Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

kommen daher keinesweges blos als eigenthümliche Krankheits-
zustände, sondern häufiger als Folgen allgemeiner Verstimmun-
gen vor.

§. 1565.

Zu starke Lochien und Metrorrhagie der Wöch-
nerinnen
. Da überhaupt der Blutabgang nach Trennung
der Nachgeburt nur Folge der bei Ablösung der Placenta ge-
öffneten Venenzellen ist (§. 854.), so muß der Lochienfluß
alsbald stärker eintreten, ja in wahre Metrorrhagie übergehen,
sobald die Zusammenziehung des Uterus nicht regelmäßig er-
folgt oder durch unruhiges Verhalten oder andere Reitze ge-
stört wird. -- Die gewöhnlichsten Ursachen der zu starken
Lochien sind daher Schwäche des Uterus, Unvorsichtigkeiten der
Wöchnerinnen, vieles Bewegen, Pressen beim Stuhlgange u.
s. w., falsche Lagen des Uterus, oder fremde die Zusammen-
ziehung hindernde Körper, Nachgeburtsreste (der Blutfluß
ist folglich ein passiver zu nennen). Ferner gehört hierher
alles was Congestionen gegen den Uterus bewirken kann, er-
hitzende Getränke, Gewürze u. s. w., nebst dem (auch im nor-
malen Zustande längere Dauer der Lochien bedingenden) will-
kührlichen Unterlassen des Selbststillens (Blutflüße aus diesen
Ursachen werden mehr aktiver Art seyn).

§. 1566.

Der Erscheinung nach können diese stärkern Blutausschei-
dungen hinsichtlich ihrer Dauer und Quantität äußerst verschieden
seyn, und können als äußere und innere Blutergießungen, de-
ren besondere Zeichen schon früher angegeben worden sind
(s. §. 351. 1. Thl.), vorkommen. -- Ihre Folgen sind nach
den Umständen verschieden; stärker und länger als gewöhnlich
fließende Lochien schwächen den Körper, geben Gelegenheit zu
Entstehung von Leukorrhöe, Vorfällen, und Neigung zum Abor-
tus; wirkliche Metrorrhagien werden vorzüglich als passive
Blutungen leicht lebensgefährlich und es gilt von ihnen überhaupt
die schon im ersten Theile angegebene Prognose.


kommen daher keinesweges blos als eigenthuͤmliche Krankheits-
zuſtaͤnde, ſondern haͤufiger als Folgen allgemeiner Verſtimmun-
gen vor.

§. 1565.

Zu ſtarke Lochien und Metrorrhagie der Woͤch-
nerinnen
. Da uͤberhaupt der Blutabgang nach Trennung
der Nachgeburt nur Folge der bei Abloͤſung der Placenta ge-
oͤffneten Venenzellen iſt (§. 854.), ſo muß der Lochienfluß
alsbald ſtaͤrker eintreten, ja in wahre Metrorrhagie uͤbergehen,
ſobald die Zuſammenziehung des Uterus nicht regelmaͤßig er-
folgt oder durch unruhiges Verhalten oder andere Reitze ge-
ſtoͤrt wird. — Die gewoͤhnlichſten Urſachen der zu ſtarken
Lochien ſind daher Schwaͤche des Uterus, Unvorſichtigkeiten der
Woͤchnerinnen, vieles Bewegen, Preſſen beim Stuhlgange u.
ſ. w., falſche Lagen des Uterus, oder fremde die Zuſammen-
ziehung hindernde Koͤrper, Nachgeburtsreſte (der Blutfluß
iſt folglich ein paſſiver zu nennen). Ferner gehoͤrt hierher
alles was Congeſtionen gegen den Uterus bewirken kann, er-
hitzende Getraͤnke, Gewuͤrze u. ſ. w., nebſt dem (auch im nor-
malen Zuſtande laͤngere Dauer der Lochien bedingenden) will-
kuͤhrlichen Unterlaſſen des Selbſtſtillens (Blutfluͤße aus dieſen
Urſachen werden mehr aktiver Art ſeyn).

