Die Größe des Eies beträgt jetzt gegen 11 Zoll in der Länge und 7 Zoll in der Breite. Das Chorion pellucidum ist noch mit sehr kurzen Saugfasern besetzt und mit kleinen Blut- gefäßen durchwoben, auch verwächst es nunmehr größtentheils vollständig mit dem Amnion. Der Nabelstrang ist durchgängig gewunden *) und 18 bis 24 Zoll lang, das Fruchtwasser hat jetzt eine etwas molkigte Beschaffenheit, und ist in der Menge von 4 bis 8 Unzen gewöhnlich noch vorhanden; zu- weilen bemerkt man auch, daß es einen zähen, weißen Schleim auf der Oberhaut des Kindes absetzt (gleichsam als Nieder- schlag), welchen man Käseschleim(Vernix caseosa) zu nennen pflegt, und welcher in Folge des aufgesaugten größern Theils des Fruchtwassers sich zu bilden scheint. Der Mutterkuchen mißt jetzt gewöhnlich 6 bis 8 Zoll im Durchmesser, wiegt gegen oder etwas über ein Pfund, und zeigt der Regel nach den Na- belstrang in der Mitte eingesenkt.
§. 717.
Das Kind selbst ist als ausgetragenes Kind in der neunund- dreißigsten oder vierzigsten Schwangerschaftswoche 18 bis 20 Zoll lang und 61/2 bis 7 oder 8 Pfund schwer; die Kopfknochen sind ziemlich fest, lassen sich jedoch in der Pfeil- und Hinter- hauptsnath noch etwas übereinander schieben, die große Fonta- nelle hat in größter Breite gegen einen Zoll, und zeigt den Un- terschied zwischen dem spitzigen nach der Stirnnath, und dem stumpfen gegen die Pfeilnath gerichteten Winkel (wel- cher Unterschied für Erkenntniß der Kopfstellung im Be- cken wichtig ist) sehr deutlich; die kleine Fontanelle ist fast ganz geschlossen, und stellt sich nur als Spitze des Dreiecks der Hinterhauptsnath dar. Kopfhaare sind nun größtentheils, doch fast durchgängig von dunkler Farbe, entwickelt; sie fallen jedoch,
*) Woher rührt wohl dieß Winden der Nabelschnur? bei Zwillingen in einer Höhle fand man sogar beide Nabelschnuren zusammen ge- dreht. Hat etwa der menschliche Embryo eine gewisse rotirende Bewegung? --
§. 715.
Die Groͤße des Eies betraͤgt jetzt gegen 11 Zoll in der Laͤnge und 7 Zoll in der Breite. Das Chorion pellucidum iſt noch mit ſehr kurzen Saugfaſern beſetzt und mit kleinen Blut- gefaͤßen durchwoben, auch verwaͤchſt es nunmehr groͤßtentheils vollſtaͤndig mit dem Amnion. Der Nabelſtrang iſt durchgaͤngig gewunden *) und 18 bis 24 Zoll lang, das Fruchtwaſſer hat jetzt eine etwas molkigte Beſchaffenheit, und iſt in der Menge von 4 bis 8 Unzen gewoͤhnlich noch vorhanden; zu- weilen bemerkt man auch, daß es einen zaͤhen, weißen Schleim auf der Oberhaut des Kindes abſetzt (gleichſam als Nieder- ſchlag), welchen man Kaͤſeſchleim(Vernix caseosa) zu nennen pflegt, und welcher in Folge des aufgeſaugten groͤßern Theils des Fruchtwaſſers ſich zu bilden ſcheint. Der Mutterkuchen mißt jetzt gewoͤhnlich 6 bis 8 Zoll im Durchmeſſer, wiegt gegen oder etwas uͤber ein Pfund, und zeigt der Regel nach den Na- belſtrang in der Mitte eingeſenkt.
§. 717.
