Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Kindern, welche an wunden Warzen gesaugt haben, Schreien
und anhaltende Unruhe welche durch zu festes Binden, Wik-
keln, stechende Nadeln u. dergl. verursacht werden, ferner sy-
philitische Exantheme u. s. w. 3) Man berücksichtige genau
den gesammten Habitus des Kindes, untersuche genau den gan-
zen Körper desselben, um aufzufinden ob irgendwo die natür-
liche Beschaffenheit verändert sey, das Kind Schmerz bei stär-
kerer Berührung zeige u. s. w., übergehe nicht die Tempera-
tur der Haut, das Verhalten der Näthe und Fontanellen
(deren Einsinken vorzüglich als Zeichen von Atrophie oder
schnellem Sinken der Lebensthätigkeit in akuten Krankheiten
bedeutend ist), die Beschaffenheit des Nabels, der Mundhöhle u.
s. w. 4) Man beachte genau die Quantität und Qualität
der natürlichen Ausleerungen und vergleiche sie mit der Quan-
tität und Qualität der aufgenommenen Nahrungsmittel.

§. 1650.

Rücksichtlich der ärztlichen Behandlung endlich muß
vorzüglich beachtet werden, daß gerade in dieser Periode, wo
der Stoffwechsel noch so rasch von Statten geht, auch die
Natur vorzüglich thätig sey in selbstthätiger Beseitigung krank-
hafter Zustände, und oft nur eine geringe Unterstützung von
Seiten der Kunst fordere, wohl aber durch gewaltsames Ein-
greifen derselben in ihrem heilsamen Bestreben gänzlich gestört
werden könne. Ferner ist bei dem Kinde vorzügliche Sorg-
falt auf Anordnung einer zweckmäßigen Pflege zu verwenden,
da hier oft schon die Entfernung schlechter Verpflegung, un-
zweckmäßiger Ernährung u. s. w. hinlänglich ist, um Krank-
heiten zu heben, ohne genaue Befolgung der passenden Diät
und sonstigen Pflege aber durchaus die ärztlichen Bemühun-
gen fruchtlos bleiben werden. -- Bedarf man nun aber der
Anwendung ärztlicher Mittel, so wähle man stets die mildern
und gebe die stärker wirkenden nur in kleinen Dosen. Hef-
tige Gifte, wie Opium, gebe man entweder gar nicht oder
unr mit der größten Vorsicht. Vorzüglich ist bei Neugebor-
nen viel durch äußere Mittel (auch wegen der größern Thä-

Kindern, welche an wunden Warzen geſaugt haben, Schreien
und anhaltende Unruhe welche durch zu feſtes Binden, Wik-
keln, ſtechende Nadeln u. dergl. verurſacht werden, ferner ſy-
philitiſche Exantheme u. ſ. w. 3) Man beruͤckſichtige genau
den geſammten Habitus des Kindes, unterſuche genau den gan-
zen Koͤrper deſſelben, um aufzufinden ob irgendwo die natuͤr-
liche Beſchaffenheit veraͤndert ſey, das Kind Schmerz bei ſtaͤr-
kerer Beruͤhrung zeige u. ſ. w., uͤbergehe nicht die Tempera-
tur der Haut, das Verhalten der Naͤthe und Fontanellen
(deren Einſinken vorzuͤglich als Zeichen von Atrophie oder
ſchnellem Sinken der Lebensthaͤtigkeit in akuten Krankheiten
bedeutend iſt), die Beſchaffenheit des Nabels, der Mundhoͤhle u.
ſ. w. 4) Man beachte genau die Quantitaͤt und Qualitaͤt
der natuͤrlichen Ausleerungen und vergleiche ſie mit der Quan-
titaͤt und Qualitaͤt der aufgenommenen Nahrungsmittel.

§. 1650.