§. 1566.

Der Erſcheinung nach koͤnnen dieſe ſtaͤrkern Blutausſchei-
dungen hinſichtlich ihrer Dauer und Quantitaͤt aͤußerſt verſchieden
ſeyn, und koͤnnen als aͤußere und innere Blutergießungen, de-
ren beſondere Zeichen ſchon fruͤher angegeben worden ſind
(ſ. §. 351. 1. Thl.), vorkommen. — Ihre Folgen ſind nach
den Umſtaͤnden verſchieden; ſtaͤrker und laͤnger als gewoͤhnlich
fließende Lochien ſchwaͤchen den Koͤrper, geben Gelegenheit zu
Entſtehung von Leukorrhoͤe, Vorfaͤllen, und Neigung zum Abor-
tus; wirkliche Metrorrhagien werden vorzuͤglich als paſſive
Blutungen leicht lebensgefaͤhrlich und es gilt von ihnen uͤberhaupt
die ſchon im erſten Theile angegebene Prognoſe.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0572" n="546"/>
kommen daher keinesweges blos als eigenthu&#x0364;mliche Krankheits-<lb/>
zu&#x017F;ta&#x0364;nde, &#x017F;ondern ha&#x0364;ufiger als Folgen allgemeiner Ver&#x017F;timmun-<lb/>
gen vor.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1565.</head><lb/>
                          <p><hi rendition="#g">Zu &#x017F;tarke Lochien und Metrorrhagie der Wo&#x0364;ch-<lb/>
nerinnen</hi>. Da u&#x0364;berhaupt der Blutabgang nach Trennung<lb/>
der Nachgeburt nur Folge der bei Ablo&#x0364;&#x017F;ung der Placenta ge-<lb/>
o&#x0364;ffneten Venenzellen i&#x017F;t (§. 854.), &#x017F;o muß der Lochienfluß<lb/>
alsbald &#x017F;ta&#x0364;rker eintreten, ja in wahre Metrorrhagie u&#x0364;bergehen,<lb/>
&#x017F;obald die Zu&#x017F;ammenziehung des Uterus nicht regelma&#x0364;ßig er-<lb/>
folgt oder durch unruhiges Verhalten oder andere Reitze ge-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rt wird. &#x2014; Die gewo&#x0364;hnlich&#x017F;ten Ur&#x017F;achen der zu &#x017F;tarken<lb/>
Lochien &#x017F;ind daher Schwa&#x0364;che des Uterus, Unvor&#x017F;ichtigkeiten der<lb/>
Wo&#x0364;chnerinnen, vieles Bewegen, Pre&#x017F;&#x017F;en beim Stuhlgange u.<lb/>
&#x017F;. w., fal&#x017F;che Lagen des Uterus, oder fremde die Zu&#x017F;ammen-<lb/>
ziehung hindernde Ko&#x0364;rper, Nachgeburtsre&#x017F;te (der Blutfluß<lb/>
i&#x017F;t folglich ein pa&#x017F;&#x017F;iver zu nennen). Ferner geho&#x0364;rt hierher<lb/>
alles was Conge&#x017F;tionen gegen den Uterus bewirken kann, er-<lb/>
hitzende Getra&#x0364;nke, Gewu&#x0364;rze u. &#x017F;. w., neb&#x017F;t dem (auch im nor-<lb/>
malen Zu&#x017F;tande la&#x0364;ngere Dauer der Lochien bedingenden) will-<lb/>
ku&#x0364;hrlichen Unterla&#x017F;&#x017F;en des Selb&#x017F;t&#x017F;tillens (Blutflu&#x0364;ße aus die&#x017F;en<lb/>
Ur&#x017F;achen werden mehr aktiver Art &#x017F;eyn).</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1566.</head><lb/>
                          <p>Der Er&#x017F;cheinung nach ko&#x0364;nnen die&#x017F;e &#x017F;ta&#x0364;rkern Blutaus&#x017F;chei-<lb/>
dungen hin&#x017F;ichtlich ihrer Dauer und Quantita&#x0364;t a&#x0364;ußer&#x017F;t ver&#x017F;chieden<lb/>
