nicht als ein Hinderniß für das Geburtsgeschäft betrachtet werden, allein wird oft entweder dadurch nachtheilig, daß er Knoten gebildet hat, welche, wenn sie bei den Wehen gedrückt werden, das Absterben des Kindes herbeiführen, oder dadurch daß ein Vorfall einer Schlinge des Nabelstranges eintritt, welche zugleich mit dem vorausgehenden Kindestheile sich in das Becken hereindrängt, dabei Druck erfährt, von Einwir- kung der Luft und Kälte erschlafft. Begünstigt werden diese Vorfälle vorzüglich durch Schieflagen des Kindes, zu vieles Fruchtwasser und weites Becken. Erkannt wird die vorfal- lende Nabelschnurschlinge noch innerhalb des Muttermundes und selbst in den Eihäuten gewöhnlich durch ihre Pulsation; außerhalb des Muttermundes ist sie mit gar nichts anderm zu verwechseln.
§. 1517.
Die Behandlung bei dem vorfallenden Nabelstrange muß hauptsächlich auf zeitige Zurückbringung desselben gerich- tet seyn: Man erreicht diesen Zweck 1) durch sorgfältige Scho- nung der Eihäute bis zu völliger Erweiterung des Mutter- mundes, da, so lange die Schlinge noch in den Häuten liegt, ein Nachtheil für das Kind nicht zu besorgen ist. 2) Durch Einführung zweier eingeöhlter Finger oder nöthigenfalls der ganzen Hand nach eröffneten Eihäuten um den Nabelstrang tiefer in den Uterus zu schieben und ihn hinter den vorlie- genden Kindestheil zurückzubringen. 3) Durch die dabei an- geordnete horizontale Lage der Kreisenden. 4) Durch Einle- gen eines Schwammes in den Muttermund, welches vorzüg- lich anzuwenden ist, wenn der Nabelstrang, obwohl zurück- gebracht, immer wieder vorgleitet, und der Muttermund doch noch nicht so weit geöffnet ist um die Entbindung bewerkstel- ligen zu können. 5) Durch Verbesserung der Lage des Kin- des, und Beschleunigung der Geburt. Bei völliger Querlage wird die Wendung auf die Füße nothwendig, welcher, dafern der Nabelstrang dabei noch weiter vorfällt, oft auch die Ex- traktion nachfolgen muß; bei Schiefständen des Kopfs ist durch angemessene Lage, innere und äußere Manipulation (s. §.
nicht als ein Hinderniß fuͤr das Geburtsgeſchaͤft betrachtet werden, allein wird oft entweder dadurch nachtheilig, daß er Knoten gebildet hat, welche, wenn ſie bei den Wehen gedruͤckt werden, das Abſterben des Kindes herbeifuͤhren, oder dadurch daß ein Vorfall einer Schlinge des Nabelſtranges eintritt, welche zugleich mit dem vorausgehenden Kindestheile ſich in das Becken hereindraͤngt, dabei Druck erfaͤhrt, von Einwir- kung der Luft und Kaͤlte erſchlafft. Beguͤnſtigt werden dieſe Vorfaͤlle vorzuͤglich durch Schieflagen des Kindes, zu vieles Fruchtwaſſer und weites Becken. Erkannt wird die vorfal- lende Nabelſchnurſchlinge noch innerhalb des Muttermundes und ſelbſt in den Eihaͤuten gewoͤhnlich durch ihre Pulſation; außerhalb des Muttermundes iſt ſie mit gar nichts anderm zu verwechſeln.
§. 1517.
Die Behandlung bei dem vorfallenden Nabelſtrange muß hauptſaͤchlich auf zeitige Zuruͤckbringung deſſelben gerich- tet ſeyn: Man erreicht dieſen Zweck 1) durch ſorgfaͤltige Scho- nung der Eihaͤute bis zu voͤlliger Erweiterung des Mutter- mundes, da, ſo lange die Schlinge noch in den Haͤuten liegt, ein Nachtheil fuͤr das Kind nicht zu beſorgen iſt. 2) Durch Einfuͤhrung zweier eingeoͤhlter Finger oder noͤthigenfalls der ganzen Hand nach eroͤffneten Eihaͤuten um den Nabelſtrang tiefer in den Uterus zu ſchieben und ihn hinter den vorlie- genden Kindestheil zuruͤckzubringen. 3) Durch die dabei an- geordnete horizontale Lage der Kreiſenden. 4) Durch Einle- gen eines Schwammes in den Muttermund, welches vorzuͤg- lich anzuwenden iſt, wenn der Nabelſtrang, obwohl zuruͤck- gebracht, immer wieder vorgleitet, und der Muttermund doch noch nicht ſo weit geoͤffnet iſt um die Entbindung bewerkſtel- ligen zu koͤnnen. 5) Durch Verbeſſerung der Lage des Kin- des, und Beſchleunigung der Geburt. Bei voͤlliger Querlage wird die Wendung auf die Fuͤße nothwendig, welcher, dafern der Nabelſtrang dabei noch weiter vorfaͤllt, oft auch die Ex- traktion nachfolgen muß; bei Schiefſtaͤnden des Kopfs iſt durch angemeſſene Lage, innere und aͤußere Manipulation (ſ. §.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0542"n="516"/>
nicht als ein Hinderniß fuͤr das Geburtsgeſchaͤft betrachtet<lb/>
werden, allein wird oft entweder dadurch nachtheilig, daß er<lb/>
Knoten gebildet hat, welche, wenn ſie bei den Wehen gedruͤckt<lb/>
