tränke, der Coitus, anstrengende Bewegungen, Flechten oder Kämmen der Haare. Ferner sind diese Ohnmachten zuweilen auch bloße Folgen einer großen Schwäche, z. B. nach Blu- tungen oder andern erschöpfenden Krankheiten, wie des anhal- tenden Erbrechens oder Durchfalls; oder sie entstehen durch die in Folge der Schwangerschaft selbst eintretenden Verände- rungen, z. B. durch Senkung der Gebärmutter, erwachende Kindesbewegungen u. s. w. veranlaßt; ja es kann hierbei eine höhere Aufregung der Lebensthätigkeit im Geschlechtssy- stem wohl an und für sich, antagonistisch, das Sinken der Lebensthätigkeit im Cerebralsystem zur Folge haben. Endlich wirken hierauf auch ganz vorzüglich Reitzungen des Gang- liensystems bey krankhaften Zuständen des Darmkanals, als: Indigestionen, Blähungsbeschwerden, Obstruktionen, einengende den Unterleib vorzüglich drückende Kleidung u. s. w.
§. 1034.
Ohnmachten von Congestionen nach dem Gehirn, oder Hinderung im kleinen Kreislaufe abhängig, kommen hingegen mehr bei starken plethorischen Körpern vor. Diese Ohnmach- ten vorzüglich sind gewöhnlich sehr tief und anhaltend, der Puls stockt entweder ganz oder ist voll, hart, unordentlich; das Gesicht ist, wenn Congestionen nach dem Kopfe die Ur- sache sind, stark geröthet, bei Stockungen des kleinen Kreis- laufs hingegen oft blaß und leichenähnlich, das Athemholen gewöhnlich erschwert, schnarchend, röchelnd, das Bewußtseyn ist auch bei diesen Ohnmachten, wie bei den im vorigen §. beschriebenen, oft verschwunden, allein nicht immer; da man Fälle kennt wo Personen selbst im Zustande des vollkommen- sten Scheintodtes noch alles wußten was um sie her vorging, ohne indeß die Kraft zu haben dieses Bewußtseyn nur durch die mindeste Reaktion zu offenbaren. -- Die äußern Ver- anlaßungen können übrigens bei erwähnter Constitution die- selben seyn, welche wir im vorigen §. erwähnt haben, als Gemüthsbewegungen, Erhitzungen, Diätfehler u. s. w. Als innere Veranlaßung ist namentlich der Druck des schwan- gern Uterus auf die Gefäße des Beckens zu erwähnen.
traͤnke, der Coitus, anſtrengende Bewegungen, Flechten oder Kaͤmmen der Haare. Ferner ſind dieſe Ohnmachten zuweilen auch bloße Folgen einer großen Schwaͤche, z. B. nach Blu- tungen oder andern erſchoͤpfenden Krankheiten, wie des anhal- tenden Erbrechens oder Durchfalls; oder ſie entſtehen durch die in Folge der Schwangerſchaft ſelbſt eintretenden Veraͤnde- rungen, z. B. durch Senkung der Gebaͤrmutter, erwachende Kindesbewegungen u. ſ. w. veranlaßt; ja es kann hierbei eine hoͤhere Aufregung der Lebensthaͤtigkeit im Geſchlechtsſy- ſtem wohl an und fuͤr ſich, antagoniſtiſch, das Sinken der Lebensthaͤtigkeit im Cerebralſyſtem zur Folge haben. Endlich wirken hierauf auch ganz vorzuͤglich Reitzungen des Gang- lienſyſtems bey krankhaften Zuſtaͤnden des Darmkanals, als: Indigeſtionen, Blaͤhungsbeſchwerden, Obſtruktionen, einengende den Unterleib vorzuͤglich druͤckende Kleidung u. ſ. w.
§. 1034.
