Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

det, weßhalb man denn auch nie mit dem ganzen Gewicht
des Körpers dem Zuge sich hingeben, sondern stets das In-
strument in seiner Gewalt behalten muß, um auch darüber,
wie der Kopfstand sich ändert, oder ob die Zange vielleicht
abgleitet, immer urtheilen zu können.

§. 1232.

Kommt endlich auf diese Weise der Kopf bis in den
Ausgang des Beckens, so daß er das Mittelfleisch kuglich
hervortreibt, und selbst zwischen den Schamlippen sichtbar
wird, so wird es nöthig, fernerhin die Zange nur mit einer
Hand zu führen, die zweite aber zum Unterstützen des Mit-
telfleisches zu verwenden (wenn man nicht dieses letztere Geschäft
einem geübten Gehülfen übertragen kann). Ist der Kopf aber
völlig ins Einschneiden geführt, so ist es auf alle Weise am
zweckmäßigsten, die Zange zu lösen, und das gänzliche Durch-
schneiden von den jetzt fast nie ausbleibenden Wehen bewerk-
stelligen zu lassen, wobei man stets mit größerer Umsicht für
das Erhalten des Mittelfleisches Sorge zu tragen im Stande
ist. Dieses Lösen der Zange muß übrigens so ausgeführt
werden, daß zuerst die rechte Hand das männliche Zangen-
blatt, während die linke anhaltend das Mittelfleisch unter-
stützt, der Führungslinie gemäß durch Hebung des Griffs ent-
wickelt, und dann die linke, während die rechte Hand die
Unterstützung über sich nimmt, das weibliche Zangenblatt ent-
entfernt. Macht es hingegen große Unthätigkeit des Uterus,
oder Blutung und ähnliche Zufälle nöthig, auch das Durch-
schneiden des Kopfs mittelst der Zange zu beendigen, so muß
eines Theils der Kopf nur langsam über das Perinaeum her-
vorgehoben werden (um das natürliche immer von unten nach
oben erfolgende Hervorrollen des Kopfs nachzuahmen), an-
dern Theils die Unterstützung des Mittelfleisches mit äußerster
Behutsamkeit, entweder durch den Operateur selbst oder durch
einen Gehülfen, fortgesetzt werden. --


det, weßhalb man denn auch nie mit dem ganzen Gewicht
des Koͤrpers dem Zuge ſich hingeben, ſondern ſtets das In-
ſtrument in ſeiner Gewalt behalten muß, um auch daruͤber,
wie der Kopfſtand ſich aͤndert, oder ob die Zange vielleicht
abgleitet, immer urtheilen zu koͤnnen.

§. 1232.

