Dromedars. Später wurden sie eingeführt und in größerer Zahl gehalten38).
Von Einhufern waren den Alten das Pferd, der Esel, der Kulan und Dschiggetai bekannt. Unter den Pferden rühmt Aristoteles be- sonders die nisäischen ihrer Schnelligkeit wegen (Hist. anim. IX, 50. 251). Gleichen Vorzug schreibt Aelian den libyschen zu, welche außer- dem gar keine Pflege bedürften oder genössen (de nat. anim. III, 2). Ob die von Archilochos angeführten "neunstreifigen magnesischen" und prienischen Esel39) besonders ausgezeichnete Rassen waren, ist nicht zu entscheiden. Im Verhältniß zu den übrigen Säugethieren kleine Esel erwähnt Aristoteles von Epirus, wogegen Esel ihrer Empfindlichkeit gegen Kälte wegen weder in Skythien noch am Pontus vorkommen sollen. Ungemeine Schnelligkeit, aber dann plötzliches Ermüden schil- dert Aelian (XIV, 10) von den mauritanischen Eseln. Wildesel (onager, jetzt Kulan) kommen bei Xenophon, Varro, Plinius und Aelian vor. Auf den Dschiggetai bezieht man den Ausdruck "Hemionus" (Halbesel) bei Aristoteles (Hist. anim. VI, 24. 163), worunter er indeß an an- dern Stellen die Bastarde von Pferden und Eseln, also fast synonym mit "Oreus", versteht. Die Kreuzung des Pferdes mit dem Esel zur Erzeugung der in manchen Beziehungen jenen beiden an Brauchbarkeit vorzuziehenden Maulthieren und Mauleseln ist jedenfalls sehr alt, doch nur bei den Ariern, den Semiten war sie verboten. Anakreon schreibt ihre Erfindung den Mysiern zu40). Aelian erzählt, daß in den großen Heerden wilder Pferde und Esel Indiens die Stuten häufig Eselhengste zuließen und gutlaufende braune Maulthiere erzeugten (XVI, 9). Ari- stoteles macht noch keinen Unterschied zwischen Maulthier (von Esel- hengst und Pferdestute) und Maulesel (von Pferdehengst und Eselin), sondern bezeichnet beide mit "Oreus" oder "Hemionus". Er meint aber,
38) Nach Aurelius Victor (Caes. 41) war der Usurpator Calocerus auf Zypern Aufseher der kaiserlichen Dromedare, magister pecoris camelorum (335 n. Chr.).
39) Magnes enneamuklos onos; 183. Hartung übersetzt (die griech. Ly- riker) "mit neun Wülsten"; es sind aber jedenfalls die Streifen gemeint.
40) ippothoron de Musoi euron mixin onon (pros ippous) 35. Fragm.
Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
Dromedars. Später wurden ſie eingeführt und in größerer Zahl gehalten38).
Von Einhufern waren den Alten das Pferd, der Eſel, der Kulan und Dſchiggetai bekannt. Unter den Pferden rühmt Ariſtoteles be- ſonders die niſäiſchen ihrer Schnelligkeit wegen (Hist. anim. IX, 50. 251). Gleichen Vorzug ſchreibt Aelian den libyſchen zu, welche außer- dem gar keine Pflege bedürften oder genöſſen (de nat. anim. III, 2). Ob die von Archilochos angeführten „neunſtreifigen magneſiſchen“ und prieniſchen Eſel39) beſonders ausgezeichnete Raſſen waren, iſt nicht zu entſcheiden. Im Verhältniß zu den übrigen Säugethieren kleine Eſel erwähnt Ariſtoteles von Epirus, wogegen Eſel ihrer Empfindlichkeit gegen Kälte wegen weder in Skythien noch am Pontus vorkommen ſollen. Ungemeine Schnelligkeit, aber dann plötzliches Ermüden ſchil- dert Aelian (XIV, 10) von den mauritaniſchen Eſeln. Wildeſel (onager, jetzt Kulan) kommen bei Xenophon, Varro, Plinius und Aelian vor. Auf den Dſchiggetai bezieht man den Ausdruck „Hemionus“ (Halbeſel) bei Ariſtoteles (Hist. anim. VI, 24. 163), worunter er indeß an an- dern Stellen die Baſtarde von Pferden und Eſeln, alſo faſt ſynonym mit „Oreus“, verſteht. Die Kreuzung des Pferdes mit dem Eſel zur Erzeugung der in manchen Beziehungen jenen beiden an Brauchbarkeit vorzuziehenden Maulthieren und Mauleſeln iſt jedenfalls ſehr alt, doch nur bei den Ariern, den Semiten war ſie verboten. Anakreon ſchreibt ihre Erfindung den Myſiern zu40). Aelian erzählt, daß in den großen Heerden wilder Pferde und Eſel Indiens die Stuten häufig Eſelhengſte zuließen und gutlaufende braune Maulthiere erzeugten (XVI, 9). Ari- ſtoteles macht noch keinen Unterſchied zwiſchen Maulthier (von Eſel- hengſt und Pferdeſtute) und Mauleſel (von Pferdehengſt und Eſelin), ſondern bezeichnet beide mit „Oreus“ oder „Hemionus“. Er meint aber,
38) Nach Aurelius Victor (Caes. 41) war der Uſurpator Calocerus auf Zypern Aufſeher der kaiſerlichen Dromedare, magister pecoris camelorum (335 n. Chr.).
