Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der encyklopädischen Darstellungen.
Correspondent Conrad Gesner's erwähnt wurde84). In gleichem
Sinne ist der Dialog über die Vögel von Gybert Longolius ab-
gefaßt, welchen nach dem Tode des Verfassers derselbe Will. Turner
herausgegeben hat. Turner spricht sich in der dem Werke vorgestellten
Einleitung sehr passend darüber aus, wie unrecht es sei, wenn Gram-
matiker und Lehrer beim Erklären guter Autoren nicht wüßten, was
die bei diesen vorkommenden Thier- und Pflanzennamen bedeuteten.
Diesem wolle Longolius abhelfen. Im Ganzen ist aber der Dialog
mager, Naturgeschichtliches findet sich fast gar nicht darin85). Zu den
Aufzählungen der erst genannten Art gehören die Beiträge, welche wie-
derum Turner über die englischen Vögel gegeben und unter Andern
Gesner mitgetheilt hat. -- Entsprechen die hier genannten Arbeiten
mehr oder weniger der philologisirenden Richtung der Zeit, so erschien
kurz nach ihnen ein Werk von der größten Wichtigkeit für die Geschichte
der Vögelkunde, welches, gleichzeitig mit der ersten Auflage von Ges-
ner
's Ornithologie veröffentlicht, die erste Monographie über die ganze
Classe darstellt, die Naturgeschichte der Vögel von Pierre Belon86).
Belon, dessen Beobachtungen auf Reisen in Süd-Europa schon oben
erwähnt sind, wurde um 1518 in Souletiere im Maine geboren (er
nennt sich daher Belon du Mans). Von seinem Bildungsgang kennt
man nur wenig; man weiß bloß, daß sich der Cardinal von Tournon,
welcher auch als Gönner Rondelets genannt werden wird, und der
Cardinal von Chatillon seiner auf liberale Weise annahmen und ihn
besonders in die Lage brachten, Reisen unternehmen zu können. Vor
den oben geschilderten Wanderungen war Belon bereits in Deutschland
(um 1540) und hat auch den Valerius Cordus in Wittenberg gehört.
Ob dieser aber Einfluß auf Belon's weitere Studien gehabt hat, ist

84) Avium praecipuarum quarum apud Plinium et Aristotelem mentio
est, historia. Coloniae, 1544. De avibus, privately reprinted (by Dr. Thack-
eray
) Cambridge, 1823. 12°.
85) Dialogus de Avibus et earum nominibus Graecis, Latinis et Germa-
nicis. Non minus festivus quam eruditus et omnibus studiosis ad intelli-
gendos Poetas maximo utilis. Coloniae, 1544.8.
86) L'Histoire de la nature des Oyseaux, avec leurs descriptions et
naifs portraicts retirez du naturel. Paris, 1555. Fol.

Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
Correſpondent Conrad Gesner's erwähnt wurde84). In gleichem
Sinne iſt der Dialog über die Vögel von Gybert Longolius ab-
gefaßt, welchen nach dem Tode des Verfaſſers derſelbe Will. Turner
herausgegeben hat. Turner ſpricht ſich in der dem Werke vorgeſtellten
Einleitung ſehr paſſend darüber aus, wie unrecht es ſei, wenn Gram-
matiker und Lehrer beim Erklären guter Autoren nicht wüßten, was
die bei dieſen vorkommenden Thier- und Pflanzennamen bedeuteten.
Dieſem wolle Longolius abhelfen. Im Ganzen iſt aber der Dialog
mager, Naturgeſchichtliches findet ſich faſt gar nicht darin85). Zu den
Aufzählungen der erſt genannten Art gehören die Beiträge, welche wie-
derum Turner über die engliſchen Vögel gegeben und unter Andern
Gesner mitgetheilt hat. — Entſprechen die hier genannten Arbeiten
mehr oder weniger der philologiſirenden Richtung der Zeit, ſo erſchien
kurz nach ihnen ein Werk von der größten Wichtigkeit für die Geſchichte
der Vögelkunde, welches, gleichzeitig mit der erſten Auflage von Ges-
ner
's Ornithologie veröffentlicht, die erſte Monographie über die ganze
Claſſe darſtellt, die Naturgeſchichte der Vögel von Pierre Belon86).
