Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 1199.

Hierauf schreitet man zur Extraktion des Rumpfs, und
hierbei sind namentlich folgende Regeln zu beobachten: 1) das
Anziehen selbst stets von beiden Seiten gleichmäßig, und mit
der Behutsamkeit, welche die Rücksicht auf Wirbelsäule und
Rückenmark fordert, zu verrichten; 2) genau auf die Drehun-
gen des Rumpfs, welche bei einer natürlichen Geburt in die-
ser Lage erfolgen sollen, zu achten, sie möglichst zu unter-
stützen, oder künstlich nachzuahmen. 3) Für das Anziehen des
Kindes vorzüglich die Zeit einer Wehe zu benutzen, und das-
selbe wo möglich noch durch einiges Pressen von Seiten der
Kreisenden unterstützen zu lassen, indem fast nur auf diese
Weise es gelingen wird, die üble Stellung des Kopfs mit zu
beträchtlicher Entfernung des Kinnes von der Brust zu hindern.
4) Alle Sorgfalt darauf zu verwenden daß die Arme sich nicht
an den Kopf heraufschlagen, weßhalb man, wo sie beide, oder
wenigstens einer, früher durch eine Schlinge befestigt waren, diese
Schlinge anziehen muß, um sie an dem Leibe herabzustrecken; sind
sie nicht angeschlungen, so ist es nur durch Vorsichtigkeit beim An-
ziehen selbst, so wie durch Mitwirkung gut verarbeiteter Wehen
möglich, eine gute Lage der Arme zu erhalten, meistens aber wer-
den sie sich indeß in die Höhe schlagen, (welches vorzüglich bei
starken Kindern fast nothwendig eintritt) und machen dann
die künstliche Lösung, von welcher bald das Nähere angegeben
werden soll, unentbehrlich. --

§. 1200.

Zur Herabführung des Rumpfs also, faßt man denselben,
nachdem er gleichfalls in das Leinentuch eingeschlagen ist, mit
beiden Händen in beiden Seiten, so daß wieder die Daumen
gestreckt oberwärts zu liegen kommen, zieht in einzelnen den
Wehen angemessenen Traktionen, und die Führungslinie des
Beckens beobachtend, den Rumpf nach und nach tiefer herab,
und hüllt die hervortretenden Partien desselben ebenfalls in
das Leinentuch, welches man zum Einschlagen der untern

§. 1199.

Hierauf ſchreitet man zur Extraktion des Rumpfs, und
hierbei ſind namentlich folgende Regeln zu beobachten: 1) das
Anziehen ſelbſt ſtets von beiden Seiten gleichmaͤßig, und mit
der Behutſamkeit, welche die Ruͤckſicht auf Wirbelſaͤule und
Ruͤckenmark fordert, zu verrichten; 2) genau auf die Drehun-
gen des Rumpfs, welche bei einer natuͤrlichen Geburt in die-
ſer Lage erfolgen ſollen, zu achten, ſie moͤglichſt zu unter-
ſtuͤtzen, oder kuͤnſtlich nachzuahmen. 3) Fuͤr das Anziehen des
Kindes vorzuͤglich die Zeit einer Wehe zu benutzen, und daſ-
ſelbe wo moͤglich noch durch einiges Preſſen von Seiten der
Kreiſenden unterſtuͤtzen zu laſſen, indem faſt nur auf dieſe
Weiſe es gelingen wird, die uͤble Stellung des Kopfs mit zu
betraͤchtlicher Entfernung des Kinnes von der Bruſt zu hindern.
4) Alle Sorgfalt darauf zu verwenden daß die Arme ſich nicht
an den Kopf heraufſchlagen, weßhalb man, wo ſie beide, oder
wenigſtens einer, fruͤher durch eine Schlinge befeſtigt waren, dieſe
Schlinge anziehen muß, um ſie an dem Leibe herabzuſtrecken; ſind
ſie nicht angeſchlungen, ſo iſt es nur durch Vorſichtigkeit beim An-
ziehen ſelbſt, ſo wie durch Mitwirkung gut verarbeiteter Wehen
moͤglich, eine gute Lage der Arme zu erhalten, meiſtens aber wer-
den ſie ſich indeß in die Hoͤhe ſchlagen, (welches vorzuͤglich bei
ſtarken Kindern faſt nothwendig eintritt) und machen dann
die kuͤnſtliche Loͤſung, von welcher bald das Naͤhere angegeben
werden ſoll, unentbehrlich. —

§. 1200.