&#x017F;eyn, und ko&#x0364;nnen als a&#x0364;ußere und innere Blutergießungen, de-<lb/>
ren be&#x017F;ondere Zeichen &#x017F;chon fru&#x0364;her angegeben worden &#x017F;ind<lb/>
(&#x017F;. §. 351. 1. Thl.), vorkommen. &#x2014; Ihre Folgen &#x017F;ind nach<lb/>
den Um&#x017F;ta&#x0364;nden ver&#x017F;chieden; &#x017F;ta&#x0364;rker und la&#x0364;nger als gewo&#x0364;hnlich<lb/>
fließende Lochien &#x017F;chwa&#x0364;chen den Ko&#x0364;rper, geben Gelegenheit zu<lb/>
Ent&#x017F;tehung von Leukorrho&#x0364;e, Vorfa&#x0364;llen, und Neigung zum Abor-<lb/>
tus; wirkliche Metrorrhagien werden vorzu&#x0364;glich als pa&#x017F;&#x017F;ive<lb/>
Blutungen leicht lebensgefa&#x0364;hrlich und es gilt von ihnen u&#x0364;berhaupt<lb/>
die &#x017F;chon im er&#x017F;ten Theile angegebene Progno&#x017F;e.</p>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0572] kommen daher keinesweges blos als eigenthuͤmliche Krankheits- zuſtaͤnde, ſondern haͤufiger als Folgen allgemeiner Verſtimmun- gen vor. §. 1565. Zu ſtarke Lochien und Metrorrhagie der Woͤch- nerinnen. Da uͤberhaupt der Blutabgang nach Trennung der Nachgeburt nur Folge der bei Abloͤſung der Placenta ge- oͤffneten Venenzellen iſt (§. 854.), ſo muß der Lochienfluß alsbald ſtaͤrker eintreten, ja in wahre Metrorrhagie uͤbergehen, ſobald die Zuſammenziehung des Uterus nicht regelmaͤßig er- folgt oder durch unruhiges Verhalten oder andere Reitze ge- ſtoͤrt wird. — Die gewoͤhnlichſten Urſachen der zu ſtarken Lochien ſind daher Schwaͤche des Uterus, Unvorſichtigkeiten der Woͤchnerinnen, vieles Bewegen, Preſſen beim Stuhlgange u. ſ. w., falſche Lagen des Uterus, oder fremde die Zuſammen- ziehung hindernde Koͤrper, Nachgeburtsreſte (der Blutfluß iſt folglich ein paſſiver zu nennen). Ferner gehoͤrt hierher alles was Congeſtionen gegen den Uterus bewirken kann, er- hitzende Getraͤnke, Gewuͤrze u. ſ. w., nebſt dem (auch im nor- malen Zuſtande laͤngere Dauer der Lochien bedingenden) will- kuͤhrlichen Unterlaſſen des Selbſtſtillens (Blutfluͤße aus dieſen Urſachen werden mehr aktiver Art ſeyn). §. 1566. Der Erſcheinung nach koͤnnen dieſe ſtaͤrkern Blutausſchei- dungen hinſichtlich ihrer Dauer und Quantitaͤt aͤußerſt verſchieden ſeyn, und koͤnnen als aͤußere und innere Blutergießungen, de- ren beſondere Zeichen ſchon fruͤher angegeben worden ſind (ſ. §. 351. 1. Thl.), vorkommen. — Ihre Folgen ſind nach den Umſtaͤnden verſchieden; ſtaͤrker und laͤnger als gewoͤhnlich fließende Lochien ſchwaͤchen den Koͤrper, geben Gelegenheit zu Entſtehung von Leukorrhoͤe, Vorfaͤllen, und Neigung zum Abor- tus; wirkliche Metrorrhagien werden vorzuͤglich als paſſive Blutungen leicht lebensgefaͤhrlich und es gilt von ihnen uͤberhaupt die ſchon im erſten Theile angegebene Prognoſe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/572
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/572>, abgerufen am 23.11.2024.