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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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es mehr nach und nach eintritt, längere Zeit, ja Monate
lang vorhanden seyn kann, ohne die genannten gefährlichen
Zufälle sogleich zu veranlaßen, so wie auch zu erwähnen ist,
daß mehrere Aerzte in diesem Falle zugleich beträchtliche Ver-
längerungen des Mutterhalfes haben entstehen sehen wollen.

§. 1094.

Was nun aber diese sogenannte Verlängerung der Va-
ginalportion betrifft, (sie sollte in dem Müllnerschen Falle
6 Zoll betragen haben) so kann ich mich nicht enthalten zu
bemerken, daß man hier wahrscheinlich die verlängerte umge-
stülpte Mutterscheide für den Mutterhals genommen habe.
Wie nämlich schon von dem completen Vorfall nicht schwan-
gerer Personen bemerkt worden ist, so wird derselbe stets von
einer Umstülpung der Mutterscheide nothwendig begleitet, und
eben so muß die ganz vorgefallene schwangere Gebärmutter
äußerlich nothwendig noch von der umgestülpten Mutterscheide
umgeben seyn, welche nun aber öfters in der Muttermunds-
gegend eine cylindrische Verlängerung bildet, die leicht mit
dem Mutterhalse selbst zu verwechseln ist.

§. 1095.

Gehören nun aber überhaupt diese vollkommnen Vorfälle
des schwangern Uterus zu den seltnen Erscheinungen, so ist
es dagegen ziemlich häufig der Fall, daß namentlich der hoch-
schwangere Uterus tiefer, zugleich mit dem vorliegenden Kin-
destheile, ins Becken herein sinkt, und dadurch vorzüglich zu
Stuhlverstopfungen, Urinbeschwerden, Anlaufen der Hautvenen
und der Schenkel überhaupt Veranlaßung giebt, jedoch nie so
gefährlich wie die ersterwähnten Senkungen zu seyn pflegt. --
Daß übrigens, wenn sich der unvollkommene sowohl, als der
vollkommene Gebärmuttervorfall, bis zu Ende der Schwan-
gerschaft erhält, daraus auch mehrfache Störungen des Ge-
burtsgeschäfts sich ergeben werden, ist leicht abzunehmen und
wird bei der Betrachtung regelwidriger Geburten noch beson-
ders erörtert werden.


es mehr nach und nach eintritt, laͤngere Zeit, ja Monate
lang vorhanden ſeyn kann, ohne die genannten gefaͤhrlichen
Zufaͤlle ſogleich zu veranlaßen, ſo wie auch zu erwaͤhnen iſt,
daß mehrere Aerzte in dieſem Falle zugleich betraͤchtliche Ver-
laͤngerungen des Mutterhalfes haben entſtehen ſehen wollen.

§. 1094.

Was nun aber dieſe ſogenannte Verlaͤngerung der Va-
ginalportion betrifft, (ſie ſollte in dem Muͤllnerſchen Falle
6 Zoll betragen haben) ſo kann ich mich nicht enthalten zu
bemerken, daß man hier wahrſcheinlich die verlaͤngerte umge-
ſtuͤlpte Mutterſcheide fuͤr den Mutterhals genommen habe.
Wie naͤmlich ſchon von dem completen Vorfall nicht ſchwan-
gerer Perſonen bemerkt worden iſt, ſo wird derſelbe ſtets von
einer Umſtuͤlpung der Mutterſcheide nothwendig begleitet, und
eben ſo muß die ganz vorgefallene ſchwangere Gebaͤrmutter
aͤußerlich nothwendig noch von der umgeſtuͤlpten Mutterſcheide
umgeben ſeyn, welche nun aber oͤfters in der Muttermunds-
gegend eine cylindriſche Verlaͤngerung bildet, die leicht mit
dem Mutterhalſe ſelbſt zu verwechſeln iſt.

§. 1095.