Ruͤckſichtlich der aͤrztlichen Behandlung endlich muß
vorzuͤglich beachtet werden, daß gerade in dieſer Periode, wo
der Stoffwechſel noch ſo raſch von Statten geht, auch die
Natur vorzuͤglich thaͤtig ſey in ſelbſtthaͤtiger Beſeitigung krank-
hafter Zuſtaͤnde, und oft nur eine geringe Unterſtuͤtzung von
Seiten der Kunſt fordere, wohl aber durch gewaltſames Ein-
greifen derſelben in ihrem heilſamen Beſtreben gaͤnzlich geſtoͤrt
werden koͤnne. Ferner iſt bei dem Kinde vorzuͤgliche Sorg-
falt auf Anordnung einer zweckmaͤßigen Pflege zu verwenden,
da hier oft ſchon die Entfernung ſchlechter Verpflegung, un-
zweckmaͤßiger Ernaͤhrung u. ſ. w. hinlaͤnglich iſt, um Krank-
heiten zu heben, ohne genaue Befolgung der paſſenden Diaͤt
und ſonſtigen Pflege aber durchaus die aͤrztlichen Bemuͤhun-
gen fruchtlos bleiben werden. — Bedarf man nun aber der
Anwendung aͤrztlicher Mittel, ſo waͤhle man ſtets die mildern
und gebe die ſtaͤrker wirkenden nur in kleinen Doſen. Hef-
tige Gifte, wie Opium, gebe man entweder gar nicht oder
unr mit der groͤßten Vorſicht. Vorzuͤglich iſt bei Neugebor-
nen viel durch aͤußere Mittel (auch wegen der groͤßern Thaͤ-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0625" n="599"/>
Kindern, welche an wunden Warzen ge&#x017F;augt haben, Schreien<lb/>
und anhaltende Unruhe welche durch zu fe&#x017F;tes Binden, Wik-<lb/>
keln, &#x017F;techende Nadeln u. dergl. verur&#x017F;acht werden, ferner &#x017F;y-<lb/>
philiti&#x017F;che Exantheme u. &#x017F;. w. 3) Man beru&#x0364;ck&#x017F;ichtige genau<lb/>
den ge&#x017F;ammten Habitus des Kindes, unter&#x017F;uche genau den gan-<lb/>
zen Ko&#x0364;rper de&#x017F;&#x017F;elben, um aufzufinden ob irgendwo die natu&#x0364;r-<lb/>
liche Be&#x017F;chaffenheit vera&#x0364;ndert &#x017F;ey, das Kind Schmerz bei &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
kerer Beru&#x0364;hrung zeige u. &#x017F;. w., u&#x0364;bergehe nicht die Tempera-<lb/>
tur der Haut, das Verhalten der Na&#x0364;the und Fontanellen<lb/>
(deren Ein&#x017F;inken vorzu&#x0364;glich als Zeichen von Atrophie oder<lb/>
&#x017F;chnellem Sinken der Lebenstha&#x0364;tigkeit in akuten Krankheiten<lb/>
bedeutend i&#x017F;t), die Be&#x017F;chaffenheit des Nabels, der Mundho&#x0364;hle u.<lb/>
&#x017F;. w. 4) Man beachte genau die Quantita&#x0364;t und Qualita&#x0364;t<lb/>
der natu&#x0364;rlichen Ausleerungen und vergleiche &#x017F;ie mit der Quan-<lb/>
tita&#x0364;t und Qualita&#x0364;t der aufgenommenen Nahrungsmittel.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 1650.</head><lb/>
                      <p>Ru&#x0364;ck&#x017F;ichtlich der a&#x0364;rztlichen Behandlung endlich muß<lb/>
vorzu&#x0364;glich beachtet werden, daß gerade in die&#x017F;er Periode, wo<lb/>
der Stoffwech&#x017F;el noch &#x017F;o ra&#x017F;ch von Statten geht, auch die<lb/>
Natur vorzu&#x0364;glich tha&#x0364;tig &#x017F;ey in &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tiger Be&#x017F;eitigung krank-<lb/>
hafter Zu&#x017F;ta&#x0364;nde, und oft nur eine geringe Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung von<lb/>
Seiten der Kun&#x017F;t fordere, wohl aber durch gewalt&#x017F;ames Ein-<lb/>
greifen der&#x017F;elben in ihrem heil&#x017F;amen Be&#x017F;treben ga&#x0364;nzlich ge&#x017F;to&#x0364;rt<lb/>