Zur Herabfuͤhrung des Rumpfs alſo, faßt man denſelben,
nachdem er gleichfalls in das Leinentuch eingeſchlagen iſt, mit
beiden Haͤnden in beiden Seiten, ſo daß wieder die Daumen
geſtreckt oberwaͤrts zu liegen kommen, zieht in einzelnen den
Wehen angemeſſenen Traktionen, und die Fuͤhrungslinie des
Beckens beobachtend, den Rumpf nach und nach tiefer herab,
und huͤllt die hervortretenden Partien deſſelben ebenfalls in
das Leinentuch, welches man zum Einſchlagen der untern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0355" n="331"/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1199.</head><lb/>
                          <p>Hierauf &#x017F;chreitet man zur Extraktion des Rumpfs, und<lb/>
hierbei &#x017F;ind namentlich folgende Regeln zu beobachten: 1) das<lb/>
Anziehen &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tets von beiden Seiten gleichma&#x0364;ßig, und mit<lb/>
der Behut&#x017F;amkeit, welche die Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf Wirbel&#x017F;a&#x0364;ule und<lb/>
Ru&#x0364;ckenmark fordert, zu verrichten; 2) genau auf die Drehun-<lb/>
gen des Rumpfs, welche bei einer natu&#x0364;rlichen Geburt in die-<lb/>
&#x017F;er Lage erfolgen &#x017F;ollen, zu achten, &#x017F;ie mo&#x0364;glich&#x017F;t zu unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzen, oder ku&#x0364;n&#x017F;tlich nachzuahmen. 3) Fu&#x0364;r das Anziehen des<lb/>
Kindes vorzu&#x0364;glich die Zeit einer Wehe zu benutzen, und da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe wo mo&#x0364;glich noch durch einiges Pre&#x017F;&#x017F;en von Seiten der<lb/>
Krei&#x017F;enden unter&#x017F;tu&#x0364;tzen zu la&#x017F;&#x017F;en, indem fa&#x017F;t nur auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e es gelingen wird, die u&#x0364;ble Stellung des Kopfs mit zu<lb/>
betra&#x0364;chtlicher Entfernung des Kinnes von der Bru&#x017F;t zu hindern.<lb/>
4) Alle Sorgfalt darauf zu verwenden daß die Arme &#x017F;ich nicht<lb/>
an den Kopf herauf&#x017F;chlagen, weßhalb man, wo &#x017F;ie beide, oder<lb/>
wenig&#x017F;tens einer, fru&#x0364;her durch eine Schlinge befe&#x017F;tigt waren, die&#x017F;e<lb/>
Schlinge anziehen muß, um &#x017F;ie an dem Leibe herabzu&#x017F;trecken; &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ie nicht ange&#x017F;chlungen, &#x017F;o i&#x017F;t es nur durch Vor&#x017F;ichtigkeit beim An-<lb/>
ziehen &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;o wie durch Mitwirkung gut verarbeiteter Wehen<lb/>
mo&#x0364;glich, eine gute Lage der Arme zu erhalten, mei&#x017F;tens aber wer-<lb/>
den &#x017F;ie &#x017F;ich indeß in die Ho&#x0364;he &#x017F;chlagen, (welches vorzu&#x0364;glich bei<lb/>
&#x017F;tarken Kindern fa&#x017F;t nothwendig eintritt) und machen dann<lb/>
die ku&#x0364;n&#x017F;tliche Lo&#x0364;&#x017F;ung, von welcher bald das Na&#x0364;here angegeben<lb/>