Ohnmachten von Congeſtionen nach dem Gehirn, oder Hinderung im kleinen Kreislaufe abhaͤngig, kommen hingegen mehr bei ſtarken plethoriſchen Koͤrpern vor. Dieſe Ohnmach- ten vorzuͤglich ſind gewoͤhnlich ſehr tief und anhaltend, der Puls ſtockt entweder ganz oder iſt voll, hart, unordentlich; das Geſicht iſt, wenn Congeſtionen nach dem Kopfe die Ur- ſache ſind, ſtark geroͤthet, bei Stockungen des kleinen Kreis- laufs hingegen oft blaß und leichenaͤhnlich, das Athemholen gewoͤhnlich erſchwert, ſchnarchend, roͤchelnd, das Bewußtſeyn iſt auch bei dieſen Ohnmachten, wie bei den im vorigen §. beſchriebenen, oft verſchwunden, allein nicht immer; da man Faͤlle kennt wo Perſonen ſelbſt im Zuſtande des vollkommen- ſten Scheintodtes noch alles wußten was um ſie her vorging, ohne indeß die Kraft zu haben dieſes Bewußtſeyn nur durch die mindeſte Reaktion zu offenbaren. — Die aͤußern Ver- anlaßungen koͤnnen uͤbrigens bei erwaͤhnter Conſtitution die- ſelben ſeyn, welche wir im vorigen §. erwaͤhnt haben, als Gemuͤthsbewegungen, Erhitzungen, Diaͤtfehler u. ſ. w. Als innere Veranlaßung iſt namentlich der Druck des ſchwan- gern Uterus auf die Gefaͤße des Beckens zu erwaͤhnen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0256"n="232"/>
traͤnke, der Coitus, anſtrengende Bewegungen, Flechten oder<lb/>
Kaͤmmen der Haare. Ferner ſind dieſe Ohnmachten zuweilen<lb/>
auch bloße Folgen einer großen Schwaͤche, z. B. nach Blu-<lb/>
tungen oder andern erſchoͤpfenden Krankheiten, wie des anhal-<lb/>
tenden Erbrechens oder Durchfalls; oder ſie entſtehen durch<lb/>
die in Folge der Schwangerſchaft ſelbſt eintretenden Veraͤnde-<lb/>
rungen, z. B. durch Senkung der Gebaͤrmutter, erwachende<lb/>
Kindesbewegungen u. ſ. w. veranlaßt; ja es kann hierbei<lb/>
eine hoͤhere Aufregung der Lebensthaͤtigkeit im Geſchlechtsſy-<lb/>ſtem wohl an und fuͤr ſich, antagoniſtiſch, das Sinken der<lb/>
Lebensthaͤtigkeit im Cerebralſyſtem zur Folge haben. Endlich<lb/>
wirken hierauf auch ganz vorzuͤglich Reitzungen des Gang-<lb/>
lienſyſtems bey krankhaften Zuſtaͤnden des Darmkanals, als:<lb/>
Indigeſtionen, Blaͤhungsbeſchwerden, Obſtruktionen, einengende<lb/>
den Unterleib vorzuͤglich druͤckende Kleidung u. ſ. w.</p></div><lb/><divn="6"><head>§. 1034.</head><lb/><p>Ohnmachten von Congeſtionen nach dem Gehirn, oder<lb/>
Hinderung im kleinen Kreislaufe abhaͤngig, kommen hingegen<lb/>
mehr bei ſtarken plethoriſchen Koͤrpern vor. Dieſe Ohnmach-<lb/>
ten vorzuͤglich ſind gewoͤhnlich ſehr tief und anhaltend, der<lb/>
Puls ſtockt entweder ganz oder iſt voll, hart, unordentlich;<lb/>
das Geſicht iſt, wenn Congeſtionen nach dem Kopfe die Ur-<lb/>ſache ſind, ſtark geroͤthet, bei Stockungen des kleinen Kreis-<lb/>
laufs hingegen oft blaß und leichenaͤhnlich, das Athemholen<lb/>
gewoͤhnlich erſchwert, ſchnarchend, roͤchelnd, das Bewußtſeyn<lb/>
iſt auch bei dieſen Ohnmachten, wie bei den im vorigen §.<lb/>