Belon, deſſen Beobachtungen auf Reiſen in Süd-Europa ſchon oben
erwähnt ſind, wurde um 1518 in Souletière im Maine geboren (er
nennt ſich daher Belon du Mans). Von ſeinem Bildungsgang kennt
man nur wenig; man weiß bloß, daß ſich der Cardinal von Tournon,
welcher auch als Gönner Rondelets genannt werden wird, und der
Cardinal von Chatillon ſeiner auf liberale Weiſe annahmen und ihn
beſonders in die Lage brachten, Reiſen unternehmen zu können. Vor
den oben geſchilderten Wanderungen war Belon bereits in Deutſchland
(um 1540) und hat auch den Valerius Cordus in Wittenberg gehört.
Ob dieſer aber Einfluß auf Belon's weitere Studien gehabt hat, iſt

84) Avium praecipuarum quarum apud Plinium et Aristotelem mentio
est, historia. Coloniae, 1544. De avibus, privately reprinted (by Dr. Thack-
eray
) Cambridge, 1823. 12°.
85) Dialogus de Avibus et earum nominibus Graecis, Latinis et Germa-
nicis. Non minus festivus quam eruditus et omnibus studiosis ad intelli-
gendos Poetas maximo utilis. Coloniae, 1544.8.
86) L'Histoire de la nature des Oyseaux, avec leurs descriptions et
naïfs portraicts retirez du naturel. Paris, 1555. Fol.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0359" n="348"/><fw place="top" type="header">Periode der encyklopädi&#x017F;chen Dar&#x017F;tellungen.</fw><lb/>
Corre&#x017F;pondent <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118694413">Conrad Gesner</persName>'s erwähnt wurde<note place="foot" n="84)"><hi rendition="#aq">Avium praecipuarum quarum apud <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinium</persName> et <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Aristotelem</persName> mentio<lb/>
est, historia. Coloniae, 1544. De avibus, privately reprinted (by Dr. <persName ref="nognd">Thack-<lb/>
eray</persName>) Cambridge, 1823. 12°.</hi></note>. In gleichem<lb/>
Sinne i&#x017F;t der Dialog über die Vögel von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118930095">Gybert Longolius</persName></hi> ab-<lb/>
gefaßt, welchen nach dem Tode des Verfa&#x017F;&#x017F;ers der&#x017F;elbe <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104126078">Will. Turner</persName><lb/>
herausgegeben hat. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104126078">Turner</persName> &#x017F;pricht &#x017F;ich in der dem Werke vorge&#x017F;tellten<lb/>
Einleitung &#x017F;ehr pa&#x017F;&#x017F;end darüber aus, wie unrecht es &#x017F;ei, wenn Gram-<lb/>
matiker und Lehrer beim Erklären guter Autoren nicht wüßten, was<lb/>
die bei die&#x017F;en vorkommenden Thier- und Pflanzennamen bedeuteten.<lb/>
Die&#x017F;em wolle <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118930095">Longolius</persName> abhelfen. Im Ganzen i&#x017F;t aber der Dialog<lb/>
mager, Naturge&#x017F;chichtliches findet &#x017F;ich fa&#x017F;t gar nicht darin<note place="foot" n="85)"><hi rendition="#aq">Dialogus de Avibus et earum nominibus Graecis, Latinis et Germa-<lb/>
nicis. Non minus festivus quam eruditus et omnibus studiosis ad intelli-<lb/>
gendos Poetas maximo utilis. Coloniae, 1544.8.</hi></note>. Zu den<lb/>
Aufzählungen der er&#x017F;t genannten Art gehören die Beiträge, welche wie-<lb/>
derum <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104126078">Turner</persName> über die engli&#x017F;chen Vögel gegeben und unter Andern<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118694413">Gesner</persName> mitgetheilt hat. &#x2014; Ent&#x017F;prechen die hier genannten Arbeiten<lb/>
mehr oder weniger der philologi&#x017F;irenden Richtung der Zeit, &#x017F;o er&#x017F;chien<lb/>
kurz nach ihnen ein Werk von der größten Wichtigkeit für die Ge&#x017F;chichte<lb/>
der Vögelkunde, welches, gleichzeitig mit der er&#x017F;ten Auflage von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118694413">Ges-<lb/>
ner</persName>'s Ornithologie veröffentlicht, die er&#x017F;te Monographie über die ganze<lb/>