39) Μάγνης ἐννεάμυκλος ὄνος; 183. Hartung überſetzt (die griech. Ly- riker) „mit neun Wülſten“; es ſind aber jedenfalls die Streifen gemeint.
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Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
Dromedars. Später wurden ſie eingeführt und in größerer Zahl
gehalten 38).
Von Einhufern waren den Alten das Pferd, der Eſel, der Kulan
und Dſchiggetai bekannt. Unter den Pferden rühmt Ariſtoteles be-
ſonders die niſäiſchen ihrer Schnelligkeit wegen (Hist. anim. IX, 50.
251). Gleichen Vorzug ſchreibt Aelian den libyſchen zu, welche außer-
dem gar keine Pflege bedürften oder genöſſen (de nat. anim. III, 2).
Ob die von Archilochos angeführten „neunſtreifigen magneſiſchen“ und
prieniſchen Eſel 39) beſonders ausgezeichnete Raſſen waren, iſt nicht zu
entſcheiden. Im Verhältniß zu den übrigen Säugethieren kleine Eſel
erwähnt Ariſtoteles von Epirus, wogegen Eſel ihrer Empfindlichkeit
gegen Kälte wegen weder in Skythien noch am Pontus vorkommen
ſollen. Ungemeine Schnelligkeit, aber dann plötzliches Ermüden ſchil-
dert Aelian (XIV, 10) von den mauritaniſchen Eſeln. Wildeſel (onager,
jetzt Kulan) kommen bei Xenophon, Varro, Plinius und Aelian vor.
Auf den Dſchiggetai bezieht man den Ausdruck „Hemionus“ (Halbeſel)
bei Ariſtoteles (Hist. anim. VI, 24. 163), worunter er indeß an an-
dern Stellen die Baſtarde von Pferden und Eſeln, alſo faſt ſynonym
mit „Oreus“, verſteht. Die Kreuzung des Pferdes mit dem Eſel zur
Erzeugung der in manchen Beziehungen jenen beiden an Brauchbarkeit
vorzuziehenden Maulthieren und Mauleſeln iſt jedenfalls ſehr alt, doch
nur bei den Ariern, den Semiten war ſie verboten. Anakreon ſchreibt
ihre Erfindung den Myſiern zu 40). Aelian erzählt, daß in den großen
Heerden wilder Pferde und Eſel Indiens die Stuten häufig Eſelhengſte
zuließen und gutlaufende braune Maulthiere erzeugten (XVI, 9). Ari-
ſtoteles macht noch keinen Unterſchied zwiſchen Maulthier (von Eſel-
hengſt und Pferdeſtute) und Mauleſel (von Pferdehengſt und Eſelin),
ſondern bezeichnet beide mit „Oreus“ oder „Hemionus“. Er meint aber,
38) Nach Aurelius Victor (Caes. 41) war der Uſurpator Calocerus auf Zypern
Aufſeher der kaiſerlichen Dromedare, magister pecoris camelorum (335 n. Chr.).
39) Μάγνης ἐννεάμυκλος ὄνος; 183. Hartung überſetzt (die griech. Ly-
riker) „mit neun Wülſten“; es ſind aber jedenfalls die Streifen gemeint.
40) ἱπποθόρον δὲ Μυσοὶ εὗρον μῖξιν ὄνων (πρὸς ἴππους) 35. Fragm.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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