Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Zoologie des Mittelalters.

Der Salamander, über dessen Verhalten zum Feuer und in
demselben Aristoteles (hist. anim. 5, 106) und Plinius (10, 188;
29, 76), sowie andere alte Schriftsteller sprechen, wird von einem
chaldäischen Glossator zu 3. Mose 11, 29 angeführt (Bochart), wäh-
rend andere die in dem nächsten Verse vorkommende Eidechse hierauf
beziehen. Dieselbe Stelle wird auch zur Rechtfertigung der in mehreren
Physiologen vorkommenden "Sonneneidechse", wahrscheinlich des Var-
ans oder Landcrocodils angezogen, von welcher eine auf ihre Häutung
sich beziehende Erzählung gegeben wird.

Die Gliederthiere sind allein durch die Ameise fast durchgehend
vertreten, welche nur im provencalischen und isländischen Physiologus
fehlen. Die drei von ihnen angeführten Eigenschaften finden sich auch
im Plinius mehr oder weniger übereinstimmend geschildert. Guillaume
le Normand knüpft außerdem die Schilderung der goldgrabenden
Ameisen an, wie sie von Herodot, Ktesias, Megasthenes u. a. gegeben
wird.

Der in einigen Physiologis vorkommende Ameisenlöwe ist
kaum das Insect, vielmehr ein fabelhaftes Mischwesen. Es gründet sich
seine Erwähnung auf Hiob 4, 11, wo die griechisch-alexandrinische
Uebersetzung das Wort Myrmekoleo gibt65).

Die nachstehende Tabelle wird am besten geeignet sein, über die
Zahl und die Aufeinanderfolge der erwähnten Thiere in den Haupt-
gruppen der Physiologusrecensionen eine Uebersicht zu geben. Die nur
einmal vorkommenden Thiere sind dabei nicht berücksichtigt.


65) murmekoleon oleto para to me ekhein boran; die Vulgata hat tigris
periit eo quod non haberet praedam
; Luther: der Löwe ist umgekommen.
Die Zoologie des Mittelalters.

Der Salamander, über deſſen Verhalten zum Feuer und in
demſelben Ariſtoteles (hist. anim. 5, 106) und Plinius (10, 188;
29, 76), ſowie andere alte Schriftſteller ſprechen, wird von einem
chaldäiſchen Gloſſator zu 3. Moſe 11, 29 angeführt (Bochart), wäh-
rend andere die in dem nächſten Verſe vorkommende Eidechſe hierauf
beziehen. Dieſelbe Stelle wird auch zur Rechtfertigung der in mehreren
Phyſiologen vorkommenden „Sonneneidechſe“, wahrſcheinlich des Var-
ans oder Landcrocodils angezogen, von welcher eine auf ihre Häutung
ſich beziehende Erzählung gegeben wird.

Die Gliederthiere ſind allein durch die Ameiſe faſt durchgehend
vertreten, welche nur im provençaliſchen und isländiſchen Phyſiologus
fehlen. Die drei von ihnen angeführten Eigenſchaften finden ſich auch
im Plinius mehr oder weniger übereinſtimmend geſchildert. Guillaume
le Normand knüpft außerdem die Schilderung der goldgrabenden
Ameiſen an, wie ſie von Herodot, Kteſias, Megaſthenes u. a. gegeben
wird.

Der in einigen Phyſiologis vorkommende Ameiſenlöwe iſt
kaum das Inſect, vielmehr ein fabelhaftes Miſchweſen. Es gründet ſich
ſeine Erwähnung auf Hiob 4, 11, wo die griechiſch-alexandriniſche
Ueberſetzung das Wort Myrmekoleo gibt65).

Die nachſtehende Tabelle wird am beſten geeignet ſein, über die
Zahl und die Aufeinanderfolge der erwähnten Thiere in den Haupt-
gruppen der Phyſiologusrecenſionen eine Ueberſicht zu geben. Die nur
einmal vorkommenden Thiere ſind dabei nicht berückſichtigt.