werden, das Abſterben des Kindes herbeifuͤhren, oder dadurch<lb/>
daß ein Vorfall einer Schlinge des Nabelſtranges eintritt,<lb/>
welche zugleich mit dem vorausgehenden Kindestheile ſich in<lb/>
das Becken hereindraͤngt, dabei Druck erfaͤhrt, von Einwir-<lb/>
kung der Luft und Kaͤlte erſchlafft. Beguͤnſtigt werden dieſe<lb/>
Vorfaͤlle vorzuͤglich durch Schieflagen des Kindes, zu vieles<lb/>
Fruchtwaſſer und weites Becken. Erkannt wird die vorfal-<lb/>
lende Nabelſchnurſchlinge noch innerhalb des Muttermundes<lb/>
und ſelbſt in den Eihaͤuten gewoͤhnlich durch ihre Pulſation;<lb/>
außerhalb des Muttermundes iſt ſie mit gar nichts anderm zu<lb/>
verwechſeln.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1517.</head><lb/><p>Die <hirendition="#g">Behandlung</hi> bei dem vorfallenden Nabelſtrange<lb/>
muß hauptſaͤchlich auf zeitige Zuruͤckbringung deſſelben gerich-<lb/>
tet ſeyn: Man erreicht dieſen Zweck 1) durch ſorgfaͤltige Scho-<lb/>
nung der Eihaͤute bis zu voͤlliger Erweiterung des Mutter-<lb/>
mundes, da, ſo lange die Schlinge noch in den Haͤuten liegt,<lb/>
ein Nachtheil fuͤr das Kind nicht zu beſorgen iſt. 2) Durch<lb/>
Einfuͤhrung zweier eingeoͤhlter Finger oder noͤthigenfalls der<lb/>
ganzen Hand nach eroͤffneten Eihaͤuten um den Nabelſtrang<lb/>
tiefer in den Uterus zu ſchieben und ihn hinter den vorlie-<lb/>
genden Kindestheil zuruͤckzubringen. 3) Durch die dabei an-<lb/>
geordnete horizontale Lage der Kreiſenden. 4) Durch Einle-<lb/>
gen eines Schwammes in den Muttermund, welches vorzuͤg-<lb/>
lich anzuwenden iſt, wenn der Nabelſtrang, obwohl zuruͤck-<lb/>
gebracht, immer wieder vorgleitet, und der Muttermund doch<lb/>
noch nicht ſo weit geoͤffnet iſt um die Entbindung bewerkſtel-<lb/>
ligen zu koͤnnen. 5) Durch Verbeſſerung der Lage des Kin-<lb/>
des, und Beſchleunigung der Geburt. Bei voͤlliger Querlage<lb/>
wird die Wendung auf die Fuͤße nothwendig, welcher, dafern<lb/>
der Nabelſtrang dabei noch weiter vorfaͤllt, oft auch die Ex-<lb/>
traktion nachfolgen muß; bei Schiefſtaͤnden des Kopfs iſt<lb/>
durch angemeſſene Lage, innere und aͤußere Manipulation (ſ. §.<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[516/0542]
nicht als ein Hinderniß fuͤr das Geburtsgeſchaͤft betrachtet
werden, allein wird oft entweder dadurch nachtheilig, daß er
Knoten gebildet hat, welche, wenn ſie bei den Wehen gedruͤckt
werden, das Abſterben des Kindes herbeifuͤhren, oder dadurch
daß ein Vorfall einer Schlinge des Nabelſtranges eintritt,
welche zugleich mit dem vorausgehenden Kindestheile ſich in
das Becken hereindraͤngt, dabei Druck erfaͤhrt, von Einwir-
kung der Luft und Kaͤlte erſchlafft. Beguͤnſtigt werden dieſe
Vorfaͤlle vorzuͤglich durch Schieflagen des Kindes, zu vieles
Fruchtwaſſer und weites Becken. Erkannt wird die vorfal-
lende Nabelſchnurſchlinge noch innerhalb des Muttermundes
und ſelbſt in den Eihaͤuten gewoͤhnlich durch ihre Pulſation;
außerhalb des Muttermundes iſt ſie mit gar nichts anderm zu
verwechſeln.
§. 1517.
Die Behandlung bei dem vorfallenden Nabelſtrange
muß hauptſaͤchlich auf zeitige Zuruͤckbringung deſſelben gerich-
tet ſeyn: Man erreicht dieſen Zweck 1) durch ſorgfaͤltige Scho-
nung der Eihaͤute bis zu voͤlliger Erweiterung des Mutter-
mundes, da, ſo lange die Schlinge noch in den Haͤuten liegt,
ein Nachtheil fuͤr das Kind nicht zu beſorgen iſt. 2) Durch
Einfuͤhrung zweier eingeoͤhlter Finger oder noͤthigenfalls der
ganzen Hand nach eroͤffneten Eihaͤuten um den Nabelſtrang
tiefer in den Uterus zu ſchieben und ihn hinter den vorlie-
genden Kindestheil zuruͤckzubringen. 3) Durch die dabei an-
geordnete horizontale Lage der Kreiſenden. 4) Durch Einle-
gen eines Schwammes in den Muttermund, welches vorzuͤg-
lich anzuwenden iſt, wenn der Nabelſtrang, obwohl zuruͤck-
gebracht, immer wieder vorgleitet, und der Muttermund doch
noch nicht ſo weit geoͤffnet iſt um die Entbindung bewerkſtel-
ligen zu koͤnnen. 5) Durch Verbeſſerung der Lage des Kin-
des, und Beſchleunigung der Geburt. Bei voͤlliger Querlage
wird die Wendung auf die Fuͤße nothwendig, welcher, dafern
der Nabelſtrang dabei noch weiter vorfaͤllt, oft auch die Ex-
traktion nachfolgen muß; bei Schiefſtaͤnden des Kopfs iſt
durch angemeſſene Lage, innere und aͤußere Manipulation (ſ. §.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/542>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.