werden ko&#x0364;nne. Ferner i&#x017F;t bei dem Kinde vorzu&#x0364;gliche Sorg-<lb/>
falt auf Anordnung einer zweckma&#x0364;ßigen Pflege zu verwenden,<lb/>
da hier oft &#x017F;chon die Entfernung &#x017F;chlechter Verpflegung, un-<lb/>
zweckma&#x0364;ßiger Erna&#x0364;hrung u. &#x017F;. w. hinla&#x0364;nglich i&#x017F;t, um Krank-<lb/>
heiten zu heben, ohne genaue Befolgung der pa&#x017F;&#x017F;enden Dia&#x0364;t<lb/>
und &#x017F;on&#x017F;tigen Pflege aber durchaus die a&#x0364;rztlichen Bemu&#x0364;hun-<lb/>
gen fruchtlos bleiben werden. &#x2014; Bedarf man nun aber der<lb/>
Anwendung a&#x0364;rztlicher Mittel, &#x017F;o wa&#x0364;hle man &#x017F;tets die mildern<lb/>
und gebe die &#x017F;ta&#x0364;rker wirkenden nur in kleinen Do&#x017F;en. Hef-<lb/>
tige Gifte, wie <hi rendition="#aq">Opium,</hi> gebe man entweder gar nicht oder<lb/>
unr mit der gro&#x0364;ßten Vor&#x017F;icht. Vorzu&#x0364;glich i&#x017F;t bei Neugebor-<lb/>
nen viel durch a&#x0364;ußere Mittel (auch wegen der gro&#x0364;ßern Tha&#x0364;-<lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[599/0625] Kindern, welche an wunden Warzen geſaugt haben, Schreien und anhaltende Unruhe welche durch zu feſtes Binden, Wik- keln, ſtechende Nadeln u. dergl. verurſacht werden, ferner ſy- philitiſche Exantheme u. ſ. w. 3) Man beruͤckſichtige genau den geſammten Habitus des Kindes, unterſuche genau den gan- zen Koͤrper deſſelben, um aufzufinden ob irgendwo die natuͤr- liche Beſchaffenheit veraͤndert ſey, das Kind Schmerz bei ſtaͤr- kerer Beruͤhrung zeige u. ſ. w., uͤbergehe nicht die Tempera- tur der Haut, das Verhalten der Naͤthe und Fontanellen (deren Einſinken vorzuͤglich als Zeichen von Atrophie oder ſchnellem Sinken der Lebensthaͤtigkeit in akuten Krankheiten bedeutend iſt), die Beſchaffenheit des Nabels, der Mundhoͤhle u. ſ. w. 4) Man beachte genau die Quantitaͤt und Qualitaͤt der natuͤrlichen Ausleerungen und vergleiche ſie mit der Quan- titaͤt und Qualitaͤt der aufgenommenen Nahrungsmittel. §. 1650. Ruͤckſichtlich der aͤrztlichen Behandlung endlich muß vorzuͤglich beachtet werden, daß gerade in dieſer Periode, wo der Stoffwechſel noch ſo raſch von Statten geht, auch die Natur vorzuͤglich thaͤtig ſey in ſelbſtthaͤtiger Beſeitigung krank- hafter Zuſtaͤnde, und oft nur eine geringe Unterſtuͤtzung von Seiten der Kunſt fordere, wohl aber durch gewaltſames Ein- greifen derſelben in ihrem heilſamen Beſtreben gaͤnzlich geſtoͤrt werden koͤnne. Ferner iſt bei dem Kinde vorzuͤgliche Sorg- falt auf Anordnung einer zweckmaͤßigen Pflege zu verwenden, da hier oft ſchon die Entfernung ſchlechter Verpflegung, un- zweckmaͤßiger Ernaͤhrung u. ſ. w. hinlaͤnglich iſt, um Krank- heiten zu heben, ohne genaue Befolgung der paſſenden Diaͤt und ſonſtigen Pflege aber durchaus die aͤrztlichen Bemuͤhun- gen fruchtlos bleiben werden. — Bedarf man nun aber der Anwendung aͤrztlicher Mittel, ſo waͤhle man ſtets die mildern und gebe die ſtaͤrker wirkenden nur in kleinen Doſen. Hef- tige Gifte, wie Opium, gebe man entweder gar nicht oder unr mit der groͤßten Vorſicht. Vorzuͤglich iſt bei Neugebor- nen viel durch aͤußere Mittel (auch wegen der groͤßern Thaͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/625
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/625>, abgerufen am 03.12.2024.