65) μυρμηκολέων ὤλετο παρὰ τὸ μὴ ἔχειν βοράν; die Vulgata hat tigris
periit eo quod non haberet praedam
; Luther: der Löwe iſt umgekommen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0147" n="136"/>
          <fw place="top" type="header">Die Zoologie des Mittelalters.</fw><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Salamander</hi>, über de&#x017F;&#x017F;en Verhalten zum Feuer und in<lb/>
dem&#x017F;elben <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;toteles</persName> (<hi rendition="#aq">hist. anim. 5, 106</hi>) und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> (10, 188;<lb/>
29, 76), &#x017F;owie andere alte Schrift&#x017F;teller &#x017F;prechen, wird von einem<lb/>
chaldäi&#x017F;chen Glo&#x017F;&#x017F;ator zu 3. Mo&#x017F;e 11, 29 angeführt (<persName ref="http://d-nb.info/gnd/124373208">Bochart</persName>), wäh-<lb/>
rend andere die in dem näch&#x017F;ten Ver&#x017F;e vorkommende Eidech&#x017F;e hierauf<lb/>
beziehen. Die&#x017F;elbe Stelle wird auch zur Rechtfertigung der in mehreren<lb/>
Phy&#x017F;iologen vorkommenden &#x201E;Sonneneidech&#x017F;e&#x201C;, wahr&#x017F;cheinlich des Var-<lb/>
ans oder Landcrocodils angezogen, von welcher eine auf ihre Häutung<lb/>
&#x017F;ich beziehende Erzählung gegeben wird.</p><lb/>
          <p>Die Gliederthiere &#x017F;ind allein durch die <hi rendition="#g">Amei&#x017F;e</hi> fa&#x017F;t durchgehend<lb/>
vertreten, welche nur im provençali&#x017F;chen und isländi&#x017F;chen Phy&#x017F;iologus<lb/>
fehlen. Die drei von ihnen angeführten Eigen&#x017F;chaften finden &#x017F;ich auch<lb/>
im <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> mehr oder weniger überein&#x017F;timmend ge&#x017F;childert. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11869913X">Guillaume</persName><lb/>
le Normand knüpft außerdem die Schilderung der goldgrabenden<lb/>
Amei&#x017F;en an, wie &#x017F;ie von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118549855">Herodot</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119379295">Kte&#x017F;ias</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/102398771">Mega&#x017F;thenes</persName> u. a. gegeben<lb/>
wird.</p><lb/>
          <p>Der in einigen Phy&#x017F;iologis vorkommende <hi rendition="#g">Amei&#x017F;enlöwe</hi> i&#x017F;t<lb/>
kaum das In&#x017F;ect, vielmehr ein fabelhaftes Mi&#x017F;chwe&#x017F;en. Es gründet &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eine Erwähnung auf Hiob 4, 11, wo die griechi&#x017F;ch-alexandrini&#x017F;che<lb/>
Ueber&#x017F;etzung das Wort Myrmekoleo gibt<note place="foot" n="65)">&#x03BC;&#x03C5;&#x03C1;&#x03BC;&#x03B7;&#x03BA;&#x03BF;&#x03BB;&#x1F73;&#x03C9;&#x03BD; &#x1F64;&#x03BB;&#x03B5;&#x03C4;&#x03BF; &#x03C0;&#x03B1;&#x03C1;&#x1F70; &#x03C4;&#x1F78; &#x03BC;&#x1F74; &#x1F14;&#x03C7;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; &#x03B2;&#x03BF;&#x03C1;&#x1F71;&#x03BD;; die Vulgata hat <hi rendition="#aq">tigris<lb/>
periit eo quod non haberet praedam</hi>; <hi rendition="#g"><persName ref="&#x05EA;&#x05E0;&#x05E9;&#x05DE;&#x05EA;">Luther</persName></hi>: der Löwe i&#x017F;t umgekommen.</note>.</p><lb/>
          <p>Die nach&#x017F;tehende Tabelle wird am be&#x017F;ten geeignet &#x017F;ein, über die<lb/>
Zahl und die Aufeinanderfolge der erwähnten Thiere in den Haupt-<lb/>
gruppen der Phy&#x017F;iologusrecen&#x017F;ionen eine Ueber&#x017F;icht zu geben. Die nur<lb/>
einmal vorkommenden Thiere &#x017F;ind dabei nicht berück&#x017F;ichtigt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0147] Die Zoologie des Mittelalters. Der Salamander, über deſſen Verhalten zum Feuer und in demſelben Ariſtoteles (hist. anim. 5, 106) und Plinius (10, 188; 29, 76), ſowie andere alte Schriftſteller ſprechen, wird von einem chaldäiſchen Gloſſator zu 3. Moſe 11, 29 angeführt (Bochart), wäh- rend andere die in dem nächſten Verſe vorkommende Eidechſe hierauf beziehen. Dieſelbe Stelle wird auch zur Rechtfertigung der in mehreren Phyſiologen vorkommenden „Sonneneidechſe“, wahrſcheinlich des Var- ans oder Landcrocodils angezogen, von welcher eine auf ihre Häutung ſich beziehende Erzählung gegeben wird. Die Gliederthiere ſind allein durch die Ameiſe faſt durchgehend vertreten, welche nur im provençaliſchen und isländiſchen Phyſiologus fehlen. Die drei von ihnen angeführten Eigenſchaften finden ſich auch im Plinius mehr oder weniger übereinſtimmend geſchildert. Guillaume le Normand knüpft außerdem die Schilderung der goldgrabenden Ameiſen an, wie ſie von Herodot, Kteſias, Megaſthenes u. a. gegeben wird. Der in einigen Phyſiologis vorkommende Ameiſenlöwe iſt kaum das Inſect, vielmehr ein fabelhaftes Miſchweſen. Es gründet ſich ſeine Erwähnung auf Hiob 4, 11, wo die griechiſch-alexandriniſche Ueberſetzung das Wort Myrmekoleo gibt 65). Die nachſtehende Tabelle wird am beſten geeignet ſein, über die Zahl und die Aufeinanderfolge der erwähnten Thiere in den Haupt- gruppen der Phyſiologusrecenſionen eine Ueberſicht zu geben. Die nur einmal vorkommenden Thiere ſind dabei nicht berückſichtigt. 65) μυρμηκολέων ὤλετο παρὰ τὸ μὴ ἔχειν βοράν; die Vulgata hat tigris periit eo quod non haberet praedam; Luther: der Löwe iſt umgekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/147
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/147>, abgerufen am 22.11.2024.