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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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In ersterer Beziehung ist daran zu erinnern, wie schon
im unbewußten sich Darleben der Idee, in der Entwicklung
aller der, für nach außen Offenbar-machen des innern
Wollens gegebenen Organe, die Beziehung ausgesprochen
ist, welche die reagirende, selbstbestimmende Seite unsers
seelischen Wesens auf die Organisation haben müsse. Wie
es daher entschieden der Fall sein wird, daß da, wo in
erster unbewußter Bildung gerade die Organe der reagiren¬
den Seite stärker in der Anlage vorhanden sind, auch die
Willensenergie im Geiste mächtiger hervortreten wird, so
wird auch umgekehrt viele Uebung des Willens diese Sei¬
ten der Organisation heben und mehr ausbilden. Einer
besondern Erwägung bedarf jedoch hier das Verhältniß des
Willens zu der reagirenden Seite in den Sinnesorganen;
namentlich pflegt das Auge, dieses überhaupt so seelische
Organ, in dieser Hinsicht von besonderer Bedeutung zu
sein. Dieses Thun des Auges ist wesentlich für alles
Sehen, denn ohne dasselbe ist kein bestimmtes Sehen mög¬
lich; dieses Thun äußert sich aber dem Beobachtenden ins¬
besondere im Blick, und eben darum ist das Auge zugleich,
so wie es Gefühl und Erkenntniß verkündet, auch ein Spie¬
gel für die höhere oder niedere Willenskraft. Eben darum
aber liegt auch im Blick des Auges diese seltsame dämonische
Gewalt, und das für so viel Andere, ja selbst für Thiere,
Bestimmende und vollkommen Beherrschende. Aus diesem
Grunde ist das Auge oftmals das, was den Willen des
Menschen am unmittelbarsten verkündet, und es mag leicht¬
lich vorkommen, daß, wer den Worten und Thaten eines
Willenskräftigen wohl noch widerstehen mag, vollkommen
überwunden werden kann, durch einen einzigen Blick. Ja
ich muß hier noch auf die merkwürdige zugleich antago¬
nistische Stufenfolge aufmerksam machen, welche, je nach
der höhern oder niedern Natur des Menschen, in den Arten
sich äußert wie der Wille desselben sich in der Organisation
offenbart, indem was in der niedern Wesenheit durch die

In erſterer Beziehung iſt daran zu erinnern, wie ſchon
im unbewußten ſich Darleben der Idee, in der Entwicklung
aller der, für nach außen Offenbar-machen des innern
Wollens gegebenen Organe, die Beziehung ausgeſprochen
iſt, welche die reagirende, ſelbſtbeſtimmende Seite unſers
ſeeliſchen Weſens auf die Organiſation haben müſſe. Wie
es daher entſchieden der Fall ſein wird, daß da, wo in
erſter unbewußter Bildung gerade die Organe der reagiren¬
den Seite ſtärker in der Anlage vorhanden ſind, auch die
Willensenergie im Geiſte mächtiger hervortreten wird, ſo
wird auch umgekehrt viele Uebung des Willens dieſe Sei¬
ten der Organiſation heben und mehr ausbilden. Einer
beſondern Erwägung bedarf jedoch hier das Verhältniß des
Willens zu der reagirenden Seite in den Sinnesorganen;
namentlich pflegt das Auge, dieſes überhaupt ſo ſeeliſche
Organ, in dieſer Hinſicht von beſonderer Bedeutung zu
ſein. Dieſes Thun des Auges iſt weſentlich für alles
Sehen, denn ohne daſſelbe iſt kein beſtimmtes Sehen mög¬
lich; dieſes Thun äußert ſich aber dem Beobachtenden ins¬
beſondere im Blick, und eben darum iſt das Auge zugleich,
ſo wie es Gefühl und Erkenntniß verkündet, auch ein Spie¬
gel für die höhere oder niedere Willenskraft. Eben darum
aber liegt auch im Blick des Auges dieſe ſeltſame dämoniſche
Gewalt, und das für ſo viel Andere, ja ſelbſt für Thiere,
Beſtimmende und vollkommen Beherrſchende. Aus dieſem
Grunde iſt das Auge oftmals das, was den Willen des
Menſchen am unmittelbarſten verkündet, und es mag leicht¬
lich vorkommen, daß, wer den Worten und Thaten eines
Willenskräftigen wohl noch widerſtehen mag, vollkommen
überwunden werden kann, durch einen einzigen Blick. Ja
ich muß hier noch auf die merkwürdige zugleich antago¬
niſtiſche Stufenfolge aufmerkſam machen, welche, je nach
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ſich äußert wie der Wille deſſelben ſich in der Organiſation
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[364/0380] In erſterer Beziehung iſt daran zu erinnern, wie ſchon im unbewußten ſich Darleben der Idee, in der Entwicklung aller der, für nach außen Offenbar-machen des innern Wollens gegebenen Organe, die Beziehung ausgeſprochen iſt, welche die reagirende, ſelbſtbeſtimmende Seite unſers ſeeliſchen Weſens auf die Organiſation haben müſſe. Wie es daher entſchieden der Fall ſein wird, daß da, wo in erſter unbewußter Bildung gerade die Organe der reagiren¬ den Seite ſtärker in der Anlage vorhanden ſind, auch die Willensenergie im Geiſte mächtiger hervortreten wird, ſo wird auch umgekehrt viele Uebung des Willens dieſe Sei¬ ten der Organiſation heben und mehr ausbilden. Einer beſondern Erwägung bedarf jedoch hier das Verhältniß des Willens zu der reagirenden Seite in den Sinnesorganen; namentlich pflegt das Auge, dieſes überhaupt ſo ſeeliſche Organ, in dieſer Hinſicht von beſonderer Bedeutung zu ſein. Dieſes Thun des Auges iſt weſentlich für alles Sehen, denn ohne daſſelbe iſt kein beſtimmtes Sehen mög¬ lich; dieſes Thun äußert ſich aber dem Beobachtenden ins¬ beſondere im Blick, und eben darum iſt das Auge zugleich, ſo wie es Gefühl und Erkenntniß verkündet, auch ein Spie¬ gel für die höhere oder niedere Willenskraft. Eben darum aber liegt auch im Blick des Auges dieſe ſeltſame dämoniſche Gewalt, und das für ſo viel Andere, ja ſelbſt für Thiere, Beſtimmende und vollkommen Beherrſchende. Aus dieſem Grunde iſt das Auge oftmals das, was den Willen des Menſchen am unmittelbarſten verkündet, und es mag leicht¬ lich vorkommen, daß, wer den Worten und Thaten eines Willenskräftigen wohl noch widerſtehen mag, vollkommen überwunden werden kann, durch einen einzigen Blick. Ja ich muß hier noch auf die merkwürdige zugleich antago¬ niſtiſche Stufenfolge aufmerkſam machen, welche, je nach der höhern oder niedern Natur des Menſchen, in den Arten ſich äußert wie der Wille deſſelben ſich in der Organiſation offenbart, indem was in der niedern Weſenheit durch die

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/380>, abgerufen am 22.11.2024.