Kommt endlich auf dieſe Weiſe der Kopf bis in den
Ausgang des Beckens, ſo daß er das Mittelfleiſch kuglich
hervortreibt, und ſelbſt zwiſchen den Schamlippen ſichtbar
wird, ſo wird es noͤthig, fernerhin die Zange nur mit einer
Hand zu fuͤhren, die zweite aber zum Unterſtuͤtzen des Mit-
telfleiſches zu verwenden (wenn man nicht dieſes letztere Geſchaͤft
einem geuͤbten Gehuͤlfen uͤbertragen kann). Iſt der Kopf aber
voͤllig ins Einſchneiden gefuͤhrt, ſo iſt es auf alle Weiſe am
zweckmaͤßigſten, die Zange zu loͤſen, und das gaͤnzliche Durch-
ſchneiden von den jetzt faſt nie ausbleibenden Wehen bewerk-
ſtelligen zu laſſen, wobei man ſtets mit groͤßerer Umſicht fuͤr
das Erhalten des Mittelfleiſches Sorge zu tragen im Stande
iſt. Dieſes Loͤſen der Zange muß uͤbrigens ſo ausgefuͤhrt
werden, daß zuerſt die rechte Hand das maͤnnliche Zangen-
blatt, waͤhrend die linke anhaltend das Mittelfleiſch unter-
ſtuͤtzt, der Fuͤhrungslinie gemaͤß durch Hebung des Griffs ent-
wickelt, und dann die linke, waͤhrend die rechte Hand die
Unterſtuͤtzung uͤber ſich nimmt, das weibliche Zangenblatt ent-
entfernt. Macht es hingegen große Unthaͤtigkeit des Uterus,
oder Blutung und aͤhnliche Zufaͤlle noͤthig, auch das Durch-
ſchneiden des Kopfs mittelſt der Zange zu beendigen, ſo muß
eines Theils der Kopf nur langſam uͤber das Perinaeum her-
vorgehoben werden (um das natuͤrliche immer von unten nach
oben erfolgende Hervorrollen des Kopfs nachzuahmen), an-
dern Theils die Unterſtuͤtzung des Mittelfleiſches mit aͤußerſter
Behutſamkeit, entweder durch den Operateur ſelbſt oder durch
einen Gehuͤlfen, fortgeſetzt werden. —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0375" n="351"/>
det, weßhalb man denn auch nie mit dem ganzen Gewicht<lb/>
des Ko&#x0364;rpers dem Zuge &#x017F;ich hingeben, &#x017F;ondern &#x017F;tets das In-<lb/>
&#x017F;trument in &#x017F;einer Gewalt behalten muß, um auch daru&#x0364;ber,<lb/>
wie der Kopf&#x017F;tand &#x017F;ich a&#x0364;ndert, oder ob die Zange vielleicht<lb/>
abgleitet, immer urtheilen zu ko&#x0364;nnen.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1232.</head><lb/>
                          <p>Kommt endlich auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e der Kopf bis in den<lb/>
Ausgang des Beckens, &#x017F;o daß er das Mittelflei&#x017F;ch kuglich<lb/>
hervortreibt, und &#x017F;elb&#x017F;t zwi&#x017F;chen den Schamlippen &#x017F;ichtbar<lb/>
wird, &#x017F;o wird es no&#x0364;thig, fernerhin die Zange nur mit einer<lb/>
Hand zu fu&#x0364;hren, die zweite aber zum Unter&#x017F;tu&#x0364;tzen des Mit-<lb/>
telflei&#x017F;ches zu verwenden (wenn man nicht die&#x017F;es letztere Ge&#x017F;cha&#x0364;ft<lb/>
einem geu&#x0364;bten Gehu&#x0364;lfen u&#x0364;bertragen kann). I&#x017F;t der Kopf aber<lb/>
vo&#x0364;llig ins Ein&#x017F;chneiden gefu&#x0364;hrt, &#x017F;o i&#x017F;t es auf alle Wei&#x017F;e am<lb/>
zweckma&#x0364;ßig&#x017F;ten, die Zange zu lo&#x0364;&#x017F;en, und das ga&#x0364;nzliche Durch-<lb/>
&#x017F;chneiden von den jetzt fa&#x017F;t nie ausbleibenden Wehen bewerk-<lb/>
&#x017F;telligen zu la&#x017F;&#x017F;en, wobei man &#x017F;tets mit gro&#x0364;ßerer Um&#x017F;icht fu&#x0364;r<lb/>
das Erhalten des Mittelflei&#x017F;ches Sorge zu tragen im Stande<lb/>
i&#x017F;t. Die&#x017F;es Lo&#x0364;&#x017F;en der Zange muß u&#x0364;brigens &#x017F;o ausgefu&#x0364;hrt<lb/>
