Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Akademien.
gehend unterbrochen haben. Es sind dies die deutsche, englische und
französische Akademie, welche man alle drei als den Naturwissenschaf-
ten gewidmet bezeichnen kann.

Den Gedanken zur Gründung der erstgenannten faßte schon
im Jahre 1651 der Stadtarzt der freien Reichsstadt Schweinfurt,
Johann Lorenz Bausch, welcher am 1. Januar 1652 mit
den Aerzten Fehr, Metzger und Wohlfarth die erste Sitzung
hielt, darin sofort die Statuten vorlegte und damit die Grün-
dung der Academia Naturae Curiosorum vollzog. So
unscheinbar und auf die Anstrengungen einzelner Persönlichkeiten
sich stützend das erste Auftreten dieser Akademie war, so gewann sie
doch bald ein ziemliches Ansehen. Der erste Schritt hierzu geschah
durch die Bestätigung der Statuten und die Privilegirung der Akademie
durch Kaiser Leopold im Jahre 1677 und 1687, eine Auszeichnung,
deren Erlangung schon längere Zeit vorher eines der thätigsten Mit-
glieder, Philipp Jakob Sachs von Lewenhaimb in Breslau,
als für den Aufschwung der neuen Stiftung äußerst wünschenswerth
bezeichnet hatte. Nachdem dann Kaiser Karl VII diese Privilegien be-
stätigt hatte, führte die Akademie bis in die neueste Zeit den Namen
der kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher,
ohne jedoch anfangs durch irgend welche materielle Unterstützung dem
Kaiser oder Reich verbunden zu sein. Der hauptsächlichste Vortheil,
welchen diese Auszeichnung mit sich brachte, lag in der damit den Na-
turwissenschaften ausgesprochenen Anerkennung. Dieselben erschienen
zwar noch als Hülfswissenschaften der Medicin, also ähnlich, wie sie
meist noch an Universitäten angesehen werden; ihre Aufgaben stellten
sie sich indeß selbständig und nur mit der in ihrer ganzen Entwickelung
bedingten Anlehnung an die Heilkunde. Jene kaiserliche Anerkennung
erhielt auch äußere Formen; doch theilten der Präsident und der Di-
rector Ephemeridum (wie der mit der Herausgabe der akademischen
Schriften betraute Beamte genannt wurde) die ihnen verliehene Würde
eines Pfalzgrafen mit fast sämmtlichen Universitäten, manchen städti-
schen Obrigkeiten, einzelnen hervorragenden Persönlichkeiten, wie kai-
serlichen Leibärzten, berühmten Juristen u. s. w.; die damit verbunde-

Akademien.
gehend unterbrochen haben. Es ſind dies die deutſche, engliſche und
franzöſiſche Akademie, welche man alle drei als den Naturwiſſenſchaf-
ten gewidmet bezeichnen kann.

Den Gedanken zur Gründung der erſtgenannten faßte ſchon
im Jahre 1651 der Stadtarzt der freien Reichsſtadt Schweinfurt,
Johann Lorenz Bauſch, welcher am 1. Januar 1652 mit
den Aerzten Fehr, Metzger und Wohlfarth die erſte Sitzung
hielt, darin ſofort die Statuten vorlegte und damit die Grün-
dung der Academia Naturae Curiosorum vollzog. So
unſcheinbar und auf die Anſtrengungen einzelner Perſönlichkeiten
ſich ſtützend das erſte Auftreten dieſer Akademie war, ſo gewann ſie
doch bald ein ziemliches Anſehen. Der erſte Schritt hierzu geſchah
durch die Beſtätigung der Statuten und die Privilegirung der Akademie
durch Kaiſer Leopold im Jahre 1677 und 1687, eine Auszeichnung,
deren Erlangung ſchon längere Zeit vorher eines der thätigſten Mit-
glieder, Philipp Jakob Sachs von Lewenhaimb in Breslau,
als für den Aufſchwung der neuen Stiftung äußerſt wünſchenswerth
bezeichnet hatte. Nachdem dann Kaiſer Karl VII dieſe Privilegien be-
ſtätigt hatte, führte die Akademie bis in die neueſte Zeit den Namen
der kaiſerlichen Leopoldiniſch-Caroliniſchen Akademie der Naturforſcher,
ohne jedoch anfangs durch irgend welche materielle Unterſtützung dem