beſchriebenen, oft verſchwunden, allein nicht immer; da man<lb/>
Faͤlle kennt wo Perſonen ſelbſt im Zuſtande des vollkommen-<lb/>ſten Scheintodtes noch alles wußten was um ſie her vorging,<lb/>
ohne indeß die Kraft zu haben dieſes Bewußtſeyn nur durch<lb/>
die mindeſte Reaktion zu offenbaren. — Die <hirendition="#g">aͤußern</hi> Ver-<lb/>
anlaßungen koͤnnen uͤbrigens bei erwaͤhnter Conſtitution die-<lb/>ſelben ſeyn, welche wir im vorigen §. erwaͤhnt haben, als<lb/>
Gemuͤthsbewegungen, Erhitzungen, Diaͤtfehler u. ſ. w. Als<lb/><hirendition="#g">innere</hi> Veranlaßung iſt namentlich der Druck des ſchwan-<lb/>
gern Uterus auf die Gefaͤße des Beckens zu erwaͤhnen.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[232/0256]
traͤnke, der Coitus, anſtrengende Bewegungen, Flechten oder
Kaͤmmen der Haare. Ferner ſind dieſe Ohnmachten zuweilen
auch bloße Folgen einer großen Schwaͤche, z. B. nach Blu-
tungen oder andern erſchoͤpfenden Krankheiten, wie des anhal-
tenden Erbrechens oder Durchfalls; oder ſie entſtehen durch
die in Folge der Schwangerſchaft ſelbſt eintretenden Veraͤnde-
rungen, z. B. durch Senkung der Gebaͤrmutter, erwachende
Kindesbewegungen u. ſ. w. veranlaßt; ja es kann hierbei
eine hoͤhere Aufregung der Lebensthaͤtigkeit im Geſchlechtsſy-
ſtem wohl an und fuͤr ſich, antagoniſtiſch, das Sinken der
Lebensthaͤtigkeit im Cerebralſyſtem zur Folge haben. Endlich
wirken hierauf auch ganz vorzuͤglich Reitzungen des Gang-
lienſyſtems bey krankhaften Zuſtaͤnden des Darmkanals, als:
Indigeſtionen, Blaͤhungsbeſchwerden, Obſtruktionen, einengende
den Unterleib vorzuͤglich druͤckende Kleidung u. ſ. w.
§. 1034.
Ohnmachten von Congeſtionen nach dem Gehirn, oder
Hinderung im kleinen Kreislaufe abhaͤngig, kommen hingegen
mehr bei ſtarken plethoriſchen Koͤrpern vor. Dieſe Ohnmach-
ten vorzuͤglich ſind gewoͤhnlich ſehr tief und anhaltend, der
Puls ſtockt entweder ganz oder iſt voll, hart, unordentlich;
das Geſicht iſt, wenn Congeſtionen nach dem Kopfe die Ur-
ſache ſind, ſtark geroͤthet, bei Stockungen des kleinen Kreis-
laufs hingegen oft blaß und leichenaͤhnlich, das Athemholen
gewoͤhnlich erſchwert, ſchnarchend, roͤchelnd, das Bewußtſeyn
iſt auch bei dieſen Ohnmachten, wie bei den im vorigen §.
beſchriebenen, oft verſchwunden, allein nicht immer; da man
Faͤlle kennt wo Perſonen ſelbſt im Zuſtande des vollkommen-
ſten Scheintodtes noch alles wußten was um ſie her vorging,
ohne indeß die Kraft zu haben dieſes Bewußtſeyn nur durch
die mindeſte Reaktion zu offenbaren. — Die aͤußern Ver-
anlaßungen koͤnnen uͤbrigens bei erwaͤhnter Conſtitution die-
ſelben ſeyn, welche wir im vorigen §. erwaͤhnt haben, als
Gemuͤthsbewegungen, Erhitzungen, Diaͤtfehler u. ſ. w. Als
innere Veranlaßung iſt namentlich der Druck des ſchwan-
gern Uterus auf die Gefaͤße des Beckens zu erwaͤhnen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/256>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.