Gehoͤren nun aber uͤberhaupt dieſe vollkommnen Vorfaͤlle
des ſchwangern Uterus zu den ſeltnen Erſcheinungen, ſo iſt
es dagegen ziemlich haͤufig der Fall, daß namentlich der hoch-
ſchwangere Uterus tiefer, zugleich mit dem vorliegenden Kin-
destheile, ins Becken herein ſinkt, und dadurch vorzuͤglich zu
Stuhlverſtopfungen, Urinbeſchwerden, Anlaufen der Hautvenen
und der Schenkel uͤberhaupt Veranlaßung giebt, jedoch nie ſo
gefaͤhrlich wie die erſterwaͤhnten Senkungen zu ſeyn pflegt. —
Daß uͤbrigens, wenn ſich der unvollkommene ſowohl, als der
vollkommene Gebaͤrmuttervorfall, bis zu Ende der Schwan-
gerſchaft erhaͤlt, daraus auch mehrfache Stoͤrungen des Ge-
burtsgeſchaͤfts ſich ergeben werden, iſt leicht abzunehmen und
wird bei der Betrachtung regelwidriger Geburten noch beſon-
ders eroͤrtert werden.


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[265/0289] es mehr nach und nach eintritt, laͤngere Zeit, ja Monate lang vorhanden ſeyn kann, ohne die genannten gefaͤhrlichen Zufaͤlle ſogleich zu veranlaßen, ſo wie auch zu erwaͤhnen iſt, daß mehrere Aerzte in dieſem Falle zugleich betraͤchtliche Ver- laͤngerungen des Mutterhalfes haben entſtehen ſehen wollen. §. 1094. Was nun aber dieſe ſogenannte Verlaͤngerung der Va- ginalportion betrifft, (ſie ſollte in dem Muͤllnerſchen Falle 6 Zoll betragen haben) ſo kann ich mich nicht enthalten zu bemerken, daß man hier wahrſcheinlich die verlaͤngerte umge- ſtuͤlpte Mutterſcheide fuͤr den Mutterhals genommen habe. Wie naͤmlich ſchon von dem completen Vorfall nicht ſchwan- gerer Perſonen bemerkt worden iſt, ſo wird derſelbe ſtets von einer Umſtuͤlpung der Mutterſcheide nothwendig begleitet, und eben ſo muß die ganz vorgefallene ſchwangere Gebaͤrmutter aͤußerlich nothwendig noch von der umgeſtuͤlpten Mutterſcheide umgeben ſeyn, welche nun aber oͤfters in der Muttermunds- gegend eine cylindriſche Verlaͤngerung bildet, die leicht mit dem Mutterhalſe ſelbſt zu verwechſeln iſt. §. 1095. Gehoͤren nun aber uͤberhaupt dieſe vollkommnen Vorfaͤlle des ſchwangern Uterus zu den ſeltnen Erſcheinungen, ſo iſt es dagegen ziemlich haͤufig der Fall, daß namentlich der hoch- ſchwangere Uterus tiefer, zugleich mit dem vorliegenden Kin- destheile, ins Becken herein ſinkt, und dadurch vorzuͤglich zu Stuhlverſtopfungen, Urinbeſchwerden, Anlaufen der Hautvenen und der Schenkel uͤberhaupt Veranlaßung giebt, jedoch nie ſo gefaͤhrlich wie die erſterwaͤhnten Senkungen zu ſeyn pflegt. — Daß uͤbrigens, wenn ſich der unvollkommene ſowohl, als der vollkommene Gebaͤrmuttervorfall, bis zu Ende der Schwan- gerſchaft erhaͤlt, daraus auch mehrfache Stoͤrungen des Ge- burtsgeſchaͤfts ſich ergeben werden, iſt leicht abzunehmen und wird bei der Betrachtung regelwidriger Geburten noch beſon- ders eroͤrtert werden.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/289>, abgerufen am 10.06.2024.