Kaiſer oder Reich verbunden zu ſein. Der hauptſächlichſte Vortheil,
welchen dieſe Auszeichnung mit ſich brachte, lag in der damit den Na-
turwiſſenſchaften ausgeſprochenen Anerkennung. Dieſelben erſchienen
zwar noch als Hülfswiſſenſchaften der Medicin, alſo ähnlich, wie ſie
meiſt noch an Univerſitäten angeſehen werden; ihre Aufgaben ſtellten
ſie ſich indeß ſelbſtändig und nur mit der in ihrer ganzen Entwickelung
bedingten Anlehnung an die Heilkunde. Jene kaiſerliche Anerkennung
erhielt auch äußere Formen; doch theilten der Präſident und der Di-
rector Ephemeridum (wie der mit der Herausgabe der akademiſchen
Schriften betraute Beamte genannt wurde) die ihnen verliehene Würde
eines Pfalzgrafen mit faſt ſämmtlichen Univerſitäten, manchen ſtädti-
ſchen Obrigkeiten, einzelnen hervorragenden Perſönlichkeiten, wie kai-
ſerlichen Leibärzten, berühmten Juriſten u. ſ. w.; die damit verbunde-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0420" n="409"/><fw place="top" type="header">Akademien.</fw><lb/>
gehend unterbrochen haben. Es &#x017F;ind dies die deut&#x017F;che, engli&#x017F;che und<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;che Akademie, welche man alle drei als den Naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten gewidmet bezeichnen kann.</p><lb/>
          <p>Den Gedanken zur Gründung der er&#x017F;tgenannten faßte &#x017F;chon<lb/>
im Jahre 1651 der Stadtarzt der freien Reichs&#x017F;tadt Schweinfurt,<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118868713">Johann Lorenz Bau&#x017F;ch</persName></hi>, welcher am 1. Januar 1652 mit<lb/>
den Aerzten <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117504084">Fehr</persName></hi>, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/102519889">Metzger</persName></hi> und <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/132276593">Wohlfarth</persName></hi> die er&#x017F;te Sitzung<lb/>
hielt, darin &#x017F;ofort die Statuten vorlegte und damit die Grün-<lb/>
dung der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Academia Naturae Curiosorum</hi></hi> vollzog. So<lb/>
un&#x017F;cheinbar und auf die An&#x017F;trengungen einzelner Per&#x017F;önlichkeiten<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;tützend das er&#x017F;te Auftreten die&#x017F;er Akademie war, &#x017F;o gewann &#x017F;ie<lb/>
doch bald ein ziemliches An&#x017F;ehen. Der er&#x017F;te Schritt hierzu ge&#x017F;chah<lb/>
durch die Be&#x017F;tätigung der Statuten und die Privilegirung der Akademie<lb/>
durch Kai&#x017F;er <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118571869">Leopold</persName> im Jahre 1677 und 1687, eine Auszeichnung,<lb/>
deren Erlangung &#x017F;chon längere Zeit vorher eines der thätig&#x017F;ten Mit-<lb/>
glieder, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117599719">Philipp Jakob Sachs</persName> von Lewenhaimb</hi> in Breslau,<lb/>
als für den Auf&#x017F;chwung der neuen Stiftung äußer&#x017F;t wün&#x017F;chenswerth<lb/>
bezeichnet hatte. Nachdem dann Kai&#x017F;er <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560115">Karl</persName> <hi rendition="#aq">VII</hi> die&#x017F;e Privilegien be-<lb/>
&#x017F;tätigt hatte, führte die Akademie bis in die neue&#x017F;te Zeit den Namen<lb/>
der kai&#x017F;erlichen Leopoldini&#x017F;ch-Carolini&#x017F;chen Akademie der Naturfor&#x017F;cher,<lb/>
ohne jedoch anfangs durch irgend welche materielle Unter&#x017F;tützung dem<lb/>
Kai&#x017F;er oder Reich verbunden zu &#x017F;ein. Der haupt&#x017F;ächlich&#x017F;te Vortheil,<lb/>
