. 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Periode der Syſtematik.
Kalm, Löfling, Haſſelquiſt u. A. Der im vorigen Jahrhundert er-
wachte Eifer für die Phyſik der Erde machte aber eine ziemliche Anzahl
größerer Reiſen nothwendig, theils zur Beobachtung der Venusdurch-
gänge, theils zur Ausführung zuſammenhängender Längen- und Breite-
beſtimmungen, theils zur Löſung allgemein hydrographiſcher Fragen,
und nur bei wenigen dieſer Expeditionen fand die Zoologie gar keine
Berückſichtigung. Parallel mit dieſen großen Reiſen um die Erde gien-
gen dann noch einerſeits Expeditionen, welche einzelne Regierungen
ausſandten zur genaueren Erforſchung der Naturbeſchaffenheit der be-
herrſchten Länder, andrerſeits naturhiſtoriſche, beziehungsweiſe fauni-
ſtiſche Unterſuchungen kleinerer Gebiete der alten und neuen Welt. Trotz
dieſer Berückſichtigung der Thierformen auf größeren und kleineren
Reiſen muß doch aber auch hier wiederholt bemerkt werden, daß der
Fortſchritt der Wiſſenſchaft durchaus nicht in einem direct nachweis-
baren Zuſammenhange mit dem Bekanntwerden fremder oder merk-
würdiger Thierformen oder etwa in einem beſtimmten Verhältniſſe zu
demſelben ſteht. Funde erhalten ja erſt durch den Stand der Wiſſen-
ſchaft ihre Bedeutung, für gewiſſe Entdeckungen muß ſie daher erſt reif,
d. h. durch beſtimmte allgemeine Anſchauungen vorbereitet ſein. Bei-
ſpielsweiſe mag erwähnt werden, daß bereits W. Dampier im Jahre
1700 ein Känguruh an der auſtraliſchen Weſtküſte fand. Dieſe Ent-
deckung hat aber weder die Anſicht über die Verbreitung der Beutelthiere,
noch die über die fauniſtiſche Natur Auſtraliens, noch endlich die über
die Anatomie der Säugethiere irgendwie beeinflußt, ſo daß ſogar jene
ſo fremdartige Thierform den beiden Naturforſchern, welche Cook auf
ſeiner erſten Reiſe begleiteten, Banks und Solander, neu war.
Wenn auch durch die früheren holländiſchen Reiſen, welche freilich
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts faſt ganz aufhörten, zahlreiche
naturhiſtoriſche Gegenſtände den Muſeen Europa's zugeführt wurden,
ſo waren denſelben doch keine Naturforſcher zu wiſſenſchaftlichen Zwecken
ausdrücklich beigeſellt, ebenſowenig wie den früheren engliſchen Expe-
ditionen unter Byron (1764-66) und Wallis (1766-68). Dagegen
begleiteten Bougainville (1766-69) die beiden Forſcher und Sammler
Sonnerat und Commerſon, von denen der erſtere ſeine Reiſe
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