100), welche dann Kotyledonen genannt werden, und deren Bau besonders geeignet ist, das Gefäßgewebe des Mutter- kuchens ohne alle Präparation deutlich darzustellen; in an- dern Säugethieren hingegen (so bei den Einhufigen) bildet sich gar keine Placenta, sondern die Gefäße verbreiten sich auf der ganzen äußeren Fläche des Chorions, und vertre- ten deren Stelle.
§. 684.
So weit nun die erste Bildungsgeschichte des Eies im Allgemeinen. -- Wir kommen jetzt zur nähern Beschreibung des menschlichen Eies seiner Gestalt und Größe nach, in den einzelnen Monaten dieser ersten Periode, soweit dessen Kennt- niß hierher gehört, denn die ausführliche Verfolgung der Ausbildung seiner einzelnen Theile und der Organe des Em- bryo würde ein eigenes Werk erfordern.
§. 685.
Erster Monat. Das menschliche Ei erreicht in die- sem Monate die Größe einer Wallnuß oder eines kleinen Hühnereies, seine Form ist anfänglich noch mehr rundlich, und seine ganze Fläche mit dicken gegen 1/3 bis 1/2 Zoll lan- gen Saugfasern besetzt, welche in die später zu beschreibende, oft fälschlich mit zu den Eihäuten gerechnete Flockenhaut (Tunica decidua vera Hunteri) an der innern Fläche der Gebärmutter eingreifen. -- Auch diese Flocken an der Ober- fläche des Eies sind häufig als besondere Membran beschrie- ben worden: Hunter*) nannte sie Tunica decidua re- flexa, weil er sich vorstellt, es werde das Ei in die Flo- ckenhaut des Uterus hinein gebracht, und umgebe sich daher bey seinem Größerwerden mit einer Ausdehnung der inner- sten Lage derselben. H. Osiander**) unterscheidet in die- ser Schicht zwei Membranen, von welchen er die äußere Membrana ovi cribrosa, siebförmige Eihaut, die innere
*)Anatomia uteri hum. gravid. T. XXXIV. p. VII.
**) Handb. d. Entbindun[g]sk. II. Thl. S. 488. 489.
100), welche dann Kotyledonen genannt werden, und deren Bau beſonders geeignet iſt, das Gefaͤßgewebe des Mutter- kuchens ohne alle Praͤparation deutlich darzuſtellen; in an- dern Saͤugethieren hingegen (ſo bei den Einhufigen) bildet ſich gar keine Placenta, ſondern die Gefaͤße verbreiten ſich auf der ganzen aͤußeren Flaͤche des Chorions, und vertre- ten deren Stelle.
§. 684.
So weit nun die erſte Bildungsgeſchichte des Eies im Allgemeinen. — Wir kommen jetzt zur naͤhern Beſchreibung des menſchlichen Eies ſeiner Geſtalt und Groͤße nach, in den einzelnen Monaten dieſer erſten Periode, ſoweit deſſen Kennt- niß hierher gehoͤrt, denn die ausfuͤhrliche Verfolgung der Ausbildung ſeiner einzelnen Theile und der Organe des Em- bryo wuͤrde ein eigenes Werk erfordern.
§. 685.
Erſter Monat. Das menſchliche Ei erreicht in die- ſem Monate die Groͤße einer Wallnuß oder eines kleinen Huͤhnereies, ſeine Form iſt anfaͤnglich noch mehr rundlich, und ſeine ganze Flaͤche mit dicken gegen ⅓ bis ½ Zoll lan- gen Saugfaſern beſetzt, welche in die ſpaͤter zu beſchreibende, oft faͤlſchlich mit zu den Eihaͤuten gerechnete Flockenhaut (Tunica decidua vera Hunteri) an der innern Flaͤche der Gebaͤrmutter eingreifen. — Auch dieſe Flocken an der Ober- flaͤche des Eies ſind haͤufig als beſondere Membran beſchrie- ben worden: Hunter*) nannte ſie Tunica decidua re- flexa, weil er ſich vorſtellt, es werde das Ei in die Flo- ckenhaut des Uterus hinein gebracht, und umgebe ſich daher bey ſeinem Groͤßerwerden mit einer Ausdehnung der inner- ſten Lage derſelben. H. Oſiander**) unterſcheidet in die- ſer Schicht zwei Membranen, von welchen er die aͤußere Membrana ovi cribrosa, ſiebfoͤrmige Eihaut, die innere
*)Anatomia uteri hum. gravid. T. XXXIV. p. VII.
**) Handb. d. Entbindun[g]sk. II. Thl. S. 488. 489.
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100), welche dann Kotyledonen genannt werden, und deren
Bau beſonders geeignet iſt, das Gefaͤßgewebe des Mutter-
kuchens ohne alle Praͤparation deutlich darzuſtellen; in an-
dern Saͤugethieren hingegen (ſo bei den Einhufigen) bildet
ſich gar keine Placenta, ſondern die Gefaͤße verbreiten ſich
auf der ganzen aͤußeren Flaͤche des Chorions, und vertre-
ten deren Stelle.
§. 684.
So weit nun die erſte Bildungsgeſchichte des Eies im
Allgemeinen. — Wir kommen jetzt zur naͤhern Beſchreibung
des menſchlichen Eies ſeiner Geſtalt und Groͤße nach, in den
einzelnen Monaten dieſer erſten Periode, ſoweit deſſen Kennt-
niß hierher gehoͤrt, denn die ausfuͤhrliche Verfolgung der
Ausbildung ſeiner einzelnen Theile und der Organe des Em-
bryo wuͤrde ein eigenes Werk erfordern.
§. 685.
Erſter Monat. Das menſchliche Ei erreicht in die-
ſem Monate die Groͤße einer Wallnuß oder eines kleinen
Huͤhnereies, ſeine Form iſt anfaͤnglich noch mehr rundlich,
und ſeine ganze Flaͤche mit dicken gegen ⅓ bis ½ Zoll lan-
gen Saugfaſern beſetzt, welche in die ſpaͤter zu beſchreibende,
oft faͤlſchlich mit zu den Eihaͤuten gerechnete Flockenhaut
(Tunica decidua vera Hunteri) an der innern Flaͤche der
Gebaͤrmutter eingreifen. — Auch dieſe Flocken an der Ober-
flaͤche des Eies ſind haͤufig als beſondere Membran beſchrie-
ben worden: Hunter *) nannte ſie Tunica decidua re-
flexa, weil er ſich vorſtellt, es werde das Ei in die Flo-
ckenhaut des Uterus hinein gebracht, und umgebe ſich daher
bey ſeinem Groͤßerwerden mit einer Ausdehnung der inner-
ſten Lage derſelben. H. Oſiander **) unterſcheidet in die-
ſer Schicht zwei Membranen, von welchen er die aͤußere
Membrana ovi cribrosa, ſiebfoͤrmige Eihaut, die innere
*) Anatomia uteri hum. gravid. T. XXXIV. p. VII.
**) Handb. d. Entbindungsk. II. Thl. S. 488. 489.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/51>, abgerufen am 24.11.2024.
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