werden &#x017F;oll, unentbehrlich. &#x2014;</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1200.</head><lb/>
                          <p>Zur Herabfu&#x0364;hrung des Rumpfs al&#x017F;o, faßt man den&#x017F;elben,<lb/>
nachdem er gleichfalls in das Leinentuch einge&#x017F;chlagen i&#x017F;t, mit<lb/>
beiden Ha&#x0364;nden in beiden Seiten, &#x017F;o daß wieder die Daumen<lb/>
ge&#x017F;treckt oberwa&#x0364;rts zu liegen kommen, zieht in einzelnen den<lb/>
Wehen angeme&#x017F;&#x017F;enen Traktionen, und die Fu&#x0364;hrungslinie des<lb/>
Beckens beobachtend, den Rumpf nach und nach tiefer herab,<lb/>
und hu&#x0364;llt die hervortretenden Partien de&#x017F;&#x017F;elben ebenfalls in<lb/>
das Leinentuch, welches man zum Ein&#x017F;chlagen der untern<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0355] §. 1199. Hierauf ſchreitet man zur Extraktion des Rumpfs, und hierbei ſind namentlich folgende Regeln zu beobachten: 1) das Anziehen ſelbſt ſtets von beiden Seiten gleichmaͤßig, und mit der Behutſamkeit, welche die Ruͤckſicht auf Wirbelſaͤule und Ruͤckenmark fordert, zu verrichten; 2) genau auf die Drehun- gen des Rumpfs, welche bei einer natuͤrlichen Geburt in die- ſer Lage erfolgen ſollen, zu achten, ſie moͤglichſt zu unter- ſtuͤtzen, oder kuͤnſtlich nachzuahmen. 3) Fuͤr das Anziehen des Kindes vorzuͤglich die Zeit einer Wehe zu benutzen, und daſ- ſelbe wo moͤglich noch durch einiges Preſſen von Seiten der Kreiſenden unterſtuͤtzen zu laſſen, indem faſt nur auf dieſe Weiſe es gelingen wird, die uͤble Stellung des Kopfs mit zu betraͤchtlicher Entfernung des Kinnes von der Bruſt zu hindern. 4) Alle Sorgfalt darauf zu verwenden daß die Arme ſich nicht an den Kopf heraufſchlagen, weßhalb man, wo ſie beide, oder wenigſtens einer, fruͤher durch eine Schlinge befeſtigt waren, dieſe Schlinge anziehen muß, um ſie an dem Leibe herabzuſtrecken; ſind ſie nicht angeſchlungen, ſo iſt es nur durch Vorſichtigkeit beim An- ziehen ſelbſt, ſo wie durch Mitwirkung gut verarbeiteter Wehen moͤglich, eine gute Lage der Arme zu erhalten, meiſtens aber wer- den ſie ſich indeß in die Hoͤhe ſchlagen, (welches vorzuͤglich bei ſtarken Kindern faſt nothwendig eintritt) und machen dann die kuͤnſtliche Loͤſung, von welcher bald das Naͤhere angegeben werden ſoll, unentbehrlich. — §. 1200. Zur Herabfuͤhrung des Rumpfs alſo, faßt man denſelben, nachdem er gleichfalls in das Leinentuch eingeſchlagen iſt, mit beiden Haͤnden in beiden Seiten, ſo daß wieder die Daumen geſtreckt oberwaͤrts zu liegen kommen, zieht in einzelnen den Wehen angemeſſenen Traktionen, und die Fuͤhrungslinie des Beckens beobachtend, den Rumpf nach und nach tiefer herab, und huͤllt die hervortretenden Partien deſſelben ebenfalls in das Leinentuch, welches man zum Einſchlagen der untern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/355
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/355>, abgerufen am 03.12.2024.