werden, daß zuer&#x017F;t die rechte Hand das ma&#x0364;nnliche Zangen-<lb/>
blatt, wa&#x0364;hrend die linke anhaltend das Mittelflei&#x017F;ch unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzt, der Fu&#x0364;hrungslinie gema&#x0364;ß durch Hebung des Griffs ent-<lb/>
wickelt, und dann die linke, wa&#x0364;hrend die rechte Hand die<lb/>
Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung u&#x0364;ber &#x017F;ich nimmt, das weibliche Zangenblatt ent-<lb/>
entfernt. Macht es hingegen große Untha&#x0364;tigkeit des Uterus,<lb/>
oder Blutung und a&#x0364;hnliche Zufa&#x0364;lle no&#x0364;thig, auch das Durch-<lb/>
&#x017F;chneiden des Kopfs mittel&#x017F;t der Zange zu beendigen, &#x017F;o muß<lb/>
eines Theils der Kopf nur lang&#x017F;am u&#x0364;ber das <hi rendition="#aq">Perinaeum</hi> her-<lb/>
vorgehoben werden (um das natu&#x0364;rliche immer von unten nach<lb/>
oben erfolgende Hervorrollen des Kopfs nachzuahmen), an-<lb/>
dern Theils die Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung des Mittelflei&#x017F;ches mit a&#x0364;ußer&#x017F;ter<lb/>
Behut&#x017F;amkeit, entweder durch den Operateur &#x017F;elb&#x017F;t oder durch<lb/>
einen Gehu&#x0364;lfen, fortge&#x017F;etzt werden. &#x2014;</p>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0375] det, weßhalb man denn auch nie mit dem ganzen Gewicht des Koͤrpers dem Zuge ſich hingeben, ſondern ſtets das In- ſtrument in ſeiner Gewalt behalten muß, um auch daruͤber, wie der Kopfſtand ſich aͤndert, oder ob die Zange vielleicht abgleitet, immer urtheilen zu koͤnnen. §. 1232. Kommt endlich auf dieſe Weiſe der Kopf bis in den Ausgang des Beckens, ſo daß er das Mittelfleiſch kuglich hervortreibt, und ſelbſt zwiſchen den Schamlippen ſichtbar wird, ſo wird es noͤthig, fernerhin die Zange nur mit einer Hand zu fuͤhren, die zweite aber zum Unterſtuͤtzen des Mit- telfleiſches zu verwenden (wenn man nicht dieſes letztere Geſchaͤft einem geuͤbten Gehuͤlfen uͤbertragen kann). Iſt der Kopf aber voͤllig ins Einſchneiden gefuͤhrt, ſo iſt es auf alle Weiſe am zweckmaͤßigſten, die Zange zu loͤſen, und das gaͤnzliche Durch- ſchneiden von den jetzt faſt nie ausbleibenden Wehen bewerk- ſtelligen zu laſſen, wobei man ſtets mit groͤßerer Umſicht fuͤr das Erhalten des Mittelfleiſches Sorge zu tragen im Stande iſt. Dieſes Loͤſen der Zange muß uͤbrigens ſo ausgefuͤhrt werden, daß zuerſt die rechte Hand das maͤnnliche Zangen- blatt, waͤhrend die linke anhaltend das Mittelfleiſch unter- ſtuͤtzt, der Fuͤhrungslinie gemaͤß durch Hebung des Griffs ent- wickelt, und dann die linke, waͤhrend die rechte Hand die Unterſtuͤtzung uͤber ſich nimmt, das weibliche Zangenblatt ent- entfernt. Macht es hingegen große Unthaͤtigkeit des Uterus, oder Blutung und aͤhnliche Zufaͤlle noͤthig, auch das Durch- ſchneiden des Kopfs mittelſt der Zange zu beendigen, ſo muß eines Theils der Kopf nur langſam uͤber das Perinaeum her- vorgehoben werden (um das natuͤrliche immer von unten nach oben erfolgende Hervorrollen des Kopfs nachzuahmen), an- dern Theils die Unterſtuͤtzung des Mittelfleiſches mit aͤußerſter Behutſamkeit, entweder durch den Operateur ſelbſt oder durch einen Gehuͤlfen, fortgeſetzt werden. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/375
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/375>, abgerufen am 24.08.2024.