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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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sehen der viele Meilen weit im Kasten fortgeführten Taube
natürlich ist, welche nun, freigelassen, mit Bestimmtheit
stets nach jener Richtung hinfliegt wo ihre Brutstätte sich
befindet. Eben darum mußten wir ja früher schon den
Ausdruck von Cuvier anführen, welcher die Thiere in ihren
merkwürdigen Vorgefühlen und Instinkten mit Somnam¬
bulen verglich.

Scheint es doch überhaupt bei dieser Gelegenheit noch
unerläßlich, einige Bemerkungen über den erwähnten künst¬
lich erregten magnetischen Zustand beizufügen, welcher jetzt
nach allem Vorhergegangenen leichter verstanden werden wird.
Es ist nämlich oben gezeigt worden, wie das Einschlafen
erfolgt so bald ein höherer Grad von Ermüdung gegeben
ist, und wie im gesunden Zustande die Ermüdung dadurch
erregt wird, daß in stärkern und anhaltenden Strömungen
der Innervation für den Zweck bewußten Vorstellens und
willkürlichen Reagirens, dieses Strömen selbst sich allmählig
erschöpfe, und so das Unbewußte wieder das Bewußtsein
in sich aufnehme und versenke. Dieses momentane Er¬
schöpfen der Innervation kann nun auf natürlichem Wege
geschehen durch starke und lange Reaction, namentlich Muskel¬
bewegung, und durch anhaltendes und überhäufendes Auf¬
nehmen von Sinnesvorstellungen; dagegen auf künstlichem
Wege es hervorzurufen, wird nur möglich, indem man
durch irgend eine directe Einwirkung auf das Nervenleben
diese Innervation veranlaßt, schneller von den nicht nervösen
Gebilden absorbirt zu werden. Hiezu ist nun die Manipu¬
lation dienlich, welche man "Magnetisiren" nennt, d. h. ins¬
besondere das vom Kopfe abwärts (also in der Richtung
der centrifugalen -- ausströmenden Innervation) angewendete
Streichen, oft auch das bloße Händeauflegen. Daß hiebei
ein gewisses unmittelbares Ineinanderwirken der Nerven¬
systeme des Magnetiseurs und des Magnetisirten Statt finden
müsse, um jenes vermehrte Strömen der Innervation im
Magnetisirten zu bewirken, ist klar; man könnte es daher

ſehen der viele Meilen weit im Kaſten fortgeführten Taube
natürlich iſt, welche nun, freigelaſſen, mit Beſtimmtheit
ſtets nach jener Richtung hinfliegt wo ihre Brutſtätte ſich
befindet. Eben darum mußten wir ja früher ſchon den
Ausdruck von Cuvier anführen, welcher die Thiere in ihren
merkwürdigen Vorgefühlen und Inſtinkten mit Somnam¬
bulen verglich.

Scheint es doch überhaupt bei dieſer Gelegenheit noch
unerläßlich, einige Bemerkungen über den erwähnten künſt¬
lich erregten magnetiſchen Zuſtand beizufügen, welcher jetzt
nach allem Vorhergegangenen leichter verſtanden werden wird.
Es iſt nämlich oben gezeigt worden, wie das Einſchlafen
erfolgt ſo bald ein höherer Grad von Ermüdung gegeben
iſt, und wie im geſunden Zuſtande die Ermüdung dadurch
erregt wird, daß in ſtärkern und anhaltenden Strömungen
der Innervation für den Zweck bewußten Vorſtellens und
willkürlichen Reagirens, dieſes Strömen ſelbſt ſich allmählig
erſchöpfe, und ſo das Unbewußte wieder das Bewußtſein
in ſich aufnehme und verſenke. Dieſes momentane Er¬
ſchöpfen der Innervation kann nun auf natürlichem Wege
geſchehen durch ſtarke und lange Reaction, namentlich Muskel¬
bewegung, und durch anhaltendes und überhäufendes Auf¬
nehmen von Sinnesvorſtellungen; dagegen auf künſtlichem
Wege es hervorzurufen, wird nur möglich, indem man
durch irgend eine directe Einwirkung auf das Nervenleben
dieſe Innervation veranlaßt, ſchneller von den nicht nervöſen
Gebilden abſorbirt zu werden. Hiezu iſt nun die Manipu¬
lation dienlich, welche man „Magnetiſiren“ nennt, d. h. ins¬
beſondere das vom Kopfe abwärts (alſo in der Richtung
der centrifugalen — ausſtrömenden Innervation) angewendete
Streichen, oft auch das bloße Händeauflegen. Daß hiebei
ein gewiſſes unmittelbares Ineinanderwirken der Nerven¬
ſyſteme des Magnetiſeurs und des Magnetiſirten Statt finden
müſſe, um jenes vermehrte Strömen der Innervation im
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[221/0237] ſehen der viele Meilen weit im Kaſten fortgeführten Taube natürlich iſt, welche nun, freigelaſſen, mit Beſtimmtheit ſtets nach jener Richtung hinfliegt wo ihre Brutſtätte ſich befindet. Eben darum mußten wir ja früher ſchon den Ausdruck von Cuvier anführen, welcher die Thiere in ihren merkwürdigen Vorgefühlen und Inſtinkten mit Somnam¬ bulen verglich. Scheint es doch überhaupt bei dieſer Gelegenheit noch unerläßlich, einige Bemerkungen über den erwähnten künſt¬ lich erregten magnetiſchen Zuſtand beizufügen, welcher jetzt nach allem Vorhergegangenen leichter verſtanden werden wird. Es iſt nämlich oben gezeigt worden, wie das Einſchlafen erfolgt ſo bald ein höherer Grad von Ermüdung gegeben iſt, und wie im geſunden Zuſtande die Ermüdung dadurch erregt wird, daß in ſtärkern und anhaltenden Strömungen der Innervation für den Zweck bewußten Vorſtellens und willkürlichen Reagirens, dieſes Strömen ſelbſt ſich allmählig erſchöpfe, und ſo das Unbewußte wieder das Bewußtſein in ſich aufnehme und verſenke. Dieſes momentane Er¬ ſchöpfen der Innervation kann nun auf natürlichem Wege geſchehen durch ſtarke und lange Reaction, namentlich Muskel¬ bewegung, und durch anhaltendes und überhäufendes Auf¬ nehmen von Sinnesvorſtellungen; dagegen auf künſtlichem Wege es hervorzurufen, wird nur möglich, indem man durch irgend eine directe Einwirkung auf das Nervenleben dieſe Innervation veranlaßt, ſchneller von den nicht nervöſen Gebilden abſorbirt zu werden. Hiezu iſt nun die Manipu¬ lation dienlich, welche man „Magnetiſiren“ nennt, d. h. ins¬ beſondere das vom Kopfe abwärts (alſo in der Richtung der centrifugalen — ausſtrömenden Innervation) angewendete Streichen, oft auch das bloße Händeauflegen. Daß hiebei ein gewiſſes unmittelbares Ineinanderwirken der Nerven¬ ſyſteme des Magnetiſeurs und des Magnetiſirten Statt finden müſſe, um jenes vermehrte Strömen der Innervation im Magnetiſirten zu bewirken, iſt klar; man könnte es daher

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/237>, abgerufen am 25.11.2024.