Cla&#x017F;&#x017F;e dar&#x017F;tellt, die Naturge&#x017F;chichte der Vögel von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Pierre Belon</persName></hi><note place="foot" n="86)"><hi rendition="#aq">L'Histoire de la nature des Oyseaux, avec leurs descriptions et<lb/>
naïfs portraicts retirez du naturel. Paris, 1555. Fol.</hi></note>.<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon</persName>, de&#x017F;&#x017F;en Beobachtungen auf Rei&#x017F;en in Süd-Europa &#x017F;chon oben<lb/>
erwähnt &#x017F;ind, wurde um 1518 in Souletière im Maine geboren (er<lb/>
nennt &#x017F;ich daher <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon du Mans</persName>). Von &#x017F;einem Bildungsgang kennt<lb/>
man nur wenig; man weiß bloß, daß &#x017F;ich der Cardinal von Tournon,<lb/>
welcher auch als Gönner <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117593966">Rondelets</persName> genannt werden wird, und der<lb/>
Cardinal von Chatillon &#x017F;einer auf liberale Wei&#x017F;e annahmen und ihn<lb/>
be&#x017F;onders in die Lage brachten, Rei&#x017F;en unternehmen zu können. Vor<lb/>
den oben ge&#x017F;childerten Wanderungen war <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon</persName> bereits in <placeName>Deut&#x017F;chland</placeName><lb/>
(um 1540) und hat auch den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118670085">Valerius Cordus</persName> in Wittenberg gehört.<lb/>
Ob die&#x017F;er aber Einfluß auf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon</persName>'s weitere Studien gehabt hat, i&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0359] Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen. Correſpondent Conrad Gesner's erwähnt wurde 84). In gleichem Sinne iſt der Dialog über die Vögel von Gybert Longolius ab- gefaßt, welchen nach dem Tode des Verfaſſers derſelbe Will. Turner herausgegeben hat. Turner ſpricht ſich in der dem Werke vorgeſtellten Einleitung ſehr paſſend darüber aus, wie unrecht es ſei, wenn Gram- matiker und Lehrer beim Erklären guter Autoren nicht wüßten, was die bei dieſen vorkommenden Thier- und Pflanzennamen bedeuteten. Dieſem wolle Longolius abhelfen. Im Ganzen iſt aber der Dialog mager, Naturgeſchichtliches findet ſich faſt gar nicht darin 85). Zu den Aufzählungen der erſt genannten Art gehören die Beiträge, welche wie- derum Turner über die engliſchen Vögel gegeben und unter Andern Gesner mitgetheilt hat. — Entſprechen die hier genannten Arbeiten mehr oder weniger der philologiſirenden Richtung der Zeit, ſo erſchien kurz nach ihnen ein Werk von der größten Wichtigkeit für die Geſchichte der Vögelkunde, welches, gleichzeitig mit der erſten Auflage von Ges- ner's Ornithologie veröffentlicht, die erſte Monographie über die ganze Claſſe darſtellt, die Naturgeſchichte der Vögel von Pierre Belon 86). Belon, deſſen Beobachtungen auf Reiſen in Süd-Europa ſchon oben erwähnt ſind, wurde um 1518 in Souletière im Maine geboren (er nennt ſich daher Belon du Mans). Von ſeinem Bildungsgang kennt man nur wenig; man weiß bloß, daß ſich der Cardinal von Tournon, welcher auch als Gönner Rondelets genannt werden wird, und der Cardinal von Chatillon ſeiner auf liberale Weiſe annahmen und ihn beſonders in die Lage brachten, Reiſen unternehmen zu können. Vor den oben geſchilderten Wanderungen war Belon bereits in Deutſchland (um 1540) und hat auch den Valerius Cordus in Wittenberg gehört. Ob dieſer aber Einfluß auf Belon's weitere Studien gehabt hat, iſt 84) Avium praecipuarum quarum apud Plinium et Aristotelem mentio est, historia. Coloniae, 1544. De avibus, privately reprinted (by Dr. Thack- eray) Cambridge, 1823. 12°. 85) Dialogus de Avibus et earum nominibus Graecis, Latinis et Germa- nicis. Non minus festivus quam eruditus et omnibus studiosis ad intelli- gendos Poetas maximo utilis. Coloniae, 1544.8. 86) L'Histoire de la nature des Oyseaux, avec leurs descriptions et naïfs portraicts retirez du naturel. Paris, 1555. Fol.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/359
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/359>, abgerufen am 25.11.2024.