welchen die&#x017F;e Auszeichnung mit &#x017F;ich brachte, lag in der damit den Na-<lb/>
turwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften ausge&#x017F;prochenen Anerkennung. Die&#x017F;elben er&#x017F;chienen<lb/>
zwar noch als Hülfswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften der Medicin, al&#x017F;o ähnlich, wie &#x017F;ie<lb/>
mei&#x017F;t noch an Univer&#x017F;itäten ange&#x017F;ehen werden; ihre Aufgaben &#x017F;tellten<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich indeß &#x017F;elb&#x017F;tändig und nur mit der in ihrer ganzen Entwickelung<lb/>
bedingten Anlehnung an die Heilkunde. Jene kai&#x017F;erliche Anerkennung<lb/>
erhielt auch äußere Formen; doch theilten der Prä&#x017F;ident und der Di-<lb/>
rector Ephemeridum (wie der mit der Herausgabe der akademi&#x017F;chen<lb/>
Schriften betraute Beamte genannt wurde) die ihnen verliehene Würde<lb/>
eines Pfalzgrafen mit fa&#x017F;t &#x017F;ämmtlichen Univer&#x017F;itäten, manchen &#x017F;tädti-<lb/>
&#x017F;chen Obrigkeiten, einzelnen hervorragenden Per&#x017F;önlichkeiten, wie kai-<lb/>
&#x017F;erlichen Leibärzten, berühmten Juri&#x017F;ten u. &#x017F;. w.; die damit verbunde-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0420] Akademien. gehend unterbrochen haben. Es ſind dies die deutſche, engliſche und franzöſiſche Akademie, welche man alle drei als den Naturwiſſenſchaf- ten gewidmet bezeichnen kann. Den Gedanken zur Gründung der erſtgenannten faßte ſchon im Jahre 1651 der Stadtarzt der freien Reichsſtadt Schweinfurt, Johann Lorenz Bauſch, welcher am 1. Januar 1652 mit den Aerzten Fehr, Metzger und Wohlfarth die erſte Sitzung hielt, darin ſofort die Statuten vorlegte und damit die Grün- dung der Academia Naturae Curiosorum vollzog. So unſcheinbar und auf die Anſtrengungen einzelner Perſönlichkeiten ſich ſtützend das erſte Auftreten dieſer Akademie war, ſo gewann ſie doch bald ein ziemliches Anſehen. Der erſte Schritt hierzu geſchah durch die Beſtätigung der Statuten und die Privilegirung der Akademie durch Kaiſer Leopold im Jahre 1677 und 1687, eine Auszeichnung, deren Erlangung ſchon längere Zeit vorher eines der thätigſten Mit- glieder, Philipp Jakob Sachs von Lewenhaimb in Breslau, als für den Aufſchwung der neuen Stiftung äußerſt wünſchenswerth bezeichnet hatte. Nachdem dann Kaiſer Karl VII dieſe Privilegien be- ſtätigt hatte, führte die Akademie bis in die neueſte Zeit den Namen der kaiſerlichen Leopoldiniſch-Caroliniſchen Akademie der Naturforſcher, ohne jedoch anfangs durch irgend welche materielle Unterſtützung dem Kaiſer oder Reich verbunden zu ſein. Der hauptſächlichſte Vortheil, welchen dieſe Auszeichnung mit ſich brachte, lag in der damit den Na- turwiſſenſchaften ausgeſprochenen Anerkennung. Dieſelben erſchienen zwar noch als Hülfswiſſenſchaften der Medicin, alſo ähnlich, wie ſie meiſt noch an Univerſitäten angeſehen werden; ihre Aufgaben ſtellten ſie ſich indeß ſelbſtändig und nur mit der in ihrer ganzen Entwickelung bedingten Anlehnung an die Heilkunde. Jene kaiſerliche Anerkennung erhielt auch äußere Formen; doch theilten der Präſident und der Di- rector Ephemeridum (wie der mit der Herausgabe der akademiſchen Schriften betraute Beamte genannt wurde) die ihnen verliehene Würde eines Pfalzgrafen mit faſt ſämmtlichen Univerſitäten, manchen ſtädti- ſchen Obrigkeiten, einzelnen hervorragenden Perſönlichkeiten, wie kai- ſerlichen Leibärzten, berühmten Juriſten u. ſ. w.; die damit verbunde-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/420
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/420>, abgerufen am 17.08.2024.