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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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den Uterus hindurchgegangene Ei sich in der Vagina zur
Reife ausgebildet haben und geboren worden seyn soll.

§. 1435.

Wie nun aber so höchst verschiedenartige Organe sämmt-
lich einem so wichtigen Geschäft als die Ernährung des Kindes
ist, vorstehen können, wird nur begreiflich, indem man be-
rücksichtigt, was bisher völlig übersehen worden ist, daß die
gesammte innere Fläche des Fruchtganges
(Mutter-
scheide, Gebärmutter und Muttertrompeten) durch das
Abdominalende der Fallopischen Röhren ein wah-
res Continuum mit dem gesammten Bauchfelle
bildet
, und daß es folglich eine und dieselbe Fläche
einer nur verschieden geformten plastischen Haut ist, welche
der Ernährung und Fortbildung des einmal aus dem Ovario
hervorgetretenen Keimes, sowohl bey der äußern Eierstocks-
schwangerschaft, Bauchhöhlen- und Muttertrompetenschwanger-
schaft, als der eigentlichen Gebärmutterschwangerschaft übernimmt,
wenn hingegen bey der innern Eierstocksschwangerschaft die
Entwicklung an demselben Punkte, wo sie zuerst begründet
wurde, auch fortschreitet. --

Anmerkung. Wie wichtig diese Ansicht von Continuität
der innern Haut des Fruchtganges mit dem Bauchfelle
sey, wird sich noch vorzüglich bei Betrachtung der
Krankheiten der Wöchnerinnen ergeben. Uebrigens wäre
eine genaue Untersuchung des Verhaltens einer solchen
Stelle des Bauchfells, welche die Ernährung der Frucht
übernommen hat, noch sehr zu wünschen.

§. 1436.

Der Verlauf der Schwangerschaften außer-
halb der
Gebärmutter, stimmt in den ersten Wochen wohl
größtentheils sehr mit dem der Uterinschwangerschaft überein,
und außer den gewöhnlichen Beschwerden welche so häufig
der Empfängniß nachfolgen, werden besondere Zufälle nicht
bemerkt. Allein um so abweichender ist dagegen größtentheils

den Uterus hindurchgegangene Ei ſich in der Vagina zur
Reife ausgebildet haben und geboren worden ſeyn ſoll.

§. 1435.

Wie nun aber ſo hoͤchſt verſchiedenartige Organe ſaͤmmt-
lich einem ſo wichtigen Geſchaͤft als die Ernaͤhrung des Kindes
iſt, vorſtehen koͤnnen, wird nur begreiflich, indem man be-
ruͤckſichtigt, was bisher voͤllig uͤberſehen worden iſt, daß die
geſammte innere Flaͤche des Fruchtganges
(Mutter-
ſcheide, Gebaͤrmutter und Muttertrompeten) durch das
Abdominalende der Fallopiſchen Roͤhren ein wah-
res Continuum mit dem geſammten Bauchfelle
bildet
, und daß es folglich eine und dieſelbe Flaͤche
einer nur verſchieden geformten plaſtiſchen Haut iſt, welche
der Ernaͤhrung und Fortbildung des einmal aus dem Ovario
hervorgetretenen Keimes, ſowohl bey der aͤußern Eierſtocks-
ſchwangerſchaft, Bauchhoͤhlen- und Muttertrompetenſchwanger-
ſchaft, als der eigentlichen Gebaͤrmutterſchwangerſchaft uͤbernimmt,
wenn hingegen bey der innern Eierſtocksſchwangerſchaft die
Entwicklung an demſelben Punkte, wo ſie zuerſt begruͤndet
wurde, auch fortſchreitet. —

Anmerkung. Wie wichtig dieſe Anſicht von Continuitaͤt
der innern Haut des Fruchtganges mit dem Bauchfelle
ſey, wird ſich noch vorzuͤglich bei Betrachtung der
Krankheiten der Woͤchnerinnen ergeben. Uebrigens waͤre
eine genaue Unterſuchung des Verhaltens einer ſolchen
Stelle des Bauchfells, welche die Ernaͤhrung der Frucht
uͤbernommen hat, noch ſehr zu wuͤnſchen.

§. 1436.

Der Verlauf der Schwangerſchaften außer-
halb der
Gebaͤrmutter, ſtimmt in den erſten Wochen wohl
groͤßtentheils ſehr mit dem der Uterinſchwangerſchaft uͤberein,
und außer den gewoͤhnlichen Beſchwerden welche ſo haͤufig
der Empfaͤngniß nachfolgen, werden beſondere Zufaͤlle nicht
bemerkt. Allein um ſo abweichender iſt dagegen groͤßtentheils

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[467/0493] den Uterus hindurchgegangene Ei ſich in der Vagina zur Reife ausgebildet haben und geboren worden ſeyn ſoll. §. 1435. Wie nun aber ſo hoͤchſt verſchiedenartige Organe ſaͤmmt- lich einem ſo wichtigen Geſchaͤft als die Ernaͤhrung des Kindes iſt, vorſtehen koͤnnen, wird nur begreiflich, indem man be- ruͤckſichtigt, was bisher voͤllig uͤberſehen worden iſt, daß die geſammte innere Flaͤche des Fruchtganges (Mutter- ſcheide, Gebaͤrmutter und Muttertrompeten) durch das Abdominalende der Fallopiſchen Roͤhren ein wah- res Continuum mit dem geſammten Bauchfelle bildet, und daß es folglich eine und dieſelbe Flaͤche einer nur verſchieden geformten plaſtiſchen Haut iſt, welche der Ernaͤhrung und Fortbildung des einmal aus dem Ovario hervorgetretenen Keimes, ſowohl bey der aͤußern Eierſtocks- ſchwangerſchaft, Bauchhoͤhlen- und Muttertrompetenſchwanger- ſchaft, als der eigentlichen Gebaͤrmutterſchwangerſchaft uͤbernimmt, wenn hingegen bey der innern Eierſtocksſchwangerſchaft die Entwicklung an demſelben Punkte, wo ſie zuerſt begruͤndet wurde, auch fortſchreitet. — Anmerkung. Wie wichtig dieſe Anſicht von Continuitaͤt der innern Haut des Fruchtganges mit dem Bauchfelle ſey, wird ſich noch vorzuͤglich bei Betrachtung der Krankheiten der Woͤchnerinnen ergeben. Uebrigens waͤre eine genaue Unterſuchung des Verhaltens einer ſolchen Stelle des Bauchfells, welche die Ernaͤhrung der Frucht uͤbernommen hat, noch ſehr zu wuͤnſchen. §. 1436. Der Verlauf der Schwangerſchaften außer- halb der Gebaͤrmutter, ſtimmt in den erſten Wochen wohl groͤßtentheils ſehr mit dem der Uterinſchwangerſchaft uͤberein, und außer den gewoͤhnlichen Beſchwerden welche ſo haͤufig der Empfaͤngniß nachfolgen, werden beſondere Zufaͤlle nicht bemerkt. Allein um ſo abweichender iſt dagegen groͤßtentheils

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/493>, abgerufen am 23.11.2024.