Die Indication für diese Operation ist sonach sehr klar, und nur die Fälle in welchen der Einschnitt durch das Schei- dengewölbe gemacht werden dürfte, fordern noch eine etwas nähere Bestimmung. Es findet dieß aber nur Statt, 1) bei Schwangerschaften der Bauchhöhle und äußern Eierstocksschwan- gerschaften, bei welchen sich der Kopf des Kindes neben dem Uterus so tief ins Becken herabgesenkt haben möchte, daß er das Scheidengewölbe kuglich ausdehnte, und die Weite des Beckens erwarten läßt, daß man das Kind nach Durchschnei- dung der Vagina auf diesem Wege leicht zu entbinden im Stande seyn werde; 2) bei Schwangerschaften außer der Ge- bärmutter, wo nach erfolgtem Absterben der Frucht Eiterung eingetreten ist, der Absceß sich einen Ausweg nach dem Schei- dengewölbe sucht, und dort durch Fluctuation sich zu erkennen giebt. -- In Fällen von vorhergegangener Zerreißung der Ge- bärmutter hingegen, so wie auch in den meisten Fällen der Extrauterinschwangerschaften, ist jedoch einzig und allein der Schnitt durch die Bauchdecken angezeigt, von welchem daher hier auch zunächst gehandelt werden soll.
§. 1296.
Die sämmtlichen Vorbereitungen bei dieser Gastrotomie nun, sind von den für den Kaiserschnitt nöthigen nicht un- terschieden, und können sonach hier übergangen werden; auch das Einschneiden der Bauchdecken geschieht auf dieselbe Weise, nur daß man sich damit vorzüglich nach der Lage des Kindes zu richten hat, und hier weit mehr als beim Kaiserschnitt, die äußerste Sorgfalt nöthig wird, um das Vorfallen der Darm- windungen zu verhüten, obwohl es oft demungeachtet geschieht. Das weitere Verfahren aber wird nun den Umständen nach oft sehr verschieden seyn müssen. Ist eine Zerreißung der Ge- bärmutter vorausgegangen, so entwickelt man das Kind aus der Bauchhöhle, und ist auch bereits die Placenta durch den Riß ausgestoßen worden, auch diese; bleibt dagegen die Pla-
§. 1295.
Die Indication fuͤr dieſe Operation iſt ſonach ſehr klar, und nur die Faͤlle in welchen der Einſchnitt durch das Schei- dengewoͤlbe gemacht werden duͤrfte, fordern noch eine etwas naͤhere Beſtimmung. Es findet dieß aber nur Statt, 1) bei Schwangerſchaften der Bauchhoͤhle und aͤußern Eierſtocksſchwan- gerſchaften, bei welchen ſich der Kopf des Kindes neben dem Uterus ſo tief ins Becken herabgeſenkt haben moͤchte, daß er das Scheidengewoͤlbe kuglich ausdehnte, und die Weite des Beckens erwarten laͤßt, daß man das Kind nach Durchſchnei- dung der Vagina auf dieſem Wege leicht zu entbinden im Stande ſeyn werde; 2) bei Schwangerſchaften außer der Ge- baͤrmutter, wo nach erfolgtem Abſterben der Frucht Eiterung eingetreten iſt, der Abſceß ſich einen Ausweg nach dem Schei- dengewoͤlbe ſucht, und dort durch Fluctuation ſich zu erkennen giebt. — In Faͤllen von vorhergegangener Zerreißung der Ge- baͤrmutter hingegen, ſo wie auch in den meiſten Faͤllen der Extrauterinſchwangerſchaften, iſt jedoch einzig und allein der Schnitt durch die Bauchdecken angezeigt, von welchem daher hier auch zunaͤchſt gehandelt werden ſoll.
§. 1296.
Die ſaͤmmtlichen Vorbereitungen bei dieſer Gaſtrotomie nun, ſind von den fuͤr den Kaiſerſchnitt noͤthigen nicht un- terſchieden, und koͤnnen ſonach hier uͤbergangen werden; auch das Einſchneiden der Bauchdecken geſchieht auf dieſelbe Weiſe, nur daß man ſich damit vorzuͤglich nach der Lage des Kindes zu richten hat, und hier weit mehr als beim Kaiſerſchnitt, die aͤußerſte Sorgfalt noͤthig wird, um das Vorfallen der Darm- windungen zu verhuͤten, obwohl es oft demungeachtet geſchieht. Das weitere Verfahren aber wird nun den Umſtaͤnden nach oft ſehr verſchieden ſeyn muͤſſen. Iſt eine Zerreißung der Ge- baͤrmutter vorausgegangen, ſo entwickelt man das Kind aus der Bauchhoͤhle, und iſt auch bereits die Placenta durch den Riß ausgeſtoßen worden, auch dieſe; bleibt dagegen die Pla-
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§. 1295.
Die Indication fuͤr dieſe Operation iſt ſonach ſehr klar,
und nur die Faͤlle in welchen der Einſchnitt durch das Schei-
dengewoͤlbe gemacht werden duͤrfte, fordern noch eine etwas
naͤhere Beſtimmung. Es findet dieß aber nur Statt, 1) bei
Schwangerſchaften der Bauchhoͤhle und aͤußern Eierſtocksſchwan-
gerſchaften, bei welchen ſich der Kopf des Kindes neben dem
Uterus ſo tief ins Becken herabgeſenkt haben moͤchte, daß er
das Scheidengewoͤlbe kuglich ausdehnte, und die Weite des
Beckens erwarten laͤßt, daß man das Kind nach Durchſchnei-
dung der Vagina auf dieſem Wege leicht zu entbinden im
Stande ſeyn werde; 2) bei Schwangerſchaften außer der Ge-
baͤrmutter, wo nach erfolgtem Abſterben der Frucht Eiterung
eingetreten iſt, der Abſceß ſich einen Ausweg nach dem Schei-
dengewoͤlbe ſucht, und dort durch Fluctuation ſich zu erkennen
giebt. — In Faͤllen von vorhergegangener Zerreißung der Ge-
baͤrmutter hingegen, ſo wie auch in den meiſten Faͤllen der
Extrauterinſchwangerſchaften, iſt jedoch einzig und allein der
Schnitt durch die Bauchdecken angezeigt, von welchem daher
hier auch zunaͤchſt gehandelt werden ſoll.
§. 1296.
Die ſaͤmmtlichen Vorbereitungen bei dieſer Gaſtrotomie
nun, ſind von den fuͤr den Kaiſerſchnitt noͤthigen nicht un-
terſchieden, und koͤnnen ſonach hier uͤbergangen werden; auch
das Einſchneiden der Bauchdecken geſchieht auf dieſelbe Weiſe,
nur daß man ſich damit vorzuͤglich nach der Lage des Kindes
zu richten hat, und hier weit mehr als beim Kaiſerſchnitt, die
aͤußerſte Sorgfalt noͤthig wird, um das Vorfallen der Darm-
windungen zu verhuͤten, obwohl es oft demungeachtet geſchieht.
Das weitere Verfahren aber wird nun den Umſtaͤnden nach
oft ſehr verſchieden ſeyn muͤſſen. Iſt eine Zerreißung der Ge-
baͤrmutter vorausgegangen, ſo entwickelt man das Kind aus
der Bauchhoͤhle, und iſt auch bereits die Placenta durch den
Riß ausgeſtoßen worden, auch dieſe; bleibt dagegen die Pla-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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