Das Kind ſelbſt iſt als ausgetragenes Kind in der neunund- dreißigſten oder vierzigſten Schwangerſchaftswoche 18 bis 20 Zoll lang und 6½ bis 7 oder 8 Pfund ſchwer; die Kopfknochen ſind ziemlich feſt, laſſen ſich jedoch in der Pfeil- und Hinter- hauptsnath noch etwas uͤbereinander ſchieben, die große Fonta- nelle hat in groͤßter Breite gegen einen Zoll, und zeigt den Un- terſchied zwiſchen dem ſpitzigen nach der Stirnnath, und dem ſtumpfen gegen die Pfeilnath gerichteten Winkel (wel- cher Unterſchied fuͤr Erkenntniß der Kopfſtellung im Be- cken wichtig iſt) ſehr deutlich; die kleine Fontanelle iſt faſt ganz geſchloſſen, und ſtellt ſich nur als Spitze des Dreiecks der Hinterhauptsnath dar. Kopfhaare ſind nun groͤßtentheils, doch faſt durchgaͤngig von dunkler Farbe, entwickelt; ſie fallen jedoch,
*) Woher ruͤhrt wohl dieß Winden der Nabelſchnur? bei Zwillingen in einer Hoͤhle fand man ſogar beide Nabelſchnuren zuſammen ge- dreht. Hat etwa der menſchliche Embryo eine gewiſſe rotirende Bewegung? —
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§. 715.
Die Groͤße des Eies betraͤgt jetzt gegen 11 Zoll in der
Laͤnge und 7 Zoll in der Breite. Das Chorion pellucidum
iſt noch mit ſehr kurzen Saugfaſern beſetzt und mit kleinen Blut-
gefaͤßen durchwoben, auch verwaͤchſt es nunmehr groͤßtentheils
vollſtaͤndig mit dem Amnion. Der Nabelſtrang iſt durchgaͤngig
gewunden *) und 18 bis 24 Zoll lang, das Fruchtwaſſer
hat jetzt eine etwas molkigte Beſchaffenheit, und iſt in der
Menge von 4 bis 8 Unzen gewoͤhnlich noch vorhanden; zu-
weilen bemerkt man auch, daß es einen zaͤhen, weißen Schleim
auf der Oberhaut des Kindes abſetzt (gleichſam als Nieder-
ſchlag), welchen man Kaͤſeſchleim (Vernix caseosa) zu
nennen pflegt, und welcher in Folge des aufgeſaugten groͤßern
Theils des Fruchtwaſſers ſich zu bilden ſcheint. Der Mutterkuchen
mißt jetzt gewoͤhnlich 6 bis 8 Zoll im Durchmeſſer, wiegt gegen
oder etwas uͤber ein Pfund, und zeigt der Regel nach den Na-
belſtrang in der Mitte eingeſenkt.
§. 717.
Das Kind ſelbſt iſt als ausgetragenes Kind in der neunund-
dreißigſten oder vierzigſten Schwangerſchaftswoche 18 bis 20
Zoll lang und 6½ bis 7 oder 8 Pfund ſchwer; die Kopfknochen
ſind ziemlich feſt, laſſen ſich jedoch in der Pfeil- und Hinter-
hauptsnath noch etwas uͤbereinander ſchieben, die große Fonta-
nelle hat in groͤßter Breite gegen einen Zoll, und zeigt den Un-
terſchied zwiſchen dem ſpitzigen nach der Stirnnath, und
dem ſtumpfen gegen die Pfeilnath gerichteten Winkel (wel-
cher Unterſchied fuͤr Erkenntniß der Kopfſtellung im Be-
cken wichtig iſt) ſehr deutlich; die kleine Fontanelle iſt faſt
ganz geſchloſſen, und ſtellt ſich nur als Spitze des Dreiecks der
Hinterhauptsnath dar. Kopfhaare ſind nun groͤßtentheils, doch
faſt durchgaͤngig von dunkler Farbe, entwickelt; ſie fallen jedoch,
*) Woher ruͤhrt wohl dieß Winden der Nabelſchnur? bei Zwillingen
in einer Hoͤhle fand man ſogar beide Nabelſchnuren zuſammen ge-
dreht. Hat etwa der menſchliche Embryo eine gewiſſe rotirende
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/68>, abgerufen am 24.11.2024.
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